BITTE BEACHTEN SIE:

 

ALLE ENTSCHEIDUNGEN UND BEITRÄGE SIND NACH BESTEM WISSEN ZUSAMMENGESTELLT. EINE HAFTUNG FÜR DEREN INHALT ÜBERNEHMEN WIR JEDOCH NICHT. FÜR RÜCKFRAGEN STEHEN WIR IHNEN NATÜRLICH GERNE ZUR VERFÜGUNG.

 

WAFFENRECHT: Ein Jäger, der sich von seinem Hund anschießen lässt, ist unzuverlässig

 

Das Verwaltungsgericht (VG) München hat entschieden, dass ein Jäger, der von seinem eigenen Hund mit der eigenen Waffe angeschossen wird, selbige einschließlich der Waffenbesitzkarte abgeben muss. Zur Begründung führte das Gericht u.a. aus, dass es demjenigen, der geladene Waffen mit sich im Auto führe, an der vom Gesetz geforderten nötigen Zuverlässigkeit mangele. Deshalb wies das VG München die Klage des Mannes gegen den Widerruf seiner Waffenbesitzkarte durch Urteil vom 19.02.2019 (Az. M 7 K 17.1943) ab. Der Entscheidung zugrunde liegt ein Vorfall aus dem Jahr 2016, der kurioser kaum hätte ausfallen können. Damals soll nämlich der Hund des Klägers aus dessen Fahrzeug heraus einen Schuss aus dem Jagdgewehr ausgelöst und den Jäger, der sich zu diesem Zeitpunkt mit einer Passantin unterhielt, am Arm verletzt haben. Daraufhin widerrief das zuständige Landratsamt die Waffenbesitzkarte des Klägers, dessen Jagdschein ebenfalls nicht verlängert wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Jäger ihre Waffen nicht schussbereit in ihrem Auto transportieren dürfen. Diese Schlussfolgerung wurde nun vom Verwaltungsgericht bestätigt, das zudem erläuterte, dass der Jäger nicht zuverlässig genug sei, um eine Schusswaffe kaufen oder besitzen zu können. Anzunehmen sei vielmehr, dass der Kläger auch zukünftig mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig umgehen werde. So stelle der Transport einer geladenen Waffe im Auto immer eine erhebliche Gefahr dar, was, so das Gericht weiter, insbesondere für Pirschfahrten gelte. Denn solche Fahrten würden oft durch unwegsames Gelände führen, was - ebenso wie die Mitnahme eines Jagdhundes - die Wahrscheinlichkeit erhöhe, dass sich versehentlich ein Schuss löse. Diese Gefahr habe sich nun beim Jäger realisiert, der somit eine „elementare Pflicht" verletzt habe. Auch wenn der Sachverhalt vielleicht etwas ungewöhnlich oder atypisch sei, würden die vorgetragenen Umstände dies nicht relativieren oder eine andere Entscheidung rechtfertigen. Ob der Waidmann die Entscheidung des Gerichts akzeptierte oder sein Glück im Rahmen eines Berufungsverfahrens suchte, ist diesseits leider nicht bekannt (21.11.2019 ra).

 

FAMILIENRECHT: Interessant nicht nur für Eltern: Müssen Kinder ihren Eltern im Haushalt eigentlich helfen?

 

In einem Haushalt gibt es immer viel zu tun. Es stellt sich dann manchmal die Frage, ob Kinder im Haushalt helfen sollen oder sogar Aufgaben zuhause übernehmen müssen. Die Antwort ist für viele sicherlich überraschend, andererseits aber sogar gesetzlich geregelt: § 1619 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestimmt, dass Kinder verpflichtet sind, ihren Eltern zu helfen. Solange ein Kind bei seinen Eltern wohnt und von diesen unterhalten wird, muss das Kind „in einer seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste“ leisten. Diese Regelung schließt übrigens nicht nur die Pflicht des Kindes ein, seinen Eltern im Haushalt zu helfen, sondern auch im Geschäft, in der Gaststätte oder auf dem Bauernhof. Die Pflicht gilt, solange das Kind noch zu Hause wohnt, also selbst dann, wenn es volljährig oder verheiratet ist. Erst wenn das Kind von zu Hause auszieht, endet die Pflicht nach § 1619 BGB. Das Gesetz selbst sagt nichts darüber aus, wie lange Kinder und Jugendliche zeitlich im Haushalt helfen sollen. Der Umfang hängt im Wesentlichen vom Alter des Kindes, seinen körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeiten und seiner Gesundheit ab. Für einen 14-jährigen kann es deshalb durchaus angemessen sein, bis zu sieben Stunden in der Woche im Haushalt zu helfen, wobei sich diese Zahl erhöhen kann, wenn ein Elternteil oder gar beide Eltern krank oder ganztägig berufstätig sind. Allerdings darf die Mithilfe im Haushalt nicht dazu führen, dass einem Kind keine Zeit mehr für Hausaufgaben oder Hobbys bleibt. Von der Pflicht zur Mithilfe befreit sind ohnehin zum größten Teil Jugendliche, die eine Ausbildung absolvieren. Darüber hinaus gibt es natürlich auch noch weitere Grenzen, beispielsweise beim Einkaufen, denn bis zum 18. Lebensjahr sind Kinder nur beschränkt geschäftsfähig. Auch beim Kauf von Alkohol und Tabak ist die Gesetzeslage eindeutig, das Jugendschutzgesetz verbietet es, Tabak an Kinder unter 18 Jahre zu verkaufen. Gleiches gilt auch für Hochprozentiges wie Spirituosen o.ä.. Um Einwendungen Kinder oder Jugendlicher abzuwenden: Die Mithilfe im Haushalt nach § 1619 BGB widerspricht natürlich nicht dem grundsätzlichen Verbot der Kinderarbeit, das sich nur auf arbeitsrechtliche Dienstverhältnisse bezieht. Trotz der gesetzlich normierten Pflicht, im Haushalt mitzuhelfen, können Kinder rechtlich, beispielsweise über gerichtliche Schritte, die natürlich sowieso niemand einleiten würde, nicht dazu gezwungen werden. Umgekehrt können Kinder aber auch nicht auf Geld für ihre Hilfe pochen (14.11.2019 ra).

 

STRAßENVERKEHRSRECHT AKTUELL: Wann darf man Nebelscheinwerfer benutzen?

 

Manche Dinge haben sich, aus welchen Gründen auch immer, tief in die Köpfe der Autofahrer eingeprägt. Dumm ist dies natürlich dann, wenn es sich entweder um gefährliches Halbwissen handelt oder die entsprechenden Thesen gar falsch sind und dann teilweise sogar in einer sinnlosen Diskussion mit der Polizei enden, insbesondere dann, wenn aufgrund eines Fehlverhaltens auch noch ein Bußgeld im Raum steht. Ein häufiges Thema unter Deutschlands Kraftfahrzeugführern ist beispielsweise die Debatte um das Erfordernis des Einschaltens des Nebellichts und insbesondere der allseits beliebten Nebelschlussleuchte. Nebelscheinwerfer sind entgegen des Wortlauts nicht nur bei "dicker Suppe" eine Hilfe. Man darf sie deshalb laut Straßenverkehrsordnung (StVO) einschalten, wenn Nebel, Regen oder Schneefall „die Sicht erheblich behindern". Auch und gerade bei Dunkelheit und Schneefall verbessern Nebel(front)scheinwerfer die Sicht ganz erheblich und sollten deshalb durchaus auch benutzt werden. Anders sieht es indes bei einer Nebelschlussleuchte aus, viele Autofahrer und -fahrerinnen schalten diese im Vergleich zu herkömmlichen Rückleuchten fast 20x stärker rot strahlenden Nebelschussleuchten ganz nach Gefühl und eigenem Gutdünken ein, getreu dem Motto: „Hauptsache mein Hintermann kann mich gut sehen.“ Egal ob Nebel oder Regen, die Nebelschlussleuchte gehört nach (falscher) Meinung vieler unbedingt eingeschaltet. Doch das ist nicht nur falsch sondern auch gefährlich für den dahinter fahrenden Kraftfahrer, deshalb gibt es klar definierte Regeln für die Benutzung der Nebelschlussleuchte: Diese darf nur dann eingeschaltet werden, wenn die Sicht durch Nebel sehr stark eingeschränkt ist. Genau gesagt heißt es in § 17 StVO, dass die Sichtweite durch Nebel (und nicht etwa durch Regen oder Schnee) unter 50 Meter betragen muss. Übrigens, was viele nicht wissen: Bei schlechter Sicht unter 50 Metern ist es auch verboten, schneller als 50 km/h zu fahren! In § 3 Abs. 1 S. 3 StVO heißt es nämlich: Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht sogar eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Nachdem Sie nun über dieses Thema bestens informiert sind, wünschen wir Ihnen weiterhin eine allzeit sichere und unfallfreie Fahrt. (07.11.2019 ra)

 

VERBRAUCHERRECHT: Augen auf beim Smartphonekauf!

 

Das Kölner Oberlandesgericht hat entschieden, dass ein Elektromarkt den Kunden nicht darauf hinweisen muss, dass das von ihm zum Kauf auserkorene Smartphone sowohl Sicherheitslücken als auch fehlende Betriebssystem – Updates aufweist. 

Erfolglos geklagt hatte ein Verbraucherverband, der bei dem beklagten Elektromarkt Smartphones zum Test gekauft hatte. Das Ergebnis des testenden BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) ergab, dass je nach Hersteller mal mehr mal weniger Sicherheitslücken vorhanden sind, obwohl jeweils die gleiche Version des Betriebssystems werksseitig installiert war. Bei einem Smartphone hat das BSI sogar so viele Lücken festgestellt, dass es ein eklatantes Sicherheitsrisiko für den Nutzer sieht. Da sich das BSI erfolglos an den betreffenden Hersteller gewandt hatte, erhob der testende Verbraucherverband eine Unterlassungsklage gegen den Elektromarkt und forderte, dass der Markt keine Smartphones mehr ohne Hinweis auf die Lücken verkaufen dürfe.

Das zuständige Oberlandesgericht Köln hat die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts Köln bestätigt. Nach der Auffassung der Kölner Richter stelle es für den Beklagten einen unzumutbaren Aufwand dar, sich die Informationen über die Sicherheitslücken jedes einzelnen von ihm angebotenen Smartphones zu beschaffen, auch wenn das Vorliegen von Sicherheitslücken für den Kunden bzw. den Nutzer von großer Bedeutung ist. Es müsse jedoch auch berücksichtigt werden, dass die Lücken nur durch Tests feststellbar seien, die sich auf das jeweilige Smartphone-Modell beziehen und, dass es gar nicht möglich sei, alle bestehenden Lücken festzustellen. Auch könnten sich die feststellbaren Lücken immer wieder ändern, so dass der Beklagte die Tests immer wieder wiederholen müsste. 

Gleiches würde für die Information über die Bereitstellung von Sicherheitsupdates gelten. Im Zeitpunkt des Verkaufs sei dem Beklagten nicht bekannt, ob für das betreffende Smartphone – Modell noch Sicherheitsupdates bereitgestellt würden. Die Information, ob solche Updates vom Hersteller bereitgestellt werden, kann sich nämlich ebenfalls täglich ändern.  

Da die Revision nicht zugelassen wurde, war dies erst mal das letzte Wort zu der Hinweispflicht eines Marktes über Sicherheitslücken seiner Waren. (04.11.2019 js)

 

STRAFRECHT:  Rekord beim „letzten Wort“!!!!!

 

Rekord beim sogenannten „letzten Wort“: Im deutschen Strafprozess gewährt die Strafprozessordnung (StPO) dem Angeklagten in der Hauptverhandlung nach den Schlussvorträgen und vor der Urteilsfindung das sog. „letzte Wort“, das in der Vorschrift des § 258 Abs. 2 StPO verankert ist. Das letzte Wort ist nicht auf den Verteidiger übertragbar und kann daher nur persönlich wahrgenommen werden. Fünf Tage lang hatte nun ein 71-jähriger Angeklagter in einem Verfahren vor dem Landgericht (LG) Hamburg dieses Recht wahrgenommen, ehe die zuständige Strafkammer dann endlich das Urteil fällen und eine Freiheitsstrafe von zwölfeinhalb Jahren und anschließende Sicherungsverwahrung unter anderem wegen schwerer räuberischer Erpressung und versuchten Mordes (Urt. v. 07.10.2019, Az. 604 Ks 3/19) verhängen konnte. Der Angeklagte hatte zwischen 2011 und 2019 drei Hamburger Sparkassenfilialen überfallen und dabei etwa EUR 25.000 erbeutet, wobei er bei einem seiner Taten auf einen Bankmitarbeiter geschossen und diesen schwer verletzt hatte. Das Opfer überlebte nur aufgrund einer Notoperation. Die ihm zur Last gelegten Taten hatte der Angeklagte während des Prozesses gestanden, dabei aber eine Tötungsabsicht bestritten. Die Kammer ging hingegen von einem bedingten Tötungsvorsatz und einem versuchten Mord aus Habgier und zur Ermöglichung einer Straftat aus. Bevor das Gericht nun aber ein Urteil fällen konnte, musste die vorsitzende Richterin dem Angeklagten das letzte Wort am fünften Tage (!) entziehen. Das Gericht führte insoweit aus, dass der Mann das ihm zwar grundsätzlich zustehende Verfahrensrecht für weitschweifende Ausführungen und Befangenheitsanträge genutzt habe. Am zweiten Verhandlungstag nach den Plädoyers der Anklage und der Schlussanträge der Verteidigung hatte die Staatsanwaltschaft genug von den letzten Worten des Angeklagten und stellte deshalb einen Antrag, dem Angeklagten nun aufzuerlegen, sein letztes Wort innerhalb der nächsten beiden Verhandlungstage zu beenden. Als der 71-Jährige dann aber am fünften Tag, die Verhandlung fand jeweils von 09:00 Uhr morgens bis 15:00 Uhr nachmittags statt, nicht zum Ende kommen wollte, unterbrach die Vorsitzende den Angeklagten und erläuterte diesem, dass sich sein Verhalten als rechtsmissbräuchlich darstelle. Der Angeklagte habe bereits während des Prozesses immer wieder mit langen Monologen Stellung zu den Ermittlungen, der Berichterstattung über ihn, dem Gutachten eines Psychiaters sowie seinen Überfällen genommen. Einsichtig habe sich der Angeklagte dabei nicht gezeigt und während der Urteilsverkündung auch der vorsitzenden Richterin mehrfach dazwischengeredet. Der 71-Jährige habe sich, so wird weiter berichtet, sogar darüber gefreut, dass er sogar "den Rekord im letzten Wort" gebrochen habe. Gegen das Urteil selbst will der Angeklagte übrigens Rechtsmittel einlegen, man darf gespannt sein, wie sich dieses Verfahren dann entwickeln wird (24.10.2019 ra).

 

VERKEHRSRECHT: Herbstzeit ist (leider) Wildunfallzeit, das sollten Sie wissen:

 

Achtung Autofahrerinnen und Autofahrer: Im Herbst kommt es bei früher Dämmerung sowohl am Morgen als auch abends leider wieder verstärkt zu Wildunfällen. Grundsätzlich kommt für Schäden am eigenen Fahrzeug dann die Kfz-Kasko-Versicherung auf. Leider steckt, wie so oft, der Teufel auch hier im Detail. Zunächst einmal muss nämlich der Versicherungsnehmer aufgrund der einschlägigen Regelungen im Versicherungsvertrag grundsätzlich nachweisen, dass es zu einer Berührung mit einem Reh gekommen und dieser Zusammenstoß für den Unfall und die daraus resultierenden Sachschaden ursächlich geworden ist. Unabdingbar ist es daher, in jedem Fall, nachdem die Unfallstelle abgesichert wurde, die Polizei und/oder den zuständigen Jagdausübungsberechtigten zu benachrichtigen, sodass eine für die weitere Abwicklung benötigte Wildunfallbescheinigung ausgestellt werden kann. Der unfallbeteiligte Kraftfahrzeugführer hat weiterhin auch auf jeden Fall (!) die Pflicht, die Unfallstelle zu sichern und sich vor dem Entfernen zu vergewissern, dass das angefahrene, auch das getötete Wild, keine Gefahr für den nachfolgenden Verkehr darstellt, § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO. Gegebenenfalls leisten Handschuhe hier einen guten Dienst dabei, das tote Wild von der Fahrbahn zu entfernen, sodass es keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet. Ist das Tier lediglich verletzt, sollte es nicht angefasst werden, es könnte sich wehren und hierbei erheblichen Schaden anrichten. Auch an eine potenzielle Tollwutgefahr sollte gedacht werden. In einem von der Rechtsprechung (LG Saarbrücken, Urt. v. 09.04.2010, Az.: 13 S 219/09) entschiedenen Fall entfernte sich eine Autofahrerin nach einer Kollision mit einem Reh in der irrigen Annahme von der Unfallstelle, das Tier sei neben der Straße verendet. Zwei nachfolgende Fahrzeuge kollidierten dann aber anschließend mit dem auf der Straße liegenden Reh und verklagten anschließend die Fahrerin auf Schadensersatz. Zwar war nicht mehr näher aufzuklären, ob die Fahrerin das Tier auf der Straße hatte liegen lassen und damit gegen § 32 StVO verstoßen oder ob sich das noch nicht verendete Tier vom Fahrbahnrand selbst dorthin bewegt hatte. Dennoch traf die Fahrerin nach Meinung der Richter des Landgerichts eine erhebliche Mithaftung, da sie sich vom Tod des Tieres und somit der Gefahrenfreiheit für folgende Verkehrsteilnehmer nicht vergewissert und keinen Warnhinweis aufgestellt hatte (17.10.2019 ra).

RECHT AKTUELL:  Vorsicht bei Betrugsversuchen im Zusammenhang mit Wohnungs­besichtigungen

Zum Schutz vor Betrügern gilt es auch bei Wohnungsbesichtigungen und dem geplanten Abschluss eines Mietvertrags einige Sicherheits­hinweise zu beachten. Dies gilt insbesondere – aber nicht ausschließlich – für denjenigen, der im Internet auf Wohnungs­suche geht. So sollte man als Wohnungsinteressent niemals Geld überweisen, bevor die Immobilie nicht selbst besichtigt oder ein vertrauenswürdiger Bekannte vorbei ­geschickt wurde, eine entsprechende Besichtigung persönlich vorzunehmen. Anderenfalls drohen Schäden in recht beträchtlicher Höhe! Vorsicht ist insbesondere dann geboten, wenn vermeintliche Vermieter von Wohnungs­suchenden verlangen, schnell eine Anzahlung auf ein ausländisches Bankkonto zu leisten. Beachten muss man deshalb die IBAN, die bei deutschen Geld­instituten stets mit dem Länder­kürzel „DE“ beginnt. Empfehlenswert ist es außerdem, für Zahlungen immer die offiziellen Portal­seiten zu verwenden. Verbraucherschützer raten ferner, Unbekannten niemals Bankdaten und Aus­weis­kopien zu übermitteln. Diese Informationen könnten anderenfalls leicht verwendet werden, um andere Interessenten zu täuschen und zu betrügen. Wenn Geld bereits überwiesen wurde, ist es nicht immer möglich, dieses zurückzuholen. Es muss dann auch sehr schnell geprüft werden, ob bei der Polizei Straf­anzeige erstattet und/oder der Fall dem Online-Portal gemeldet werden soll. Ferner empfiehlt es sich, auf jeden Fall die Bank oder den Zahlungs­dienst­leister umgehend zu kontaktieren und zu klären, ob eine Rückbuchung des bezahlten Betrags noch möglich ist. Wer mit Kreditkarte gezahlt hat, kann unter Umständen mit einer Zahlungs­reklamation sein Geld zurück­erhalten. Ein weiterer Tipp: Es ist relativ leicht, über entsprechende Online-Such­maschinen zu prüfen, ob Fotos, die gemeinsam mit einer Wohnungsanzeige eingestellt wurden, bereits für Wohnungen mit einer anderen Adresse verwendet worden sind. Dafür muss bei der umgekehrten Bildersuche statt nach einem Suchbegriff nach dem entsprechenden Bild gesucht werden. Verdächtig ist, wenn dann Inserate mit unterschiedlichen Ortsangaben angezeigt werden (10.10.2019 ra).

 

RECHT INTERESSANT: Ruhestand im Ausland, was ist zu beachten?

 

Unmittelbar nach dem Urlaub kann man mal auf entsprechende Gedanken kommen: Wie wäre es eigentlich, den Lebensabend im Ausland zu verbringen, wo es das ganze Jahr über Sonne und Wärme gibt. La dolce vita genießen, die Seele baumeln lassen und sich darüber freuen, dass es im Ausland häufig wesentlich günstiger ist, als in Deutschland. Zumindest dann, wenn Seniorinnen und Senioren weiterhin ihre deutsche Rente beziehen können. Grund­sätzlich wird die Rente auch dann in voller Höhe weiterbezahlt, wenn der Wohnsitz ins Ausland verlegt wird. Allerdings muss derjenige, der eine Erwerbs­minderungs­rente bezieht oder Renten­ansprüche nach dem Fremd­renten­gesetz hat, je nach neuem Wohnort mit Kürzungen rechnen. Dass man möglicherweise in Deutschland über kein Bankkonto mehr verfügt, stellt allerdings kein größeres Problem dar, die Renten­versicherung überweist grundsätzlich auch auf Konten im Ausland, wobei bei Überweisungen in Fremd­währungen Kurs­schwanken zu berücksichtigen sind und einige Banken auch Gebühren für die Überweisung erheben. Dafür erhalten Sie dann keine Entschädigung. Auf eine Besonderheit müssen sich Rentner, die im Ausland leben, allerdings einstellen, sie müssen nämlich einmal im Jahr nachweisen, dass sie nach wie vor am Leben sind und deshalb ihre Rente nach wie vor beziehen können. Die Renten­versicherung sendet dafür in aller Regel per Post ein Formular zu, das ausgefüllt zurückgesendet werden muss. Beachten muss man, dass dann, wenn diese sogenannte „Lebens­bescheinigung“ nicht zeitnah in Deutschland wieder ankommt, mit einer Unterbrechung der Renten­zahlung gerechnet werden muss. Darüber hinaus gleicht die Deutsche Renten­versicherung mittlerweile mit einigen Ländern automatisch bereits elektronisch die Sterbedaten ab. Wichtiger Tipp: Rentner im Ausland sollten der Renten­versicherung stets ihre aktuelle und ladungsfähige Anschrift mitteilen. Dies sollte auf jeden Fall schriftlich und unter Angabe der Versicherungs­nummer geschehen. Damit ein geplanter Umzug reibungslos klappt, sollten sie die Versicherung mindestens zwei Monate vor dem Umzug entsprechend informieren. Es empfiehlt sich, bereits vorher mit der Rentenversicherung Kontakt aufzunehmen und die entsprechenden Eckdaten zu klären, um vor bösen Überraschungen, insbesondere vor Unterbrechungen der Rentenzahlungen, geschützt zu sein (02.10.2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Wissenswertes zur Musterfeststellungsklage („Verbraucherklage gegen VW“)

 

Am 30. September wird erstmals in Deutschland eine Verbraucher­klage gegen Volkswagen vor Gericht verhandelt werden, mehr als 430.000 Kläger sollen sich dem Verfahren angeschlossen haben und tausende Eigentümer entsprechender Dieselfahrzeuge warten gespannt auf die Entwicklung und das Ergebnis dieses Verfahrens. Immer wieder taucht die Frage auf, ob eine Musterfeststellungsklage der richtige Weg ist, Ansprüche gegenüber einem Fahrzeughersteller durchzusetzen. Nun, die Muster­feststellungs­klage ist zunächst einmal nichts anderes als eine Klage nach dem Motto „Einer-für-alle“. Ein Verbraucher­schutz­verband kann für eine Gruppe von Betroffenen Klage erheben und eine grundsätzliche Klärung einer oder mehrerer Rechtsfragen herbeiführen. Auf unmittelbaren Schadensersatz dürfen Diesel­fahrer allerdings nicht hoffen, es geht bei dem Verfahren zunächst einmal „nur“ darum, ob VW unrecht­mäßig gehandelt hat, sodass den einzelnen Kunden kein Anspruch auf Geld oder eine Rück­abwicklung des Kauf­vertrags zugesprochen wird. Hierzu müssten sie, wenn das Musterfeststellungsverfahren entsprechend enden sollte, mit dem Muster­urteil im Rücken dann selbst noch einmal vor Gericht ziehen. Bereits heute wäre ein Vergleich zwischen VW und der Verbraucher­zentrale grundsätzlich möglich (und würde dann auch für alle angemeldeten Verbraucher gelten). Derzeit scheint VW aber den Standpunkt einzunehmen, dass wegen der hohen Zahl der (Mit-)Kläger und den unterschiedlichen Fall­konstellationen ein Vergleich kaum vorstellbar sei. Die Erfolgsaussichten der Musterfeststellungsklage werden sehr unterschiedlich beurteilt, die Anwälte des Verbraucherschutzverbandes sind wohl zuversichtlich, spätestens in der zweiten Instanz Recht zu bekommen, VW stellt sich dagegen auf den Standpunkt, dass die Autos trotz der im Diesel­skandal aufgeflogenen Abschalt­einrichtung der Abgas­reinigung technisch sicher seien und im Verkehr genutzt würden, sodass die Kunden keinen Schaden erlitten hätten. Das Prozess­kosten­risiko trägt allein der Bundes­verband der Verbraucher­zentralen, verliert dieser allerdings, sind grundsätzlich einmal alle, die im Klage­register stehen, an diese Entscheidung gebunden. Das Hauptproblem der Musterfeststellungsklage dürfte darin liegen, dass es Jahre dauern wird, bis Diesel­fahrer wissen, ob sie Schaden­ersatz erhalten oder nicht. Bereits für das erstinstanzliche Verfahren wird mit einer Verfahrensdauer von bis zu zwei Jahren gerechnet, ein sich hieran anschließendes Rechtsmittelverfahren könnte durchaus weitere zwei Jahre oder länger in Anspruch nehmen. Anschließend müssten die Verbraucher im ungünstigsten Fall dann noch selbst vor Gericht ziehen, was deshalb ein Problem darstellt, weil es während der langen Verfahrensdauer wahrscheinlich erscheint, dass ein Nutzungs­ersatz für die in der Zwischenzeit gefahrenen Kilometer abgezogen wird, sodass die meisten der betroffenen Fahrzeuge, jedenfalls nach Auffassung des Herstellers VW, bei Verfahrensabschluss nur noch einen geringen Restwert aufweisen dürften. Allerdings fordern die Verbraucher­zentralen auch Zinsen von VW, was durchaus zu einer schnelleren Verfahrenserledigung führen könnte. Als Alternative könnte es sich auf jeden Fall anbieten, einzeln gegen VW vorzugehen, jedenfalls dann, wenn man über eine eintrittspflichtige Rechtsschutzversicherung verfügt. Dann nämlich trägt man grundsätzlich kein Kostenrisiko und könnte den Verfahrensgang selbst beeinflussen. Möglich ist es auch, mit Unterstützung eines „Prozess­finanzierers“ Klage zu erheben, der - allerdings gegen Abzug einer entsprechenden Provision - das finanzielle Risiko übernimmt, andererseits aber auch beispielsweise die taktische Marschroute im Verfahren vorgibt. Mittlerweile erreichen übrigens immer mehr individuell eingereichte Klagen die letzte Instanz, höchst­richterliche Entscheidungen werden sehnsüchtig erwartet, weil die Instanzgerichte grundsätzliche Rechts­fragen bisher unterschiedlich beantwortet haben. Es bleibt also spannend und wir werden die weitere Entwicklung für Sie im Auge behalten (19.09.2019 ra)

 

VERTRAGSRECHT: Lieferung und Montage einer Küche – Kauf- oder Werkvertrag?

 

Eine wichtige und weitreichende Entscheidung für Verbraucher hat der Bundesgerichtshof (BGH) getroffen, der entschieden hat, dass der Vertrag über die Lieferung und Montage einer Küche Werkvertrag oder Kaufvertrag sein kann. Die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen, man mag es auf den ersten Blick gar nicht vermuten, sind für die Ansprüche eines Kunden, der Mängel der Küche rügt, von entscheidender und weitreichender Bedeutung. Zur rechtlichen Einordnung des Vertrags ist vorab eine gründliche Prüfung erforderlich, die darauf abzielt, auf welcher der Leistungen des Küchenlieferanten der Schwerpunkt liegt. Nachdem eine Kundin Anfang 2014 für ihre Wohnung eine Küche einschließlich Lieferung und Montage bestellt hatte und die Küche dann auch geliefert und montiert worden war, beanstandete die Frau erhebliche Mängel der Küche und verlangte schließlich Schadensersatz von über EUR 4.000,00 von ihrem Vertragspartner. Da keine freiwillige Bezahlung erfolgte, klagte die enttäuschte Kundin ihre Ansprüche ein, sowohl Amtsgericht als auch - im Rahmen des Berufungsverfahrens - das übergeordnete Landgericht Gera wiesen die Klage ab. Das Landgericht wies die Klägerin darauf hin, dass ein Werkvertrag vorliege, sodass die Klägerin gemäß § 640 Abs. 2 BGB mit dem Schadensersatzanspruch ausgeschlossen sei, da sie die Küche in Kenntnis der von ihr behaupteten Mängel abgenommen habe. Hiermit war die Klägerin nun aber beim besten Willen nicht einverstanden und zog vor den BGH, der zu Gunsten der Klägerin entschied und die Entscheidung des Landgerichts aufhob. Das Landgericht habe, so die obersten Bundesrichter, keine Feststellungen getroffen, ob der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag über die Lieferung und Montage der Küche nach Kauf- oder nach Werkvertragsregeln zu beurteilen sei. Diese Feststellungen müssten nachgeholt werden, sodass der Fall an das Landgericht zurückverwiesen wurde (BGH, Urt. v. 19.07.18 – Az.: VII ZR 19/18). Ein Vertrag über die Lieferung und Montage einer Küche könne rechtlich sowohl als Werk- als auch als Kaufvertrag eingeordnet werden, wobei es darauf ankomme, auf welcher der beiden in Betracht kommenden Leistungen der Schwerpunkt liege. Je mehr die mit dem reinen Umsatz der Waren verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der Küchenteile auf den Käufer im Vordergrund stehe und je weniger die individuellen Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertrags prägten, umso eher sei die Annahme eines Kaufvertrag mit Montageverpflichtung geboten. Dann greife die Annahme des Landgerichts bezüglich einer Abnahme in Kenntnis der Mängel aber nicht. Liege dagegen der Schwerpunkt auf der individuellen Montage- und Bauleistung, etwa auf dem Einbau- und der Einpassung der Küche in die Räumlichkeit der Kundin und dem damit verbundenen individuellen Erfolg, liege ein Werkvertrag vor. Die angefochtene Entscheidung dürfte damit inhaltlich korrekt ausgefallen sein. Es lohnt sich also, gründlich vor Einleitung entsprechender Schritte zu überprüfen, welche Vertragsart in Betracht kommt, da von der Unterscheidung Erfolg oder Misserfolg der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in erheblichem Maße abhängen kann (12.09.2019 ra).

 

REISERECHT: Tipps und Tricks für Urlauber bei mangelbehafteten Reisen

 

Wir hoffen, dass Sie einen schönen und erholsamen Urlaub verbringen durften. Falls nicht, sollten Ihnen folgende Tipps und Hinweise behilflich sein:

 

Bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen wegen mangelbehafteter Reisen ist rasches und zielgerichtetes Handeln gefordert. Falls Sie Ansprüche geltend machen wollen, müssen Sie feststellen, ob sich diese Ansprüche gegen den Reiseveranstalter (Regelfall), das Reisebüro oder gegen sonstige Leistungsträger richten.

 

1. Ausschlussfrist beachten: Ansprüche gegen den Reiseveranstalter müssen generell spätestens einen Monat nach dem Tag der Reiserückkehr schriftlich geltend gemacht werden. Hierbei handelt es sich um eine Ausschlussfrist. Wird diese Frist versäumt, ist es Ihnen nicht mehr möglich, erfolgreich Ansprüche zu erheben.

 

2. Verjährungsfrist einhalten: Ansprüche des Reisenden verjähren nach zwei Jahren, wobei der Lauf der Verjährungsfrist bereits mit dem Tag beginnt, an dem die Reise nach dem Vertrag enden sollte, § 651 j BGB.

 

3. Geltendmachung von Ansprüchen: Wurde der Reisemangel nicht gleich - also während der Reise - gegenüber der Reiseleitung geltend gemacht, sind spätere Ansprüche in der Regel ausgeschlossen! Zwar ist Schriftform für die Reklamation nicht vorgeschrieben, doch dringend anzuraten - und auch üblich. In dem Schreiben müssen alle Mängel ausführlich und vollständig beschrieben werden. Mängel, die erst nach der Ausschlussfrist reklamiert werden, können nicht berücksichtigt werden. Die Reklamation sollte von allen erwachsenen Teilnehmern der Reise bzw. den Erziehungsberechtigten unterschrieben werden. Wenn ein Reiseteilnehmer für eine Reisegruppe eine Reklamation aufsetzt, sollten der Reklamation schriftliche Vollmachten der anderen Reiseteilnehmer im Original beigefügt werden. Aus dem Schreiben sollte sich klar ergeben, dass aufgrund der Mängel eine Rückerstattung bzw. Minderung des Reisepreises oder Schadensersatz verlangt wird. Nur dann wird die Ausschlussfrist gewahrt.

 

4. Beweislast: Der Reisende hat grundsätzlich die Beweislast für das Vorliegen eines Reisemangels. Deshalb: Beweismittel sichern. In Frage kommen beispielsweise:

 

·         Aussagekräftige Fotos (Denken Sie an Ihr Handy)

·         Videofilme

·         Anschriften von (neutralen oder ebenfalls betroffenen) Zeugen

·         Schriftliche Zeugenerklärungen

·         Beschreibungen aus Hotelprospekten/-katalogen bzw. Internetseiten

·         Anfertigung von Plänen oder Skizzen.

 

5. Verhalten des Reiseveranstalters nach Anspruchsstellung: Nach Eingang der Reklamation beim Reiseveranstalter bekommen Sie von diesem in aller Regel einen Zwischenbescheid, der den Eingang Ihres Schreibens bestätigt und darauf verweist, dass Ihre Angelegenheit überprüft wird und der Reiseveranstalter nach Abschluss seiner Prüfung auf Sie zurückkommt. Leider gibt es auch Veranstalter, die über viele Wochen nichts von sich hören lassen - und auch telefonisch praktisch nicht erreichbar sind. Sollte nach ca. vier bis sechs Wochen immer noch keine Stellungnahme des Reiseveranstalters zu Ihrer Reklamation vorliegen, ist es Zeit den Reiseveranstalter anzumahnen. Achtung: Falls Sie einen Scheck mit einer bescheidenen Wiedergutmachung erhalten, achten Sie genau darauf, ob mit der Einlösung dieses Schecks alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Reisevertrag abgegolten werden sollen. Falls ja, sollten Sie diesen Scheck unangetastet und nicht eingelöst wieder zurückschicken, um ggf. bestehende Minderungs- und/oder Schadensersatzansprüche nicht zu verlieren.

 

6. Reisegutscheine können, müssen aber nicht angenommen werden. Sie sollten abwägen, wie beweiskräftig Ihr Anspruch und damit die Wahrscheinlichkeit ist, mit Ihrer Geldforderung auch im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu obsiegen.

 

7. Abfindungsvereinbarung: Um den Kundenservice zu verbessern, erledigen einige Reiseveranstalter Reklamationen bereits am Urlaubsort. Das ist zwar unbürokratisch und schnell. Sie sollten vor Ort aber prüfen, ob der Ausgleich, der Ihnen angeboten wird, auch angemessen ist. Mit einer Abfindungsvereinbarung verbundene Verzichtserklärungen sollten nur unterschrieben werden, wenn dadurch eine angemessene Gegenleistung gewährt wird.

  

8. Prozessuale Hinweise: Klagegegner ist in aller Regel der Reiseveranstalter, nicht das Reisebüro. Das sollte auf jeden Fall vor der Geltendmachung potentieller Ansprüche gründlich geprüft werden. Die Klage gegen den Reiseveranstalter wird regelmäßig am Hauptsitz der Verwaltung des Reiseveranstalters zu erheben sein. Um böse Überraschungen zu vermeiden muss auch das professionell vor Einleiten entsprechender Schritte geprüft werden. Verfügt der Reiseveranstalter (nicht das Reisebüro) über eigene Niederlassungen, in denen die Reise gebucht worden ist, kann die Klage u. U. bei dem Gericht erhoben werden, bei dem die Niederlassung ihren Sitz hat. Ein Reisebüro, das selbstständig Reisen vermittelt, ist grundsätzlich keine Niederlassung. Besondere Vorsicht ist bei Klagen gegen Reiseveranstalter geboten, die ihren Sitz im Ausland haben (05.09.2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Verkehrsverstöße im Ausland

 

Vieles wird in der Europäischen Union (EU) vereinheitlicht, vom Verbot bestimmter Glühbirnen bis hin zu Regelungen für Flugdrohnen. Verkehrsregeln der einzelnen Mitgliedstaaten wurden bislang noch nicht vereinheitlicht, was fatale Folgen nach sich ziehen kann: In Ungarn sollte man beispielsweise tunlichst nüchtern fahren, auch alkoholhaltige Medikamente sind tabu, da die 0-Promille-Grenze gilt. In Polen wird es ab 0,2 o/oo problematisch, in Portugal muss das Auto ab 0,5 o/oo stehen bleiben. Allerdings darf wiederum in Großbritannien mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von unter 0,8 o/oo das Fahrzeug noch benutzt werden, sogar auf der linken Fahrbahnseite, was wiederum ab einer bestimmten Alkoholisierung durchaus für Verwirrung sorgen kann. Auch die Bußgelder divergieren ganz erheblich, eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h zieht in Polen eine Geldbuße von mindestens EUR 25,00 nach sich, in Norwegen sind mindestens EUR 480,00 zu berappen. Die treuen Leser unserer wöchentlichen Kolumne wissen es bereits: Wer einen ausländischen Bußgeldbescheid im Briefkasten vorfindet, sollte diesen nicht einfach ignorieren: Unter bestimmten Voraussetzungen können diese Bußgeldbescheide auch in Deutschland vollstreckt werden, weil Deutschland bereits im Jahr 2010 einen EU-Rahmenbeschluss zur Vollstreckung von Geldsanktionen in nationales Recht umgesetzt hat. Mittlerweile wenden 27 EU-Länder diesen Rahmenbeschluss an. Rechtskräftige Bußgeldbescheide aus den entsprechenden Ländern können ab EUR 70,00 deshalb in Deutschland vollstreckt werden. Weil die Sanktionen im Ausland oft wesentlich höher als in Deutschland ausfallen, ist dieser Wert selbst bei harmlosen Parkverstößen leicht erreicht, zumal auch Verwaltungsgebühren in den Schwellenwert eingerechnet werden. Zuständig für die Vollstreckung ist das Bundesamt für Justiz in Bonn, Zahlungsaufforderungen von Inkassounternehmen sind insoweit also irrelevant. Man glaubt es kaum: Wer schnell bezahlt, kann durchaus sparen. Je nach Ausstellungsland wird bis zu 50% „Rabatt“ gewährt, in Belgien beispielsweise können Sie bis zu 10% sparen, wenn ein Vergleichsvorschlag der Staatsanwaltschaft angenommen wird. In Frankreich werden - je nach Verstoß - bis zu EUR 45,00 erlassen, wenn innerhalb einer festgelegten Zeitspanne, die sich danach richtet, ob der Bußgeldbescheid vor Ort ausgehändigt wurde oder nicht. Auch Italien, wenn wundert es, lässt sich da nicht lumpen, in der Regel wird beim erstmaligen Verstoß der gesetzliche Mindestbetrag kassiert, von dem wiederum 30% abgezogen werden kann, wenn die Behörde dies so vorsieht und dann auch noch innerhalb von fünf Tagen bezahlt wird, was bei schwerwiegenden Delikten mit Fahrverbot oder Kfz-Beschlagnahme allerdings nicht gilt. In Spanien, Großbritannien und Griechenland sind sogar bis zu 50% Rabatt drin, wenn fristgerecht reguliert wird. In manchen Fällen sollte man sich allerdings einen Einspruch auch bei deutschen Bußgeldbescheiden verkneifen. Denn en solcher Schuss kann manchmal nach hinten losgehen, obwohl in § 72 Abs. 3 S. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) festgelegt ist, dass das Gericht von der im Bußgeldbescheid getroffenen Entscheidung nicht zum Nachteil des Betroffenen abweichen darf. Dieser Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt, was beispielsweise der Fall eines Temposünders belegt, der ursprünglich EUR 160,00 zahlen und ein einmonatiges Fahrverbot absitzen sollte, das erst nach einer viermonatigen Schonfrist beginnen sollte. Auf den Einspruch des Betroffenen bestätigte nun das Amtsgericht nicht nur Bußgeld und Fahrverbot, sondern ordnete an, dass das Fahrverbot sofort anzutreten sei. Hierin sah der Betroffene einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot. Allerdings blieb seine Beschwerde erfolglos (OLG Düsseldorf, Az.: IV-2 RBs 195/18), denn das Gericht hatte nicht im schriftlichen Verfahren ohne Hauptverhandlung über den Einspruch entschieden. Hinzu kam, dass der Raser bereits vor Erlass des ersten Bußgeldbescheides erneut geblitzt wurde, was zwar die Bußgeldstelle nicht berücksichtigen durfte, wohl aber das Amtsgericht, das erst entschieden hatte, als dem Gericht beide Tempo-Überschreitungen vorlagen. (29.08.2019 ra).

 

RECHT KURIOS: Jura muss nicht trocken und humorlos sein…

 

Entgegen einer landläufigen Meinung müssen Gesetzgebung und Rechtsprechung nicht langweilig oder gar humorlos sein. Es gibt durchaus Gesetze, Urteile und andere Entscheidungen, die ein gewisses Humorpotential beinhalten. Das glauben Sie nicht? Hier folgen einige Beispiele, die tatsächlich so veröffentlicht wurden: So hat beispielsweise das Amtsgericht (AG) Bad Schwartau in einem Verfahren mit dem Aktenzeichen 3 C 1214/99 entschieden: „Es stimmt zwar, dass Leichengeruch und die damit verbundene Beeinträchtigung der Mietwohnung über reine Wohnzwecke hinausgeht. Das Sterben in der Wohnung an sich stellt jedoch keinen vertragswidrigen Gebrauch dar.“ Das dürfte zweifellos stimmen und deshalb musste die Entscheidung auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Das Landgericht (LG) Regensburg musste im Rahmen einer Verfügung das Verhandlungsprotokoll einer mündlichen Verhandlung berichtigen: „Die Angeklagte ist nicht bei den Sieben Zwergen, sondern bei den Siemens Werken beschäftigt.“ Das wiederum dürfte einleuchten! Bemerkenswert sind auch die Schnüffelkünste eines Kölner Amtsrichters, dessen Schlussfolgerungen deshalb ebenfalls veröffentlicht wurden (AG Köln WuM 1990, 338): „Wenn aus einer benachbarten Pizzeria so starke Geruchsbelästigung hervorgeht, dass dem Richter nach 15 Minuten schlecht wird, steht dem Mieter eine Mietminderung von 15% zu.“ Wichtig zu wissen ist auch eine Passage des Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes: „§ 17 wird wie folgt geändert: In Abs. 1 Satz 1 wird die Angabe "§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 auch in Verbindung mit § 12 Abs. 2, nach § 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 und 6, § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 4 und 5" durch die Angabe § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, Abs. 3 Satz 2 Nr. 4, auch in Verbindung mit § 12 Abs. 2, nach § 12 Abs. 2a Satz 2 Nr. 1 und 4, § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 4 und 5 ersetzt." Aha! Haben Sie`s verstanden?! Vermutlich aufgrund einer vergleichbaren Situation ist ein Rechtsanwaltskollege auch straflos ausgegangen: "Ein Anwalt darf in einem Schriftsatz an das Gericht ein zuvor erlassenes Urteil bewerten als "so falsch, dass man sich wundert, dass ausgebildete Juristen an der Rechtsfindung beteiligt waren." (NJW-RR 2002, 923). Was hingegen absolut nicht geht (EKMR 29045/95): "Ein Anwalt darf nicht behaupten, der Staatsanwalt müsse die Anklage "im Zustand völliger Trunkenheit" verfasst haben.“ Das leuchtet ein und geht entschieden zu weit. Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) klargestellt (NJW 89, 3148): "Ein Anwalt darf das fehlerhafte Vorgehen eines Richters rügen, indem er zur physischen Stärkung Dextro-Energy übersendet." Für den ein oder anderen mag auch wichtig sein, dass das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am 22.08.2008 folgendes beschlossen hat: "Ein Geliebtentestament ist auch dann in der Regel nicht als sittenwidrig anzusehen, wenn es zu Miteigentum der Geliebten und der Ehefrau an dem von der Ehefrau bewohnten Haus führt." Einleuchtend, aber mitunter sicherlich auch konfliktträchtig! Schließlich hat das OLG Nürnberg in einem Beschluss vom 13.12.2012 folgendes völlig zurecht klargestellt (Aktenzeichen: 12 W 2180/12): "Rechtsanwälten ist es unzumutbar, zur Wahrnehmung eines Gerichtstermins die Reise bereits vor 6:00 Uhr morgens anzutreten und derart früh aufzustehen. Weder einer Partei noch einem Rechtsanwalt kann abverlangt werden, die in einer Rechtssache notwendig werdenden Reisen zur Nachtzeit zu beginnen. Als Nachtzeit ist in Anlehnung an § 758a Abs. 4 ZPO die Zeit von 21:00 – 6:00 Uhr anzusehen." (22.08.2019 ra).

 

STRAFRECHT: Drohung mit Veröffentlichung von Nacktbildern auf Facebook kann Versuch einer sexuellen Nötigung darstellen

 

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat im Rahmen eines jüngst veröffentlichten Urteils (Urt. v. 09.04.2019, Az.: 3 RVs 10/19) entschieden, dass sich derjenige, der einer minderjährigen Schülerin mit der Veröffentlichung von Nacktbildern auf Facebook droht, um sie zu „sexuellen Handlungen“ zu bewegen, wegen versuchter sexueller Nötigung strafbar macht. Deshalb hob das Gericht einen Freispruch des zweitinstanzlich zuständigen Landgerichts in Bielefeld auf, das zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Schwelle zu einem strafbaren Versuch noch nicht überschritten worden sei, nachdem das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht in Herford zuvor den Angeklagten sogar wegen einer versuchten Vergewaltigung verurteilt hatte. Der zur Tatzeit 27-jährige Angeklagte und die damals 16-jährige Schülerin schrieben sich über den „WhatsApp“ Nachrichten, wobei sich die Schülerin in den Angeklagten verliebte. Auf dessen Initiative hin tauschten sie Anfang 2017 auch Nacktfotos über den Messenger-Dienst aus. Als die ersten Nacktfotos verschickt wurden, kam es von Seiten des Angeklagten zu ersten sexuellen Anspielungen. Als das Mädchen sich weigerte, auf die Anspielungen einzugehen, drohte ihr der Angeklagte, die ihm übermittelten Fotos bei Facebook zu veröffentlichen oder auszudrucken, und sie in ihrer Schule auszuhängen. Hierdurch fühlte sich die Schülerin verständlicherweise massiv unter Druck gesetzt und offenbarte sich schließlich Mitte Juni 2017 der Polizei, wo sie Anzeige erstattete. Bei der anschließenden Durchsuchung händigte der Angeklagte den Polizisten sein Handy aus, auf welchem sich noch fünf Nacktbilder des Mädchens befanden. In erster Instanz verurteilte ihn das Amtsgericht (AG) Herford im März 2018 wegen versuchter Vergewaltigung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe, die der Angeklagte nicht akzeptierte. Auf seine Berufung hin hob das Landgericht (LG) Bielefeld die erstinstanzliche Entscheidung auf und sprach den Angeklagten frei, weil dieser nach Auffassung des Landgerichts nach seiner Vorstellung von der Tat noch nicht unmittelbar zur Verwirklichung einer sexuellen Nötigung angesetzt habe. Die Staatsanwaltschaft sah dies wiederum anders und legte gegen das Urteil Revision ein, in dessen Verlauf das nun zuständige OLG Hamm zu dem Ergebnis kam, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des LG Bielefeld zurückzuverweisen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes habe der Täter nämlich regelmäßig die für den Versuchsbeginn maßgebliche Schwelle dann überschritten, wenn er – wie hier - bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht habe. Dadurch, dass der Angeklagte dem Opfer mit der Veröffentlichung der Nacktbilder gedroht habe, habe der Angeklagte eine Nötigungshandlung im Sinne des § 177 Abs.2 Nr. 5 des Strafgesetzbuches (StGB) begangen und damit auch ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal bereits verwirklicht. Durch die Nötigungshandlung, so das Gericht weiter, habe der Angeklagte die sexuelle Selbstbestimmung als Schutzgut des § 177 StGB der damals noch minderjährigen Schülerin auch unmittelbar gefährdet. Nicht erforderlich war es nach Ansicht der Richter, dass der Angeklagte die Zeugin hierzu bei sich zu Hause aufgesucht habe (15.08.2019 ra).

 

STRASSENVERKEHRSRECHT: Ist übernachten im Auto eigentlich erlaubt?

 

Jedem Kraftfahrzeugführer ist das schon einmal passiert: Die Müdigkeit holt einen ein... Doch darf man dann einfach im Auto übernachten oder muss man ein Hotel aufsuchen? Grundsätzlich ist es nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) unproblematisch, im eigenen Auto zu übernachten. Ein ausdrückliches Verbot sieht die StVO nämlich nicht vor. Es wird zwar geregelt, wo gehalten oder geparkt werden darf und wo nicht, § 12 Abs. 4 StVO, doch außerhalb dieser Einschränkungen spricht grundsätzlich einmal nichts gegen ein Übernachten, vorausgesetzt natürlich, man steht nicht ohne Erlaubnis des Eigentümers auf einem Privatgrundstück oder ignoriert ein Halte- oder Parkverbot. Nicht gestattet ist es auch, in einer Parkbewirtschaftungszone ohne gültiges Ticket zu übernachten. In verwaltungsrechtlicher Hinsicht kann das Übernachten im Auto nun allerdings zu einem Problem werden, weil insoweit der Schutz der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu berücksichtigen ist. Als öffentliche Ordnung gilt die Gesamtheit aller ungeschriebenen Regeln, die der Einzelne in der Öffentlichkeit zu befolgen hat. Und die Polizei wiederum hat die Aufgabe, diese Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Dabei dürfen dann wiederum Maßnahmen ergriffen werden, die der Abwehr von Gefahren dienen bzw. die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleisten, wozu wiederum u.a. die Sicherheit des Straßenverkehrs zählt. Wenn Sie als Autofahrer also beispielsweise tagelang am Straßenrand parken und in dem Wagen auch schlafen, ist dies verkehrsrechtlich erst einmal unproblematisch. Anders gestaltet sich dann aber die Rechtslage, wenn sich im Laufe der Tage z.B. Müll um das Auto ansammelt oder der Bordstein als Toilette benutzt wird, dann nämlich darf eingegriffen und die Übernachtung an dieser Stelle im Wagen untersagt werden. Ob sogar „Strafen“ drohen, hängt wiederum vom Einzelfall ab. Sicherlich kommt man höchst selten in die Verlegenheit, mehrere Tage oder gar Wochen im Auto zu schlafen. Hiervon wäre – rechtlich gesehen - auch eher abzuraten. Zudem besteht in Deutschland, man höre und staune, eine Meldepflicht, sodass die ständige Wohnung beim zuständigen Einwohnermeldeamt angemeldet werden muss. Wer sein Auto als Wohnung nutzt, kann also auch in dieser Richtung durchaus Probleme bekommen. Und dann gibt es ja auch noch diejenigen verantwortungsbewussten Autofahrer, die ein bisschen über den Durst getrunken haben. Natürlich kann und soll ggf. dieser Autobesitzer gegebenenfalls die Nacht im stehenden Auto verbringen. Dabei sollte allerdings weder der Fahrzeugschlüssel im Zündschloss stecken, noch sollte auf dem Fahrersitz Platz genommen werden. Alles, was den Anschein erweckt, dass der Wagen gleich gestartet wird, dürfte als Fahrversuch gewertet werden, auch wenn ein Oberlandesgericht einen solchen Fall 2004 einmal anders entschieden hat. Damals noch obsiegte der Betroffene, der zu einer Geldstrafe wegen Trunkenheit am Steuer verurteilt worden war. Er schlief bei laufendem Motor im stehenden Wagen. Da seinerzeit aber nicht zweifelsfrei zu belegen gewesen sei, dass der Mann auch gefahren sei, hob das Oberlandesgericht die Strafe wieder auf (Urt. v. 21.09.14, Az: 1 Ss 102/04). Darauf bauen, dass das heute noch immer so gehandhabt wird, sollte man allerdings besser nicht. Kleiner Tipp am Rande: Wer mit Wohnwagen oder Wohnmobil in Europa unterwegs ist, sollte die entsprechenden gesetzlichen Regelungen im Ziel- oder den Transitländern sicherheitshalber vorher klären, um später böse und mitunter kostspielige Überraschungen zu vermeiden (08.08.2019 ra). 

 

RECHT AKTUELL: Rechtliches rund um den E-Scooter…

 

E-Scooter oder altdeutsch: Elektroroller werden immer beliebter, doch wer kennt sich mit den einschlägigen straßenverkehrsrechtlichen Regeln heute schon aus? Die gesetzliche Grundlage bildet die Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge, die grundsätzlich für „Fahrzeuge mit Lenk- oder Haltestange, einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 20 km/h und einer Straßenzulassung/Betriebserlaubnis“ gilt. Sie ist also in erster Linie anzuwenden auf E-Scooter und sog. Segways, nicht aber beispielsweise auf Airwheels, Hoverboards oder E-Skateboards. Die Benutzung von E-Scootern auf Radwegen, Radfahrstreifen und Fahrradstraßen ist erlaubt, fehlen diese (und nur dann), darf auf die Fahrbahn ausgewichen werden. Achtung: Gehwege, Fußgängerzonen und Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung zu benutzen ist für E-Roller-Nutzer verboten, es sei denn, dass das Befahren durch ein entsprechendes Zusatzzeichen gestattet wird. Beachten sollten Sie, dass das Zusatzschild "Radfahrer frei" nicht für die Fahrer von Elektrotretrollern gilt, was eigentlich jedem einleuchten sollte. Der Fahrer benötigt keine Mofa-Prüfbescheinigung und keinen Führerschein, wobei das Mindestalter für die Benutzung der kleinen Flitzer bei 14 Jahren liegt. Obwohl keine Helmpflicht besteht ist es, wie bei Fahrrad oder Skateboard etc. ebenfalls, dringend zu empfehlen, einen Helm zum besseren Schutz zu benutzen. Alkoholgrenzwerte gelten wie für Autofahrer, wer mit 0,5 bis 1,09 o/oo erwischt wird aber keine alkoholbedingte Auffälligkeit zeigt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Dafür gibt es in der Regel ein Bußgeld und es sind grundsätzlich (aber nicht zwingend!) EUR 500,00 futsch. Darüber hinaus muss mit einem Monat Fahrverbot und zwei Punkte im Verkehrszentralregister gerechnet werden. Eine Straftat liegt ab einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von mindestens 1,1 o/oo auch bei E-Scooter-Nutzern vor. Aber aufgepasst: Eine Straftat kann auch schon ab 0,3 o/oo verwirklicht worden sein, wenn der Nutzer nämlich „alkoholbedingte Ausfallerscheinungen“ zeigt. Für Fahrer unter 21 Jahren und Führerscheinneulinge gelten auch bei der Nutzung von E-Scootern in der Probezeit  0,00 o/oo. Elektroroller sind natürlich nur für eine Person zugelassen. Dies gilt auch dann, wenn man zu zweit das zulässige Gesamtgewicht nicht überschreiten würde. Eine Haftpflichtversicherung ist Übrigens zwingend vorgeschrieben und wird durch eine aufgeklebte Versicherungsplakette nachgewiesen. Da die Haftpflichtversicherung nur für Schäden haftet, die Dritten durch den E-Scooter zugefügt werden, sollte man über eine freiwillige Teilkasko-Versicherung nachdenken, die von einigen Versicherungen angeboten wird. Sofern vor Ort Fahrradampel vorhanden ist, muss diese beachtet werden, gibt es diese nicht, muss die Ampel für den fließenden Verkehr beachtet werden. Bremsen und Beleuchtungsanlage sind nicht nur sinnvoll, sondern ebenfalls gesetzlich vorgeschrieben. Sie sollten beim Kauf eines Elektrorollers darauf achten, dass das Fahrzeug der aktuellen Gesetzeslage entspricht und eine gültige Betriebserlaubnis aufweist. Übrigens: Im Ausland können völlig andere Verkehrsregeln gelten, es ist empfehlenswert, vor der Benutzung eines E-Scooters im Ausland Erkundigungen einzuholen, was dort beachtet werden muss (01.08.2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Urlaubszeit und Handyverbote in Europa 

 

Auch bei Urlaubsreisen mit dem Auto sollten Kraftfahrzeugführer tunlichst ihre Finger vom Handy lassen. Mittlerweile gilt in jedem europäischen Land ein Handynutzungsverbot für den Fahrer eines Fahrzeugs, zuletzt hat Schweden als letztes Land in Europa ein Bußgeld für dieses Vergehen eingeführt: Wer telefoniert oder eine Textnachricht schreibt, zahlt dort jetzt EUR 160,00. Jeder weiß Bescheid, die Augen während der Fahrt nur für Sekunden von der Straße zu nehmen, ist brandgefährlich. Viele Autofahrer machen es gleichwohl, beispielsweise, um „nur ganz kurz“ eine Nachricht auf dem Handy zu lesen. Allerdings werden bei einer Geschwindigkeit von lediglich 50 km/h und einem Blick von nur drei Sekunden auf das Handydisplay 42 Meter Fahrtstrecke zurückgelegt. Meistens dauert es sogar noch viel länger, bis eine Textnachricht gelesen, womöglich sogar getippt ist. Bei der Autobahnrichtgeschwindigkeit von 130 km/h und einem Tippen vor gerade einmal acht Sekunden werden sage und schreibe knapp 290 Meter zurückgelegt, Platz und Gelegenheit für mehr als nur einen Unfall. In Deutschland beträgt das Bußgeld inzwischen EUR 100,00, zudem wird ein Punkt im Flensburger Fahreignungsregister eingetragen. Kommt es durch die Handynutzung gar zu einem Unfall, erhöht sich die Strafe auf EUR 200,00, „zwei Punkte in Flensburg“ sowie einen Monat Fahrverbot. Wer auf dem Fahrrad das Handy nutzt, zahlt EUR 55,00. Übrigens: Das Verbot gilt nicht nur für Handy und Smartphone, es ist auch auf Tablet und Laptop erweitert. Telefonieren darf der Kraftfahrzeugführer ohne Freisprecheinrichtung nur dann, wenn der Motor des Fahrzeugs ausgeschaltet ist. Das gilt aber nicht an Ampeln, wenn der Motor durch ein aktiviertes Start-Stopp-System „nicht läuft“. Auch dann droht ein saftiges Bußgeld und die „Eintragung in Flensburg“. Übrigens: Nicht nur das Telefonieren am Steuer ist verboten, sondern schlicht jede Handynutzung ohne Freisprechanlage. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschied, dass das Ablesen der Uhrzeit vom Display ebenso ordnungswidrig ist, wie das Lesen einer SMS oder einer Telefonnummer im Display (Az.: 2 Ss OWi 177/05; 2 Ss OWi 1005/02; 2 Ss OWi 402/06). Entsprechend urteilte das OLG Jena bezüglich der Nutzung des Handys als Diktiergerät (Az.: 1 Ss OWi 82/06). Das OLG Köln (Az.: III-1 RBs 39/12) entschied, dass auch derjenige ein Mobiltelefon im rechtlichen Sinn benutzt, der einen Anrufer nur wegdrückt. Das bloße Umlagern eines Handys vom Ablagefach in die Mittelkonsole bleibt straffrei, entschied das OLG Köln (Az.: 83 Ss OWi 19/05). Nur ob man beweisen kann, dass das Handy umgelagert wurde, steht auf einem anderen Blatt. Schließlich bleibt – so jedenfalls das OLG Hamm theoretisch – auch derjenige straffrei, wer das Handy nur nutzt, um mit dem Akku sein entzündetes Ohr zu wärmen. Allerdings glaubte das Gericht (Az.: 2 Ss OWi 606/07) dem Betroffenen diese Ausrede nicht, der Ertappte musste zahlen.  Kommt es zu einem Unfall, kann es richtig teurer werden. Die Nutzung des Handys kann als grobe Fahrlässigkeit gedeutet werden. Schäden werden dann möglicherweise nicht erstattet. Doch auch derjenige, der eine Freisprecheinrichtung nutzt, ist versicherungsrechtlich nicht immer auf der sicheren Seite. Ein Pkw-Fahrer wollte bei Tempo 120 einen Anruf abweisen, kam dabei aus der Spur und fuhr auf einen Wohnwagen auf. Seine Vollkaskoversicherung verweigerte wegen grober Fahrlässigkeit die Zahlung. Zurecht, bestätigte das LG Frankfurt (Az.: 2/23 O 506/600). Also: Augen auf und Handy weg im Straßenverkehr (25.07.2019 ra).

 

ZIVILRECHT: EUR 18.000 Schadensersatz wegen eines verletzten Hundes???

 

Nachdem sich ihr Hund beim Ballspielen ein Bein gebrochen hatte, verlangte eine Frau von ihrem Ex-Freund knapp EUR 18.000,00 Schadensersatz. Zu Unrecht, wie nun vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main entschieden wurde. Doch was war geschehen? Einige Wochen nach der Trennung des Paares hatte der Ex-Lover dem Retriever der Anspruchstellerin einen fußballgroßen Ball geschenkt und anschließend mit dem Hund gespielt, der den Ball treu und zuverlässig jeweils zu seinem Ex-Herrchen zurückbrachte. Eine halbe Stunde lang ging dieses Spielchen gut, dann jedoch sprang der übermütige Vierbeiner so unglücklich in die Luft, dass er bei der Landung mit seinem gesamten Gewicht auf dem hinteren linken Bein aufkam und sich dadurch das Hinterbein brach. Das wiederum erzürnte die Halterin des Hundes derart, dass sie knapp EUR 18.000,00 Schadensersatz von ihrem ehemaligen Geliebten forderte, der ja, so die Anspruchstellerin, für das gebrochene Bein ihres Hundes verantwortlich sei. Neben den reinen Behandlungskosten verlangte sie auch entgangenen Gewinn, da der Retriever (warum eigentlich?) wegen der Verletzungen nicht mehr zuchttauglich sei. Nichts da, entschied das Landgericht (LG) Gießen und wies die Klage kostenpflichtig zu Lasten der Klägerin ab. Das wiederum wollte diese aber nicht akzeptieren und suchte ihr Glück vor dem OLG Frankfurt/Main, das nun die Berufung zurückgewiesen hat, weil der Knochenbruch – Achtung! - nicht adäquat-kausal auf das Werfen des Balles zurückzuführen gewesen sei. Weiter hat das Gericht ergänzend darauf hingewiesen, dass es ein gänzlich unwahrscheinliches Ereignis darstelle, wenn ein junger Hund beim Springen nach einem Ball einen Beinbruch erleidet, weil das Springen nun einmal zum Spieltrieb gerade von jungen Hunden gehöre und deshalb grundsätzlich davon auszugehen sei, dass die körperliche Konstitution eines jungen Hundes so beschaffen sei, dass er derart typische Aktionen ohne Verletzungen bewerkstelligen könne. Deshalb musste nach Auffassung des Zivilsenats noch nicht einmal das von der Klägerin beantragte Sachverständigengutachten eingeholt werden. Aufgrund des "gänzlich unwahrscheinlichen Ereignisses" kann die Hundehalterin also von dem Werfer des Balles keinen Schadensersatz verlangen, sodass nun auch die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zu deren Lasten zurückgewiesen wurde (Beschluss vom 25.03.2019, Az.: 6 U 166/18). Bei dem Knochenbruch des Hundes, so der Senat weiter, habe sich vielmehr das allgemeine Lebensrisiko realisiert, das wiederum der Risikosphäre der Halterin zuzurechnen sei. Das Gericht zog damit eine Parallele zu den Fällen der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung, was sicherlich nicht völlig von der Hand zu weisen ist. Schließlich habe die Klägerin aber auch den Hund mit ihrem ehemaligen Freund (oder anders herum?) spielen lassen und damit die Entscheidung über dessen Selbstgefährdung getroffen. Gründe, einen "spielenden Hund besser zu behandeln als einen spielenden Menschen", sah die Kammer im Ergebnis nicht, was dazu führte, dass auch das OLG Frankfurt/Main zu der Erkenntnis gelangte, dass der Klägerin keine Schadensersatzansprüche zustehen können. Pech also für die Klägerin, die neben ihrer Enttäuschung nun auch noch die Kosten zweier Instanzen tragen muss (19.07 2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Heißer Sommer – Darf man eigentlich in Flip-Flops oder barfuß Auto fahren?


Der Sommer ist heiß, die Frage auch: Darf man eigentlich in Flip-Flops, in Socken oder gar barfuß Auto fahren? Aktuell schreibt der Gesetzgeber das Tragen eines bestimmten Schuhwerks zum Autofahren gesetzlich nicht vor. Daher kann man grundsätzlich selbst entscheiden, ob man barfuß, mit Flip-Flops oder in Socken ans Lenkrad sitzt. Beim Tragen von leichtem Schuhwerk liegt auch kein Verstoß gegen § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO vor, wonach ein Fahrzeugführer dafür zu sorgen hat, dass Fahrzeug und Besetzung vorschriftsmäßig sind und die Verkehrssicherheit durch die Besetzung nicht leidet. Soweit bislang von der Rechtsprechung entschieden – das muss aber nicht für alle Zeiten gelten ! - verpflichtet diese Vorschrift den Fahrer nicht, mit geeignetem Schuhwerk Auto zu fahren, da die Rechtsprechung unter den Begriff „Besetzung“ nicht den Fahrer sondern nur die Beifahrer zählt (so jedenfalls das Oberlandesgericht (OLG) Celle, Beschluss vom 13.03.2007, Az. 322 Ss 46/07 und OLG Bamberg, Beschluss vom 15.11.2006, Az. 2 Ss OWi 577/06). Doch Vorsicht ist angesagt, wenn es tatsächlich zu einem Unfall kommen sollte. Ist nämlich der Verkehrsunfall (auch) auf das Tragen von leichtem Schuhwerk zurückzuführen, haftet man (anteilig) für die Unfallfolgen, da dann nicht die erforderliche Sorgfalt angewandt wurde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits in den 1950er-Jahren entschieden, dass derjenige für Unfallfolgen einzustehen hat, der sein Fahrzeug mit ungeeignetem Schuhwerk fährt. Seinerzeit hatte ein LKW-Fahrer mit seinem Fahrzeug einen anderen LKW gerammt, da der Lenker mit lehmbeschmierten Gummistiefeln vom Kupplungspedal abgerutscht war (BGH, Urt. v. 08.01.1957, Az. VI ZR 283/55). Nach Ansicht des Gerichts hatte der Fahrer aufgrund seines ungeeigneten Schuhwerks den Unfall schuldhaft verursacht, sodass er für den Schaden haftete. Das hat das Amtsgericht (AG) Speyer bestätigt, eine Autofahrerin, die leichte Wildlederpumps mit mittelhohem Absatz getragen hatte, müsse eine „besondere Vorsicht“ im Straßenverkehr walten lassen (Urt. v. 09.08.1957, Az. Cs 420/57 = DAR 58, 107). Wer dem also nicht nachkommt handelt fahrlässig und macht sich deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit schadensersatzpflichtig. Zudem besteht die Möglichkeit eines Bußgelds, wenn es zu einem Unfall kommt. Zwar kann das Tragen von leichtem Schuhwerk nicht generell mit einer Geldbuße geahndet werden, kommt es aber zu einem Unfall, ist darin nach Auffassung des OLG Bamberg (s.o.) ein Verstoß gegen die Pflichten eines sorgfältigen Kraftfahrzeugführers zu sehen, § 1 Abs. 2 StVO. Denn wesentliche Fahrzeugfunktionen werden über Pedale mit Fußkontakt gesteuert, weshalb das Fahren ohne bzw. mit ungeeignetem Schuhwerk infolge einer dadurch bedingten Fehlbedienung der Pedale oder eines Abrutschens von den Pedalen mit erheblichen Risiken verbunden ist. Also: Augen auf und festes Schuhwerk an, dann ist man auf der sicheren Seite, auch bei den sicherlich bald wieder herrschenden sommerlichen Temperaturen, die wohl nur in den letzten Tagen etwas zurückgegangen sind (11.07 2019 ra).

 

MIETRECHT: Was Mieter bei der Nutzung eines Balkons beachten sollten

  

Letzte Woche hatten wir darauf hingewiesen, was beim Grillen auf dem Balkon einer Mietwohnung unbedingt beachtet werden muss. Heute wollen wir einmal genauer beleuchten, was bei der Nutzung eines Balkons generell zu beachten ist. Das Grundsätzliche einmal gleich vorneweg: Der Balkon gehört zur Wohnung und darf deshalb vom Mieter auch entsprechend den Regelungen des Mietvertrags genutzt werden. Stühle, Bänke, Tische oder Sonnenschirme dürfen also aufgestellt und benutzt werden. Natürlich darf man auch mit Freunden und Bekannten auf dem Balkon zusammensitzen, Kaffee trinken, reden und feiern. Allerdings gilt spätestens ab 22 Uhr Nachtruhe, befand das Landgericht (LG) Frankfurt (Az.: 2/210424/88). In aller Regel ist es auch erlaubt, Blumenkästen, Blumenkübel und Blumentöpfe aufzustellen, wobei unbedingt darauf zu achten ist, dass sie sicher aufge­stellt und befestigt sind, sodass ein Um- oder Herab­fallen ausge­schlossen ist und insbesondere Dritte nicht gefährdet werden. Sogar auf der Balkonaußenseite dürfen Blumenkästen angebracht werden, meint jedenfalls das Amtsge­richt (AG) München (Az.: 271 C 23794/00). Voraus­setzung ist auch hier eine sichere Befes­tigung. Sogar kleinere Rankgitter sind unter Umständen erlaubt, wobei hier auf jeden Fall darauf geachtet werden muss, dass durch das Aufstellen das Eigentum des Vermieters nicht beschädigt wird. Probleme sind vorprogrammiert, wenn eine einheit­liche Gestaltung vorge­sehen ist. Für diesen Fall müssen Blumentopf & Co. verschwinden, das hat das LG Berlin so entschieden (Az.: 67 S 127/02). Es muss auf jeden Fall auch darauf geachtet werden, dass Gießwasser nicht die Fassade hinunterläuft und Gebäudeteile oder Nachbarn beeinträchtigt (AG München – Az.: 271 C 73794/00). Mehrere Gerichte haben bereits entschieden, dass Mieter berechtigt sind, die Miete zu kürzen, wenn der Balkon nicht genutzt werden kann, beispielsweise weil er repara­turbedürftig ist oder der Vermieter ihn abreißen lässt (LG Berlin – Az.: 29 S 24/86). Auf dem Balkon darf schließlich auch in aller Regel eine Wäscheleine gespannt und Wäsche getrocknet werden, dies selbst dann, wenn im Hof eine Wäschespinne bereit­steht, so jedenfalls das LG Frankfurt (Az.: 2/210424/88). Wenn das alles berücksichtigt wird, sollte der Nutzung des Balkons kein (juristischer) Hinderungsgrund mehr entgegenstehen (04.07 2019 ra).

 

MIETRECHT: Ist Grillen auf dem Balkon einer Mietwohnung eigentlich erlaubt?

 

Grundsätzlich sollte der zwischen Vermieter und Mieter geschlossene Mietvertrag regeln, ob das Grillen auf einem Balkon verboten ist oder nicht. Manchmal hilft auch ein Blick in die Hausordnung. Dabei stellen dann viele Mieter fest, dass in Mehrfa­mi­lienhäusern das Grillen auf Balkonen ausge­schlossen ist. Ein Mieter, der sich nicht daran hält, riskiert deshalb die Kündigung des Mietverhältnisses. Das hat beispielsweise bereits das Landge­richt (LG) Essen so entschieden (Az.: 10 S 438/01). Wenn das Grillen nicht ausdrücklich ausge­schlossen ist, muss es die Nachbarschaft in den Sommer­mo­naten grundsätzlich hinnehmen. Aber leider gilt auch hier, dass es keine Regel ohne Ausnahme gibt. Grundsätzlich gilt, dass derjenige, der sich belästigt fühlt, einem Urteil des LG München I zufolge diese (vermeintliche) Belästigung auch beweisen muss (Az.: 15 S 22735/03). Man sollte aber des lieben Nachbar­schafts­friedens willen auf jeden Fall darauf achten, dass niemand durch die Rauch- (und teilweise auch die Lärm-) entwicklung auf dem Balkon gestört oder auf anderweitige Art und Weise belästigt oder gar geschädigt wird. Wer Beschwerden Anderer geflissentlich ignoriert, kann sogar mit einem Bußgeld belegt werden, befand zumindest das Oberlan­des­ge­richt (OLG) Düsseldorf in einer allerdings schon älteren Entscheidung (Az.: 5 Ss (OWi) 149/95). Die Richter des LG Stuttgart lieferten in einer Entscheidung gleich auch noch Tipps zur Qualm­min­derung: Auf Kohle sollte verzichtet, auf Elektro umgestiegen und Alufolie und -schalen benutzen werden (Az.: 10 T 359/96). Das Umweltbewusstsein jedenfalls schien seinerzeit noch nicht so stark ausgeprägt gewesen zu sein. Und Achtung: Bei der Zahl der erlaubten Grill­feten pro Jahr gehen die Richtermeinungen weit ausein­ander: Während das LG München I großzügig ist und 16 Partys in vier Monaten akzep­tiert hat (Az.: 15 S 22735/03), sind nach Auffassung des OLG Oldenburg nur vier Grillfeten im Jahr erlaubt (Az.: 13 U 53/02). Das LG Aachen beschränkt Grill­freuden auf zwei Feiern im Monat und verbannt dabei die Griller in den hinteren Teil eines Gartens, sodass die Frage, ob das Grillen auf einem Balkon erlaubt sein könnte, nicht entschieden werden musste (Az.: 6 S 2/02). Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte vor dem Räucher-Event die örtlichen Vorschriften über die Gemeinde klären und seinen Mietvertrag gründlich prüfen oder Rücksprache mit dem Vermieter bzw. der Hausverwaltung halten. Wenn dann auch noch potentiell betroffene Nachbarn zu der Grillfete eingeladen werden, kann Ärger von vornherein sicherlich vermieden werden (27.06 2019 ra).

 

REISERECHT: Schadensersatz für zurückgelassenen Fluggast

 

Aufgepasst zur Urlaubszeit: Nachdem er sich auf einen „bombigen“ Urlaub gefreut hatte, wurde ein Flugreisender am Check-In-Schalter seiner Fluglinie in Düsseldorf zurückgelassen und nicht in die USA befördert. Zu Unrecht, wie nun das Amtsgericht (AG) Düsseldorf urteilte und dem Fluggast deshalb eine satte Entschädigung zusprach. Was war geschehen? Die Fluggesellschaft hatte den urlaubsfreudigen Passagier in Düsseldorf im wahrsten Sinne des Wortes „sitzen lassen“, weil er im Rahmen des Check-Ins auf die Frage, welchem Zweck seine Reise in die USA diene, geantwortet hatte, er wolle in Florida einfach nur einen „bombigen Urlaub“ verbringen. Daraufhin entschieden die Mitarbeiter der Fluggesellschaft in Düsseldorf, den Kunden nicht zu befördern, obwohl er – nachdem die Einsicht wohl zurückgekehrt war, dass dieser Scherz den Mitarbeitern der Fluglinie in den falschen Hals geraten war - mehrfach beteuerte, er habe „bombig“ natürlich im Sinne von „toll“ oder „phantastisch“ gemeint. Gleichwohl wurde er von der Beförderung nach Florida ausgeschlossen und durfte sich deshalb in Düsseldorf über seinen misslungenen Scherz ärgern. Der Ärger ging nun so weit, dass er die Gesellschaft vor dem Amtsgericht in Düsseldorf auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch nahm. Offenbar zu Recht, wie nun das AG Düsseldorf befand (Az.: 42 C 310/18) und dem Zurückgebliebenen eine Entschädigung in Höhe von EUR 1.400,00 zusprach. Das Gericht war nämlich der Auffassung, dass die Airline die sicherlich unglückliche Formulierung durchaus hätte richtig verstehen können und auch richtig hätte verstehen müssen. Ob die Airline vor dem Beförderungsausschluss noch Rücksprache mit den Behörden in den USA, die bei vergleichbaren Äußerungen bekanntlich keinen Sinn für Humor entwickeln, gehalten hatte oder nicht, blieb im Rahmen des Verfahrens offen, da ein Vertreter der Fluggesellschaft zum Verhandlungstermin nicht erschienen war (13.06 2019 ra).

 

ZIVILRECHT: Landgericht Düsseldorf weist Klage eines schlecht schlafenden Ehepaars ab

 

Nach dem Erwerb eines Boxspringbetts setzten bei einem Ehepaar plötzlich Schlafstörungen ein, die das Paar hinzunehmen nicht bereit war. Ständig falle man aus dem Bett oder in die „Besucherritze“ hinein, selbst das Liebesleben sei hierdurch betroffen, so das Ehepaar weiter, das sich daraufhin entschloss, den Verkäufer zur Rücknahme des Bettes und zur Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von etwa EUR 1.500,00 aufzufordern. Nichts da, antwortete dieser, das Bett sei völlig in Ordnung, sodass sich beide Parteien zunächst vor dem Amtsgericht (AG) Neuss, letzten Endes dann sogar vor dem Landgericht (LG) in Düsseldorf wieder trafen, wo das Paar seine Ansprüche gerichtlich geltend machte. Beide Gerichte nahmen die Sache zwar offensichtlich ernst, wiesen die Klage aber gleichwohl kostenpflichtig zu Lasten der Kläger ab. In seinen Urteilsgründen (vom 09.05.2019 – Az.: 19 S 105/17) führte das LG Düsseldorf aus, dass es konstruktiv bedingt sei, wenn bei einem Boxspringbett die zwei getrennt liegenden Matratzen beim Liegen in der Bettmitte auseinanderdriften und so eine "Besucherritze" bilden, was demzufolge keinen Mangel des Bettes darstellt und dazu führte, dass das Gericht die Klage des Ehepaares aus Dormagen abwies. Argumentiert hatten die Kläger dahingehend, dass das Bett derart schwinge, dass man ständig heraus oder in die "leidige Besucherritze" hineinfalle. Das AG Neuss wies die Klage ab und die Kläger darauf hin, dass sich das Bett nach Auffassung des Gerichts in einem einwandfreien Zustand befinde. Mit dieser Entscheidung wollte sich das Ehepaar aber – vermutlich dank einer eintrittspflichtigen Rechtsschutzversicherung - nicht abfinden und ging gegen das aus der Sicht der Kläger rechtsfehlerhafte Urteil des Amtsgerichts in Berufung. Das LG Düsseldorf wollte da verständlicherweise auf Nummer sicher gehen und bestellte deshalb, so muss das sein, einen Sattler- und Polsterermeister zum Sachverständigen und beauftragte diesen mit der sachverständigen und damit sicherlich auch kostspieligen Untersuchung des Bettes. Dessen Bewertung dürfte die Kläger überrascht haben, denn die Liegeprobe des Profis hatte ergeben, dass die Matratzen auch bei teils heftigen Bewegungen – wie diese im Einzelnen nun erzeugt und bewertet wurden, soll nicht näher hinterfragt werden - zwar leicht in Schwingung gerieten, gleichzeitig aber in ihrer ursprünglichen Position verblieben und deshalb nicht verrutschten. Nun aufgepasst, liebe Kläger, so das Landgericht weiter: Es liegt auf der Hand, dass eine Matratze in einem Bettkasten besser gegen Verrutschen gesichert ist, als bei dem von den Klägern ausgewählten Boxspringbett. Aber: Das leichte Schwingen der Matratzen und die "Besucherritze" selbst seien ein konstruktiver Nachteil, der nun einmal hingenommen werden müsse, wenn man sich für ein Bett ohne Bettkasten entscheidet. Und: Der hinzunehmende Nachteil werde im Übrigen wieder dadurch aufgewogen, dass der fehlende Bettkasten dazu führe, dass der Seiteneinstieg wesentlich erleichtert werde. Diese für das Gericht eindeutige Sachlage dürfte schließlich auch der Grund dafür gewesen sein, dass sich das Gericht nicht mehr zu den (vermeintlich) negativen Auswirkungen äußerte oder äußern wollte, die das Bett auf das Liebesleben des Paares ausgeübt habe. Denn jedenfalls zum Schlafen "als seinem eigentlichen Zweck" sei das Bett bestens geeignet. Respekt vor einer solch weitsichtigen, fundierten und wissenschaftlich nachvollziehbaren Entscheidung (06.06.2019 ra).

 

FÜHRERSCHEINRECHT: Welche Konsequenzen „Knöllchensammlern“ drohen können 

 

Wer kennt das nicht, der täglich mit dem Auto zur Arbeit fährt: Anstatt einen Tages-Parkschein zu lösen, riskieren viele Autofahrer ein Knöllchen, was u.U. preiswerter ausfallen kann, als ein Ticket zu ziehen. Drohen dann eigentlich ab einer bestimmten Anzahl von „Strafzetteln“ Punkte in Flensburg oder ist gar der Führerschein gefährdet? Konsequenzen muss man in der Tat in Kauf nehmen: Bei demjenigen, der sehr häufig falsch parkt (und dabei erwischt wird), können nämlich Zweifel an der Fahreignung bestehen. Diesen Zweifeln kann die Fahrerlaubnisbehörde dann durch Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) nachgehen, dem im Volksmund sehr bekannten „Idiotentest“. Wird die MPU nicht bestanden oder nicht fristgerecht absolviert, ist der Führerschein weg, weil dem Betreffenden „ein gespaltenes Verhältnis zur Straßenverkehrsordnung“ attestiert wird. Das fristgerechte Zahlen schützt übrigens nicht vor den drastischen Konsequenzen. Da es sich auch um Rechtsfragen des ruhenden Verkehrs handelt, ist letzten Endes nicht entscheidend, ob der Halter auch der Fahrer ist. Der Halter haftet in diesem Fall nämlich für den Fahrer, will der Halter seine Unschuld beweisen, muss er der Behörde den Fahrer benennen. Ein Führerschein wird aufgrund von Strafzetteln wegen fehlerhaften Parkens erfahrungsgemäß zwar eher selten einkassiert. Wenn aber etwa 60 bis 80 Knöllchen pro Jahr angesammelt werden, also etwa ein bis anderthalb Bußgeldbescheide pro Woche, kann es u. U. wiederum brenzlig werden. Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat nämlich entschieden, dass ein Fahrzeughalter, der sich 127 Knöllchen eingefangen und zusätzlich noch 17 Geschwindigkeitsüberschreitungen in anderthalb Jahren begangen hatte, damit rechnen muss, dass die Fahrerlaubnis entzogen wird (Beschluss vom 10. September 2012; Az.: VG 4 L 271.12), obwohl der Fahrzeughalter angegeben hatte, dass er nicht alle Strafzettel selbst verschuldet hatte. Der Führerschein war erst einmal futsch. Dass diese Konsequenzen eher selten drohen, hängt auch damit zusammen, dass man als Sünder eher selten an der gleichen Stelle, zumindest aber nicht in der gleichen Stadt erwischt wird. Dann nämlich wechseln die Zuständigkeiten der jeweiligen Behörde – und dann fällt ein wiederholtes Vergehen eher selten auf. Ausgeschlossen ist dies indes nicht!  Punkte in Flensburg drohen in aller Regel nicht. Zumindest dann nicht, wenn es sich um bloße Strafzettel infolge eines fehlenden Parkscheins handelt. Anders kann es aber sein, wenn durch ein ruhendes Fahrzeug ein Rettungsweg versperrt oder ein Rettungsfahrzeug behindert wird. Dann sind seit Inkrafttreten des neuen Bußgeldkatalogs EUR 60,00 fällig und einen Punkt gibt’s oben drauf (29.05 2019 ra).

 

ZIVILRECHT: Müssen „verpasste“ Arzttermine eigentlich vergütet werden?

  

Leider wird diese Frage von der Rechtsprechung und den beteiligten Kreisen nach wie vor kontrovers beantwortet. Erst kürzlich forderte ein Ärzteverband, ein solches Ausfallhonorar, das bis zu EUR 40,00 betragen soll, generell einzuführen. Eine einheitliche gesetzliche Regelung hierzu gibt es aber (bislang) nicht, bedauerlicherweise aber auch keine einheitliche Rechtsprechung. Immerhin beträgt der Anteil von unentschuldigt nicht wahrgenommenen Terminen einer Erhebung zufolge zwischen 5 und 20% der vereinbarten Arzttermine. Es ist leicht nachvollziehbar, dass speziell bei „Bestellpraxen“, die nur feste Termine vergeben, hierdurch ein wirtschaftlicher Schaden entsteht, sodass der Verband der niedergelassenen Ärzte (NAV-Virchow-Bund) fordert, von den Patienten eine Ausfallgebühr zu erheben. Darüber hinaus fordert der Verband eine vierwöchige Terminsperre für „Termin-Schwänzer“. Anders sehen das etliche Krankenkassen, die argumentieren, dass die Vereinbarungen über Ärztevergütungen bereits Zeiten berücksichtigten, in denen Patienten nicht erscheinen. Dann würden Ärzte durch Ausfallgebühren also quasi doppelt „kassieren“. Darüber hinaus würden ja auch Patienten, die trotz Terminvereinbarung lange Wartezeiten über sich ergehen lassen müssen, im Umkehrschluss hierfür keine Entschädigung erhalten. Die Frage, ob Ausfallgebühren überhaupt zulässig sind, ist derzeit weder gesetzlich geregelt, noch gibt es eine einheitliche Rechtsprechung hierzu. So hat beispielsweise das Landgericht (LG) Berlin – allerdings bereits 2005 – entschieden (Az.: 55 S310/04), dass ein generelles Ausfallhonorar im Anmeldeformular einer Zahnarztpraxis nicht zulässig sei, wobei es seinerzeit um eine Gebühr von EUR 75,00 gegangen ist, die zu bezahlen gewesen wäre, wenn der Termin nicht mindestens 24 Stunden im Voraus abgesagt wurde. Anders hat dies das Amtsgericht (AG) Diepholz im Jahr 2011 gesehen (Az.: 2 C 92/11) und hat geurteilt, dass eine Praxis für aufwändige Behandlungen bei Nichterscheinen oder zu kurzfristiger Absage in bestimmten Fällen ein Ausfallhonorar verlangen könne, wobei Schaden und damit auch Honorar möglichst klein zu halten seien. Das ersichtlich jüngste Urteil hat das AG Bremen im Jahr 2012 veröffentlicht und darauf hingewiesen (Az.: 9 C 0566/11), dass Patienten abgesprochene Termine jederzeit und vor allem folgenlos stornieren dürften. Verallgemeinern darf man diese Entscheidung allerdings nicht. Um einen drohenden Konflikt zu vermeiden empfiehlt es sich (dies gilt Übrigens auch bei fix vereinbarten Rechtsanwaltsterminen!), fest vereinbarte Termine möglichst einzuhalten, anderenfalls aber zumindest rechtzeitig und möglichst schriftlich abzusagen. Dies gebieten aus unserer Sicht der Dinge auch Fairness und Höflichkeit (23.05 2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Glück für „Raser“ wegen einer angekündigten gerichtlichen Entscheidung?

 

Der saarländische Verfassungsgerichtshof will zeitnah in den nächsten Wochen eine Entscheidung verkünden, die sich für viele „Temposünder“ entscheidend und möglicherweise sehr positiv auswirken könnte. Viele Beobachter des Verfahrens gehen nämlich davon aus, dass das Gericht verlangen wird, dass ein geblitzter Autofahrer im Rahmen der Prüfung, ob die Messung ordnungsgemäß vorgenommen wurde, verlangen kann, dass die entsprechenden Messdaten beigezogen werden. Doch viele der aktuell eingesetzten Anlagen speichern diese Daten gar nicht ab. Dies wird möglicherweise dazu führen, dass Messungen solcher Geräte einer gerichtlichen Entscheidung vorerst nicht mehr zugrunde gelegt werden können. Zunächst müssten diese Geräte vielmehr umgerüstet oder ausgetauscht werden. Die Entscheidung würde zwar zunächst nur für das Saarland gelten, doch eine Signalwirkung für andere Bundesländer wäre quasi vorprogrammiert. Zugrunde liegt der Fall eines Transporterfahrers, der wegen einer angeblichen Geschwindigkeitsüberschreitung von 27 km/h zu einer Geldbuße von EUR 100,00 verurteilt und mit einem Punkt im Fahreignungsregister bedacht worden war. Das Gericht machte nun deutlich, dass die Frage, ob und wie sich ein Betroffener zu Wehr setzen kann, wenn Messdaten gar nicht abgespeichert werden, entschieden werden müsse. Es gehe also "um sehr grundsätzliche Fragen von Verteidigungsrechten und Fairnessgeboten". Das zum Einsatz gekommene Gerät speichert keine Daten der eigentlichen Messung ab, was bislang nur wenige Gerichte beeindruckte. Diese gingen nämlich davon aus, dass es sich um ein sog. "standardisiertes Messverfahren" handelt. Der Betroffene kann die Messung juristisch zwar anzweifeln; doch ohne Prüfung der sog. Rohmessdaten ist dies nur sehr begrenzt möglich. Die Mehrzahl der Gerichte spricht nun den Betroffenen einen Anspruch auf die Messdaten zu, um diese wiederum von Gutachtern prüfen lassen zu können. Möglich ist dies aber faktisch nur bei Videogeräten und bei einem Gerät, das mit einem Helligkeitssensor arbeitet. Bei den meisten Laserscannern werden Messdaten hingegen nicht abgespeichert. Nur ganz wenige Amtsgerichte haben bisher entschieden, dass in einem solchen Fall das Verfahren einzustellen ist. Üblicherweise wird argumentiert, dass die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) die Wirkungsweise derartiger Geräte vor der Freigabe geprüft habe und keine Speicherung der Messdaten vorschreibe. Was das Messgerät also „speichert“ (oder auch nicht) ist also grundsätzlich Sache des Herstellers. Genau das könnte sich nun aber ändern. Ein hinzugezogener Sachverständige machte nämlich deutlich, dass einer Datenauswertung immer ein Modell zugrunde liege. Seien dabei bestimmte Störeinflüsse nicht bedacht worden, liege dies außerhalb des Bereichs, für den das Modell gebildet wurde. Das heißt also konkret, dass die Frage, ob bei einer konkreten Messung ein Störeinfluss vorgelegen hat oder nicht, nur dann geprüft werden kann, wenn die Rohmessdaten vorliegen. Hier sehen sich nun aber die Hersteller der Messgeräte benachteiligt, da man für diesen Fall auch deren Know-how und Kenntnisse tangieren würde. Dies hat den Verfassungsgerichtshofs allerdings offenbar wenig beeindruckt, da andererseits auch die Grundrechte der betroffenen Bürger betroffen sind. Die angekündigte Entscheidung, deren Inhalt natürlich abgewartet werden muss, soll in einigen Wochen verkündet werden, spätestens bis zu den Sommerferien. Also gerade noch rechtzeitig vor dem dann anstehenden Sommerreiseverkehr (16.05 2019 ra).

 

MEDIENRECHT: Was passiert eigentlich mit einem „digitalen Nachlass“? 

 

Wenn ein Mensch gestorben ist, hinterlässt er Spuren. Auch im „Netz“. Es ist dann wichtig zu wissen, wie Konten gelöscht oder Accounts geschlossen werden. Was aber, wenn keine Passwörter hinterlegt sind? Betroffene Familienmitglieder stehen dann oft vor enormen Problemen.  Die einfachste Möglichkeit, Schwierigkeiten zu vermeiden, ist das Hinterlegen der Passwörter. Folgt man allerdings dem Rat, Passwörter regelmäßig zu wechseln, muss auch das hinterlegte Papier stets auf den neuesten Stand gebracht werden, was mühselig aber auch die sicherste Art ist, später Probleme und Schwierigkeiten zu vermeiden. Einige soziale Netzwerke und auch Websites mit Kontofunkton bieten übrigens die Möglichkeit, einen Nachlasskontakt zu bestimmen. Auch daran sollte man bei Zeiten denken. Die entsprechende Person muss zu Lebzeiten bestimmt werden und kann dann im Todesfall das Konto verwalten, allerdings das Konto nicht löschen. Letzteres ist erst durch eine Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen selbst möglich. Ohne Unterlagen ist es sehr schwer, einen Account zu löschen. Man kann zwar auf die Kulanz der Firmen setzen, einfacher aber ist es, wenn man einen Nachweis liefert, der einen als Erben ausweist. Denkbar ist neben Sterbe- oder Geburtsurkunde natürlich ein Erbschein. Gleichwohl gibt es Unternehmen, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) festlegen, dass selbst nach dem Tod die Zugangsdaten geheim bleiben. Grundsätzlich geht zwar das ganze Vermögen und damit auch der gesamte digitale Nachlass inklusive E-Mail-Accounts, Providerverträgen und Auskunftsansprüchen auf den oder auf die Erben des Verstorbenen über. Provider berufen sich gleichwohl auf das Telekommunikationsgeheimnis und weigern sich teilweise, die E-Mails aus dem Account des Verstorbenen herauszugeben, die noch nicht abgerufen sind. Das scheint nach derzeitiger Rechtslage erlaubt zu sein, sodass die Erben auch nicht viel machen können, zumal das zitierte Fernmeldegeheimnis nicht nur ein Geheimnis des Erblassers sondern auch das Geheimnis des Absenders der Nachricht ist. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich mittlerweile mit dem digitalen Nachlass befassen, zumindest, was soziale Netzwerke angeht. Dabei wurde entschieden, dass grundsätzlich dann, wenn der Nutzer eines sozialen Netzwerks stirbt, dessen Konto auf die Erben übergeht. Diese haben also Anspruch auf Zugang zum Konto und darauf, die Nachrichten einzusehen (Urteil vom 12.07.2018– Az.: III ZR 183/17). Geklagt hatte eine Mutter, deren 15-jährige Tochter vor eine U-Bahn gestürzt war. Die genauen Umstände des Todesfalls waren nicht aufzuklären. Die Frau wollte deshalb das Konto ihrer Tochter in einem großen sozialen Netzwerk einsehen um herauszufinden, ob womöglich Selbstmordabsichten geäußert worden waren. Außerdem gehe es darum, Schadensersatzansprüche des U-Bahn-Fahrers abzuwehren. Zwar standen der Mutter die Zugangsdaten zum Konto ihrer Tochter zur Verfügung. Ein Einloggen war aber nicht möglich, weil das Konto in den sogenannten Gedenkzustand versetzt worden war. Ein Zugang war deshalb nicht mehr möglich, die Inhalte blieben aber weiter bestehen. Daraufhin klagte die Mutter, das Landgericht Berlin gab ihr Recht (Urt. v. 17.12.2015 – Az.: 20 O 172/15). In nächster Instanz kippte das Berliner Kammergericht diese Entscheidung aber (Urt. v. 31.05.2017 – Az.: 21 U 9/16), sodass der BGH entscheiden musste. An all diese Umstände sollte man rechtzeitig denken, sodass spätere Probleme von vornherein vermieden sind. Im Ernstfall helfen wir Ihnen natürlich auch bei diesen verzwickten Sachverhalten gerne weiter (09.05 2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: „Maistreiche“ und Strafrecht

  

In der Nacht auf Mittwoch nutzen wieder viele junge Menschen die alljährliche „Walpurgisnacht“, um mehr oder weniger gelungene Scherze zu treiben und dem ein oder anderen einen Denkzettel zu verpassen. Dagegen spricht nichts, so lange sich der Spaß im Rahmen der Gesetze bewegt. Leider wird aber die Nacht zum 1. Mai zu allerlei Streichen benutzt, die allzu oft über das Brauchtum und über das erlaubte Maß hinausgehen. In der Vergangenheit war das Wegräumen von Pflanzenkübeln, Gartenmöbeln und Gartentürchen ein probates Mittel, um sich vor den Maistreichen in den Abend- und Nachtstunden zu schützen. Mittlerweile ist diese Vorgehensweise nach Darstellung etlicher Polizeidienststellen aber wirkungslos, weil Kinder und Jugendliche, teilweise sogar in Begleitung ihrer Eltern, durch Wohngebiete streifen und dabei dann auch Häuser oder andere Gebäude mit Toilettenpapier, Rasierschaum oder Würfen mit rohen Eiern verschandeln. Nicht selten kommt es bedauerlicherweise aber auch vor, dass betrunkene Jugendliche die Nacht zum 1. Mai nutzen, um unter dem Vorwand des Brauchtums Straftaten zu verüben. Dominierend sind hier zwar nach wie vor reine Sachbeschädigungen. Leider kommt es aber auch vor, dass Brände gelegt und Diebstähle vorgenommen werden. Eltern sollten deshalb Jugendliche darüber aufklären, dass auf den ersten Blick vermeintlich „lustige Späße“ zu erheblichen zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen führen können. Wer etwa Kanaldeckel aushebt oder Seile über die Fahrbahn spannt, scherzt nicht, sondern gefährdet absichtlich und rücksichtslos Gesundheit und Leben von Unbeteiligten und macht sich daher strafbar. Daneben stehen enorme Schadensersatzansprüche im Raum, die bei einem Vorsatzdelikt von keiner Haftpflichtversicherung übernommen werden. Deshalb ist es empfehlenswert, bereits vor einem „Maistreich“ darüber nachzudenken, ob es sich wirklich um einen Scherz handelt, der auch von anderen als lustig empfunden wird oder ob die Grenze zu strafbarem Handeln überschritten wäre (30.04.19 ra).

 

STRASSENVERKEHRSRECHT: „Knöllchen“ auf Supermarktparkplätzen

 

Dauerparker auf Supermarktparkplätzen ärgern sich: Die Parkplätze werden immer häufiger von privaten Firmen kontrolliert. Wer dort zu lange parkt, riskiert ein „Knöllchen“, was einen teurer kommen kann, als ein Parkverstoß auf städtischem Grund und Boden. Das Kassieren einer „Strafe“ für überlanges Parken ist grundsätzlich rechtens. Private Parkplatzbetreiber können die Nutzung ihrer Kundenparkplätze durch Aufstellen oder Aushängen einer Parkplatzordnung reglementieren, wobei es sich, rechtlich betrachtet, hierbei um sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt. Beispielsweise wird durch Schilder auf eine Parkscheibenpflicht und die erlaubte Parkdauer hingewiesen. Bei Überschreiten der Höchstparkdauer wird, so der Inhalt der Schilder weiter, ein erhöhtes Parkentgelt fällig. Wird ein Fahrzeug auf einem derart beschilderten Kundenparkplatz abgestellt, akzeptiert man grundsätzlich auch die Parkplatzordnung und schließt damit einen Nutzungsvertrag ab. Werden die Parkregeln nicht eingehalten, führt ein Parkverstoß auf öffentlichem Grund zu einer Ordnungswidrigkeit, die wiederum mit einem gesetzlich normierten Verwarnungs- oder Bußgeld geahndet wird. Bei dem Parkentgelt, dass auf privaten Kundenparkplätzen verlangt wird, handelt es sich in rechtlicher Hinsicht dagegen um eine sog. Vertragsstrafe. Ob deren Höhe angemessen ist, kommt dabei auf den Einzelfall an. Dabei dürften sich die mittlerweile berechneten EUR 15,00 bis EUR 25,00 noch im Rahmen bewegen. Der Betreiber eines Kundenparkplatzes darf einen unberechtigt abgestellten Wagen auch abschleppen lassen. Auf diese Folge wird in der Regel auf den entsprechenden Schildern hingewiesen. Wer trotzdem ohne Parkscheibe parkt, nicht im Laden einkauft oder die erlaubte Höchstparkdauer überschreitet, muss damit rechnen, dass das abgeschleppte Fahrzeug erst nach Bezahlung der Abschleppkosten wieder herausgegeben wird. Dabei bedeutet das unbefugte Parken eine „verbotene Eigenmacht“, sprich eine Beeinträchtigung des Besitzrechts. Um diese Beeinträchtigung zu beseitigen, darf der Besitzer des Kundenparkplatzes, so der Bundesgerichtshof BGH, sein gesetzliches Selbsthilferecht (§ 859 BGB) ausüben und das unberechtigt parkende Fahrzeug abschleppen lassen. Das Abschleppen sei sogar dann zulässig, so die Richter, wenn auf dem Gelände noch andere Parkplätze frei seien (Az.: V ZR 144/08). Jedoch dürfen keine unangemessen hohen Kosten in Rechnung gestellt werden. Maßgeblich ist, so der BGH, wie hoch die ortsüblichen Kosten für das Abschleppen und die vorbereitenden Dienstleistungen sind (Az.: V ZR 229/13). Da das unberechtigte Parken eine verbotene Eigenmacht darstellt und bereits der einmalige Parkverstoß die Vermutung begründet, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt, steht dem Grundstückseigentümer sogar ein Unterlassungsanspruch zu, sodass der Grundstückseigentümer vom Parksünder bereits beim ersten Parkverstoß das Unterlassen des zukünftigen Falschparkens verlangen und den Parksünder abmahnen und von ihm die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangen kann. Auch die Kosten für die Halterermittlung kann er erstattet verlangen. Deshalb Augen auf auch auf privaten Parkplätzen (25.04.19 ra).

 

RECHT AKTUELL: Ostern und Arbeitsrecht

 

Viele Arbeitnehmer freuen sich schon auf die bevorstehenden Osterfeiertage. Doch Ostern löst nicht nur Freude sondern bei vielen Berufsgruppen auch Stress aus: Ärzte, Polizeibeamte, Kellner, Pfleger und viele andere mehr müssen über das Osterwochenende arbeiten. Da stellt sich dann zwangsläufig einmal die Frage, wie eigentlich die gesetzliche Regelung bezüglich der Osterfeiertage aussieht: Karfreitag und Ostermontag sind gesetzlich festgelegte Feiertage, die für Beschäftigte grundsätzlich arbeitsfrei sind. Allerdings sind in den entsprechenden arbeitsrechtlichen Regelungen auch diverse Ausnahmen vom Beschäftigungsverbot festgelegt, beispielsweise im Bereich des Sicherheits- oder des Gesundheitswesens. Hier muss - natürlich möchte man beinahe sagen - auch an Feiertagen eine Versorgung gewährleistet sein. Gesetzlich gibt es übrigens grundsätzlich keinen Anspruch auf sogenannte Feiertagszuschläge, lediglich für geleistete Nachtarbeit an solchen Tagen wird ein Aufschlag gewährt. Ansonsten steht dem an Sonn- oder Feiertagen arbeitenden Mitarbeiter ein Ersatzruhetag zu. Zu beachten ist weiter, dass in den meisten Fällen nicht die gesetzliche Regelung sondern eine individual-vertragliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag gilt. Und in einem Vertrag wiederum ist sehr häufig das individuelle Recht auf mögliche Zuschläge festgelegt. Vielen Arbeitnehmer ist egal, ob es sich beim Ostersonntag nun um einen Sonn- oder einen Feiertag handelt. So ganz gleichgültig ist dies aber nicht für Arbeitnehmer, die auch am Ostersonntag arbeiten müssen. Es gibt nämlich in den meisten Arbeits- und Tarifverträgen erhebliche Unterschiede zwischen Feiertags- und Sonntagszuschlägen, weswegen sich auch das Bundesarbeitsgericht bereits mit diesem Themenkreis beschäftigen musste und dabei festlegte, dass der Ostersonntag in 15 Bundesländern kein Feiertag ist und deshalb eine Klage von Beschäftigten einer Großbäckerei in Niedersachsen abgewiesen wurde, die über mehrere Jahre hinweg von ihrem Arbeitgeber für die Arbeit am Ostersonntag den im Manteltarifvertrag vereinbarten Feiertagszuschlag von 175% erhalten hatten. Da im Jahr 2007 dann plötzlich nur noch der niedrigere Sonntagszuschlag von 75% auf dem Lohnzettel stand, zogen die Arbeitnehmer vor Gericht und trugen dabei vor, dass Oster- und Pfingstsonntage in der christlichen Welt Feiertage seien, was die Vorinstanz bestätigte. Zu Unrecht, wie das Bundesarbeitsgericht dann allerdings feststellte (Urt. v. 17.03.2010, Az.: 5 AZR 317/09). Nur das Land Brandenburg hat den Ostersonntag offiziell zum Feiertag erklärt, was übrigens auch für den Pfingstsonntag gilt. Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass die Verteilung des Urlaubs grundsätzlich zwar nicht im Ermessen des Arbeitgebers liegt. Gleichwohl ist es dem Arbeitgeber grundsätzlich gestattet, Betriebsferien anzuordnen. Dabei sollte aber generell darauf geachtet werden, dass diese „Zwangspause“ in den Schulferien liegt, sodass eine Benachteiligung von Eltern vermieden wird. Weiter sollte der Arbeitgeber die auf diesem Weg verordnete Freizeit so früh wie möglich ankündigen, damit sich alle Arbeitnehmer darauf einstellen können. Hat der Betrieb schließlich einen Personal- oder Betriebsrat, darf der Arbeitgeber nicht in Eigenregie entscheiden, sondern muss deren Zustimmung einholen. So, und nun wünschen wir Ihnen frohe Osterfeiertage (18.04.19 ra).

 

RECHT AKTUELL: Gerichte müssen sich mit "Kuhglockengeläut" auseinandersetzen

 

Ein Nachbarschaftsstreit beschäftigt seit etlichen Jahren die bayerische Justiz. Nun musste sich sogar das Oberlandesgericht (OLG) München mit dem Fall beschäftigen und kam zu der Schlussfolgerung, dass die Glocken der auf einer Weide grasenden Kühe einer Nachbarin weiter läuten dürfen (Urteil vom 10.04.2019, Az. 15 U 138/18). Geklagt hatte ein an das Grundstück angrenzendes Ehepaar, das ein Ende des Kuhglockengebimmels verlangt hatte und zuvor schon in getrennt geführten Verfahren vor dem Landgericht (LG) München II unterlegen war. Der „Knackpunkt“ in beiden Verfahren lag nun offenbar darin, dass der Mann bereits im September 2015 mit der Halterin der Kühe vor dem Amtsgericht (AG) Miesbach einen Vergleich geschlossen hatte, der zum Inhalt hatte, dass die Kühe der nördlichen Grundstückshälfte fernbleiben müssen und nur noch auf dem entfernteren südlichen Teil grasen dürfen, woran sich die Eigentümerin der Kühe auch hielt. Den Nachbarn war dies aber weiterhin zu laut, sodass sie weiter gegen die Halterin der Kühe vorgingen. Vergebens, wie das Oberlandesgericht nun feststellte, mit dem Vergleich sei nämlich eine zeitlich unbegrenzte und auf das ganze Gebiet bezogene Nutzungsregelung getroffen worden. Für eine nochmalige gerichtliche Rechtsverfolgung fehle daher das Rechtsschutzinteresse. Der Vergleich, so das Gericht weiter, beziehe sich dabei nicht nur auf das Gebimmel der Kuhglocken sondern auch auf Fliegen, die um die Kühe herum und von dort aus auch auf das Anwesen der Nachbarn schwirren, sowie das Ausbringen von Gülle, Jauche und Mist. Es wird abzuwarten bleiben, ob die jahrelange Auseinandersetzung damit ein Ende finden wird… (11.04.19 ra).

 

ORDNUNGSWIDRIGKEITSRECHT: Alkoholkontrolle auf Privatparkplatz möglich?

 

Ein Gericht darf auch das Ergebnis einer auf einem privaten Parkplatz durchgeführten Alkoholkontrolle zu Lasten des betroffenen Autofahrers verwerten. Das hat das Amtsgericht (AG) München entschieden. Was war geschehen? Ein Autofahrer bog spät in der Nacht mit seinem Auto von der Straße her kommend auf sein Grundstück ein, wo er nach einer etwas längeren Einfahrt schließlich auf seinen Parkplatz steuerte und den Wagen abstellte. Unglücklicherweise war ihm die Polizei mit einem Streifen­wagen gefolgt und forderte den Betroffenen auf, einem Atem­alkohol­test zuzustimmen, womit der Autofahrer einverstanden war. Nachdem der Test positiv ausfiel wurde anschließend auf der Wache ein Wert von etwa 0,75 o/oo fest­gestellt. Das wiederum schien dem Unglücklichen nicht nachvollziehbar, er sagte vor Gericht aus, dass er beim Essen nur Weinschorle getrunken und sich nicht beeinträchtigt gefühlt habe. Weiter war er der Auffassung, dass die Ergebnisse der auf seinem Grundstück vorgenommenen Verkehrs­kontrolle vor Gericht nicht verwertet werden dürften. Das sah das AG München nun allerdings anders (Beschluss vom 07.09.2018 – Az.: 953 OWi 421 Js 125161/18) . Unerheblich sei, so das GeRicht, ob die allgemeine Verkehrs­kontrolle ohne konkreten Verdacht habe stattfinden dürfen oder nicht, da selbst dann, wenn man hiervon nicht ausgehen dürfe, die Beamten wegen des dort ermittelten Tat­verdachts die nötigen Maßnahmen hätten einleiten dürfen, sodass das Handeln der Beamten also korrekt gewesen sei. Der Mann sei schließlich zuvor auf öffentlichen Straßen gefahren und die Beamten hätten deshalb abwarten dürfen, um die Verkehrs­kontrolle dann durchzuführen, nachdem der Mann sein Ziel erreicht hatte. Deshalb hat das Gericht entschieden, dass Ordnungs­widrigkeiten auch dann verfolgt werden dürfen, wenn sie erst auf privatem Grund fest­gestellt werden. Der Betroffene wurde zu EUR 500,00 Geldbuße und einem ein­monatigem Fahrverbot verurteilt (04.04.19 ra).

 

RECHT AKTUELL: Frühjahr… Zeit (auch) für´s Autowaschen! Recht und Waschstraßen

 

Die Aussicht auf ein sonniges Frühjahr lockt auch in diesem Jahr wieder etliche Autobesitzer in Waschhallen und Waschstraßen. Doch wie sieht es eigentlich aus, wenn das Fahrzeug beim Waschvorgang beschädigt wird? Der Betreiber der Waschstraße ist grundsätzlich dann schadensersatzpflichtig, wenn der Kunde zunächst einmal beweisen kann, dass der Schaden im Zuge der Anlagennutzung (und nicht bereits früher) entstanden ist. Steht dies fest (was beispielsweise durch verbindliche Einschätzung eines Sachverständigen geschehen kann), kann sich der Anlagenbetreiber auf den Standpunkt stellen, dass ihn an der Beschädigung kein Verschulden trifft. Dann wiederum ist in der Regel der Waschhallenbetreiber gefordert, das fehlende Verschulden zu beweisen. Allerdings ist es, wie gesagt, zunächst grundsätzlich Aufgabe des anspruchstellenden Geschädigten, den Beweis einer kausalen Schädigung in der Waschhalle zu führen. Gelingt dieser Nachweis nicht, haftet der Betreiber der Anlage grundsätzlich nicht für Schäden. Weiter muss der Nutzer der Waschstraße im Ernstfall aber auch beweisen können, dass er die erforderliche Sorgfalt bei Nutzung der Anlage beachtet hat. Viele Waschanlagenbetreiber regeln übrigens im Rahmen sog. „Allgemeiner Geschäftsbedingungen“ (AGB) die Rechte und Pflichten sowohl des Anlagenbetreibers als auch des Kunden. In diesem „Kleingedruckten“ finden sich häufig Sicherungs- und Warnhinweise, wie beispielsweise bezüglich des Sicherns der Antenne. Sofern die AGB Vertragsbestandteil wurden, was regelmäßig bei Aushang der Geschäftsbedingungen im Eingangsbereich der Waschstraße der Fall sein dürfte, müssen diese Vorgaben auch beachtet werden, anderenfalls haftet der Betreiber der Anlage nicht. Nach Vertragsschluss ausgehändigte Bedingungen (z.B. auf der Quittung) werden nicht mehr Vertragsbestandteil, da der Vertrag zu diesem Zeitpunkt bereits geschlossen war. Schadenersatz kann unter Umständen aber beispielsweise dann verlangt werden, wenn ein Schild lediglich bestimmt: „Antenne einschieben oder abnehmen“ und sich an Ihrem Fahrzeug eine diebstahlsgesicherte Antenne befindet, die weder eingeschoben noch abgenommen werden kann. Hier wäre es grundsätzlich Sache des Betreibers, einen geeigneten Hinweis zu erteilen und dem Kunden ggf. von der Benutzung der Waschanlage abzuraten. Häufiger Anlass für Ärger bilden auch Lackschäden durch nicht ordnungsgemäß arbeitende oder verschmutzte Reinigungsbürsten. Diese Schäden sind in der Regel vom Waschanlagenbetreiber zu ersetzen, da dieser darauf zu achten hat, dass sich in den Waschbürsten keine Fremdkörper befinden, die nicht unerhebliche Lack- und Schrammschäden verursachen können, wobei die Rechtsprechung davon ausgeht, dass dem Betreiber eine lückenlose Kontrolle der Bürsten nach jedem Fahrzeug nicht zuzumuten ist. Enthalten die AGB Haftungsbeschränkungen, verweigern Waschanlagenbetreiber häufig den Ersatz der in der Waschstraße entstandenen Schäden, wobei sich oft Klauseln finden, die eine Haftung für außen an der Karosserie angebrachte Teile (z.B. Zierleisten, Spiegel, Antennen) sowie dadurch verursachte Lack- und Schrammschäden ausschließen, es sei denn, dass den Waschanlagenbetreiber grobes Verschulden trifft. Diese Haftungsbeschränkung wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) als unzulässig erklärt, da der Kunde dadurch unangemessenen benachteiligt wird (Urteil vom 30.11.2004, Az. X ZR 133/03). Schließlich ist anerkannt, dass der Waschanlagenbetreiber vorab zu prüfen hat, ob ein Fahrzeug für seine Anlage nun geeignet ist oder nicht. Wird es versäumt, ein Fahrzeug zurückzuweisen, bei dem aufgrund besonderer aber offensichtlicher Umstände die Benutzung der Waschanlage zu einer Beschädigung des Fahrzeuges führen kann, kann dies wiederum eine Schadensersatzpflicht nach sich ziehen. Kunden müssen allerdings nicht darauf hingewiesen werden, dass die Scheibenwischer in die Ruhestellung versetzt oder Fenster geschlossen werden müssen. Schließlich sollten Sie Ihr Fahrzeug noch auf dem Gelände der Waschanlage auf Schäden kontrollieren, offensichtliche Schäden, die durch die Waschanlage entstanden sind, sollten sofort gemeldet werden. Es empfiehlt sich aus Beweissicherungsgründen, auf eine schriftliche Bestätigung zu bestehen. Zwar können Ersatzansprüche wegen nicht offensichtlicher Schäden auch noch gestellt werden, wenn das Grundstück bereits verlassen wurde. Allerdings dürfte es dann schwierig wenn nicht sogar unmöglich werden, den Nachweis dafür zu liefern, dass der Schaden tatsächlich in der Waschanlage entstanden ist (28.03.19 ra).

 

REISERECHT: Reisemangel bei abgeräumtem Büffet?

 

Strahlender Sonnenschein heute in Villingen-Schwenningen, deshalb wieder ein Beitrag aus der Rubrik „Reiserecht“: Neben weiteren Reisemängeln monierten die Kläger eines am Amtsgericht (AG) München rechtshängigen Zivilverfahrens, dass im Rahmen einer 14-tägigen Pauschalreise in die Türkei die Speisen im Bereich des Buffets nur langsam nachgefüllt wurden, nachdem Staatsangehörige, deren Nationalität nicht erwähnenswert erscheint, das Büffet regelrecht „geplündert“ hatten. Häufig seien halbleere Salat- oder Fleisch-Gedecke zurückgeblieben, weil bei Eröffnung des Buffets vor dem Eingang bereits Personen warteten, dann ihre Teller voll luden, ein paar Mal darin rumstocherten und sich dann einen neuen Teller holten, sodass für die anderen kaum noch etwas übrig blieb und das Personal Probleme hatte, das Büffet wieder aufzufüllen. Das Personal wiederum habe aber immer nur einzelne Bereiche aufgefüllt, sodass es nie ein komplettes Büffet gegeben habe. Das AG München hat nun geurteilt Az.: 274 C 18111/15), dass dieser Umstand einen (wenn auch weniger gewichtigen) Reisemangel und nicht nur eine bloße Unannehmlichkeit zu Lasten des Reisenden darstellt. Zwar müsse man es grundsätzlich als allgemeines Lebensrisiko hinnehmen, dass sich andere Personen bei einem Büffet bereits bedient hätten und man deshalb beim Büffet nicht die volle Auswahl vorfinde bzw. auf „Nachschub“ warten müsse. Hier lägen nun aber besondere Umstände vor, weil das Büffet ja fast durchweg und tagtäglich eine äußerst eingeschränkte Auswahl aufgewiesen habe, was darauf beruhte, dass sich eine Gruppe bestimmter Staatsangehöriger zu Beginn des Büffets die Teller übermäßig gefüllt und das Hotelpersonal das Büffet dann nur sehr unzureichend nachgefüllt habe. Weil das Gericht zu der Schlussfolgerung kam, dass für diese Unzulänglichkeit der Verpflegung das Hotelpersonal verantwortlich gewesen sei, das entweder mehr Essen zur Verfügung stellen oder gegen das Fehlverhalten der Gruppe hätte einschreiten müssen, ist durch das Gericht eine Minderung des Reisepreises vorgenommen worden. Das AG München hat den Klägern – auch wegen weiterer Mängel wie Lärm und Ungeziefer - eine Minderung des Reisepreises in Höhe von insgesamt 30 % zugesprochen, wobei ca. fünf bis 10 % auf das mangelhafte Büffet entfielen (21.03.19 ra).

 

RECHT AKTUELL: Klage eines Jurastudenten führt zu pinkfarbenen Parkplatzschildern 

 

Sachen gibt`s… In Oberbayern hatte ein Jurastudent gegen eine Gemeinde geklagt, die Frauenparkplätze ausgewiesen hatte. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hatte man sich schließlich geeinigt, dass die Gemeinde bis Ende Februar statt der bisherigen „Nur Frauen“-Schilder andere Tafeln zu montieren hat. Nun hängen in der Gemeinde keine „Nur Frauen“ Schilder mehr, die in normalem „Parkplatzschild-Blau“ gehalten waren, sondern vielmehr neue Schilder – in knalligem Pink. Hiermit will die Gemeinde deutlich machen, dass es sich lediglich um eine Empfehlung handelt; womit sie dem Rat des damals angerufenen Gerichts folgt, weniger amtlich wirkende Schilder anzubringen. Auch findet sich auf den neuen Schildern nur der Zusatz „Bitte freihalten“, statt wie bisher „Nur Frauen“. Es soll damit klarer zum Ausdruck kommen, dass es sich bei der Ausweisung als Frauenparkplätzen um eine bloße Empfehlung handelt und Männer ohne rechtliche Konsequenzen dort parken dürfen. Dennoch hofft die Gemeinde auf die Einhaltung dieser „Parkregeln“ durch die Verkehrsteilnehmer. In jedem Fall finden die pinken Schilder großen Anklang. Denn wie die zuständige Polizeiinspektion der Gemeinde diese Woche berichtete, sind inzwischen bereits zwei der auffallenden Schilder verschwunden, also wohl gestohlen worden. Die Hoffnung ist, dass es lediglich ein Fasnachts-Gag  war, da die beiden Schilder während der Fasnachtstage abmontiert wurden (14.03.19 js).

 

REISERECHT: 7-jähriges Kind verletzt sich durch verglaste Balkontür, Reiseveranstalter haftet nicht

  

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat im Rahmen eines Berufungsverfahrens eine Entscheidung des Landgerichts Hannover bestätigt, wonach ein Reiseveranstalter dann, wenn ein 7-jähriges Kind gegen eine verglaste aber markierte Balkontür eines Hotelzimmers läuft, diese zerspringt und das Kind dadurch Schnittverletzungen erleidet, hierfür nicht haftet. Was war geschehen? Das Kind lief vom Hotelzimmer auf die Terrasse und übersah dabei, dass die verglaste Balkontür noch verschlossen war. Weil die Scheibe nicht aus Sicherheitsglas bestand und zersprang, erlitt der Junge erhebliche Schnittverletzungen. Auf der Balkontür selbst war unstreitig oben eine milchglasartige Krone aufgeklebt und im unteren Drittel befand sich ein dunkelblauer Punkt. Die Eltern waren nun der Auffassung, dass der Reiseveranstalter für den Unfall verantwortlich sei, und erhoben Zahlungsklage in Höhe von fast EUR 6.800,00 zum Ausgleich der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus dem Unfallgeschehen. Nachdem das Landgericht Hannover die Schadensersatzklage abgewiesen hatte, musste das OLG Celle als Berufungsgericht entscheiden und urteilte nun, dass dem Veranstalter der Reise keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht anzulasten sei. Die Glasfläche der Balkontür sei ausreichend markiert gewesen, sodass es überhaupt nicht mehr darauf ankomme, ob überhaupt eine entsprechende Verpflichtung des Reiseveranstalters bestanden habe, Türmarkierungen in gebuchten Hotels zu kontrollieren bzw. entsprechende Markierungen aufzubringen. Soweit die Klägerseite behauptet habe, dass die Balkontür nicht den örtlichen Bauvorschriften entsprochen habe, bemängelte das Gericht, dass nicht vorgetragen worden sei, dass es nach spanischem Recht überhaupt eine Vorschrift gebe, die bestimmte Anforderungen an Glastüren im Hotelzimmer regele. Es sei aber nicht Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob es solche Vorschriften gebe. Die Klage wurde deshalb auch in zweiter Instanz kostenpflichtig abgewiesen (07.03.2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Narri, narro – Recht und Fasnet 

 

Mit dem „Schmotzigen Dunschtig“ nehmen am heutigen 28.02.2019 die närrischen Tage auch im Bereich der schwäbisch-alemannischen Fasnet unaufhaltsam Fahrt auf. Wir wollen die Gelegenheit nutzen und uns der Frage widmen, ob während der närrischen Tage das üblicherweise geltende Recht eigentlich voll oder nur noch eingeschränkt Anwendung findet. Grundsätzlich gelten Bundes- und Landesgesetze natürlich uneingeschränkt auch während der Fasnettage. Teilweise sind Ordnungshüter jedoch etwas großzügiger und die Rechtsprechung akzeptiert in gewissen Grenzen, die „närrischen Tage“ angemessen bei der Urteilsfindung zu berücksichtigen. Aber auch wenn die Gesetzeshüter in diesen Tagen ab und an ein Auge zudrücken, sollte man sich nicht darauf verlassen, bei allen Vergehen straffrei auszugehen, nicht alles, was Spaß macht, ist erlaubt und der Grat zwischen Spaß und Ernst ist manchmal sehr schmal. Beginnen wir beim Arbeitsrecht: Rosenmontag und Fasnetsdienstag sind natürlich keine gesetzlichen Feiertage, deshalb besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Urlaub an diesen Tagen. Nur dann, wenn der Arbeitsgeber jedes Jahr faschingsfrei gegeben hat, kann eine sog. „betriebliche Übung“ bestehen und die Angestellten dürfen auch in Zukunft mit einer Arbeitsbefreiung rechnen. Strafrecht: Krawatten abschneiden mag zur sog. „Altweiberfastnacht“ gehören, doch nicht unbedingt in jedes Büro. Ob man beim Halbieren der Chef-Krawatte mit Strafe rechnen muss, ist eine regionale Frage. In Bayern beispielsweise oder in Schleswig-Holstein sollte man auf jeden Fall die Finger besser vom Business-Schlips lassen, denn das Krawattenabschneiden stellt grundsätzlich – bundesweit - eine strafbare Sachbeschädigung dar. Doch auch Zivilrecht kann tangiert sein: Sofern der Träger der Krawatte dem Abschneiden zuvor nämlich nicht zugestimmt hat, liegt darüber hinaus eine Eigentumsverletzung vor, die grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet. Ein Einverständnis kann nur dann in engen Grenzen unterstellt werden, wenn sich der Schlipsträger selbst mitten im Karnevalstreiben befindet, er mitfeiert und weiß, dass dieser Brauch an Karneval recht verbreitet ist. Doch auch der Besuch eines Fasnet-Umzugs kann böse Überraschungen nach sich ziehen, beachten Sie bitte: Der Veranstalter muss nicht für jeden Schaden einstehen. Wer im Karneval eine Massenveranstaltung mit Alkoholkonsum besucht, muss – so das Oberlandesgericht Köln – auch damit rechnen, dass Getränke auf den Boden geraten, die dann wiederum eine Rutschgefahr darstellen (Az.: 19 U 7/02). Flüssigkeiten auf dem Fussboden und die damit einhergehende Rutschgefahr können nicht vermieden werden, gleiches gilt für fliegende „Kamellen“ und Lärm: Für ausgeschlagene Zähne (Landgericht Trier: Az.: 1 S 159/94), Kopfschmerzen nach umherfliegenden Bonbons (Amtsgericht Aachen: Az.: 13 C 250/05), ein Knalltrauma wegen des Abfeuerns einer Kamellenkanone oder einen Tinnitus durch laute Musik (Landgericht Trier: Az.: 1 S 18/01) haftet der Veranstalter eines Umzugs jedenfalls nicht. Zuschauer willigen vielmehr stillschweigend in ein derartiges Verletzungsrisiko ein. Wer anderen allerdings einen Schaden zufügt, etwa aus Versehen Getränke auf einem teuren Kostüm verschüttet oder mit der Zigarette ein Loch in einen Mantel brennt, kann grundsätzlich belangt werden und ist zum Schadensersatz verpflichtet. Eine Haftpflichtversicherung ist in diesen Tagen deshalb sicherlich viel wert, tritt aber andererseits natürlich nur bei fahrlässig herbeigeführten Schäden ein. Verwaltungsrecht: Vom „Schmotzigen Dunschtig“ bis Aschermittwoch herrscht in vielen Städten Ausnahmezustand, da drückt auch der Gesetzgeber ab und zu ein Auge zu und „lockert“ das Immissionsschutzgesetz. Dort ist grundsätzlich geregelt, dass ab 22 Uhr Ruhe herrschen sollte. Doch das Amtsgericht Köln hat geurteilt, dass Anwohner in der Karnevalszeit Lärmbelästigungen durch lautes Feiern sogar nach 22 Uhr akzeptieren müssen, zumindest in Karnevalshochburgen (AG Köln, Az.: 532 OWi 183/96; VG Frankfurt a.M., Az.: 15 G 401/99). Führerscheinrecht: Nicht in jedem Fall sind Ordnungshüter allerdings tolerant: Alkohol am Steuer ist ein absolutes Tabu, ab 1,1 Promille gilt die absolute Fahruntüchtigkeit. Wer mit 0,5 o/oo oder mehr am Steuer erwischt wird, muss mit € 500,00 Bußgeld, Punkten im Fahreignungsregister und einem Fahrverbot rechnen. Wer sich betrunken ans Steuer setzt riskiert auch, den Führerschein sowie den Versicherungsschutz des Kaskoversicherers zu verlieren. Einschränkungen können sich im Einzelfall bereits ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,3 Promille ergeben, was bei auffälliger Fahrweise oder einem Unfall Konsequenzen nach sich zieht. Wer sich als echter Narr nur kostümiert zum Umzug begibt, sollte bei der Fahrt am Steuer des eigenen Autos keine Gesichtsmaske tragen. Denn nicht nur das alkoholisierte Fahren kann Konsequenzen nach sich ziehen, schränkt ein Kostüm oder eine Gesichtsmaske die Sicht, das Gehör oder die Bewegungsfreiheit des Fahrers ein, erhöht dies die Unfallgefahr. Führt dies wiederum zu einem Unfall, droht wegen grober Fahrlässigkeit zumindest ein teilweiser Verlust des Kaskoschutzes in der Kfz-Versicherung. Nachdem Sie nun aber wissen, worauf Sie alles achten müssen, kann ja nichts mehr schief gehen und wir wünschen Ihnen eine „glückselige Fasnet“! (28.02.2019 ra)

 

ARBEITSRECHT AKTUELL: Arbeitgeber muss rechtzeitig auf Verfall von Resturlaub hinweisen 

 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer interessanten Entscheidung (Urt. v. 19.02.19, Az.: 9 AZR 541/15) entschieden, dass ein Arbeitgeber rechtzeitig auf den Verfall von Resturlaub hinweisen muss. Anderenfalls erlischt der Resturlaubsanspruch nur dann, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub aus freien Stücken nicht genommen hat. Bereits das Landesarbeitsgericht (LAG) hatte entschieden, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers zum Jahresende zwar grundsätzlich verfallen sei. Allerdings habe dieser Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub verlangen können, weil der Arbeitgeber seiner Verpflichtung, von sich aus rechtzeitig Urlaub zu gewähren, nicht nachgekommen sei, sodass mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Ersatzurlaubsanspruch abzugelten sei. Die bisherige Rechtsprechung hatte grundsätzlich den Verfall des Urlaubsanspruchs angenommen sah nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs vor. Das BAG hat nun die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) umgesetzt und darauf hingewiesen, dass es dem Arbeitgeber zwar vorbehalten sei, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festzulegen. Die gesetzliche Regelung zwinge den Arbeitgeber damit zwar nicht, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren. Allerdings müsse der Arbeitgeber dafür sorgen, dass der Beschäftigte auch in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, erforderlichenfalls den Arbeitnehmer also sogar förmlich auffordert, dies zu tun. Geschieht dies durch den Arbeitgeber nicht klar und rechtzeitig und werde der Arbeitnehmer nicht darauf hingewiesen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht rechtzeitig beanspruche, gehe dies zu Lasten des Arbeitgebers, der demzufolge gegebenenfalls den Resturlaubsanspruch abzugelten habe. Nun muss das LAG aufgrund einer Zurückverweisung aufklären, ob der Arbeitgeber diesen Obliegenheiten nachgekommen ist oder nicht (21.02.2019 ra).

 

ZIVILRECHT AKTUELL: Widerrufsjoker 2.0

 

Ein Hinweisbeschluss des OLG Düsseldorfer zeigt, dass auch bei Autokrediten ein Widerrufsjoker gegeben sein kann. Im zugrundeliegenden Fall gab es im Verbraucherdarlehensvertrag zwischen dem Käufer und der Bank keine Angaben zur Aufsichtsbehörde der Bank, was jedoch eine verbraucherschützende Pflichtangabe ist. Wie auch bei den „normalen“ Bankkrediten führt die fehlende Pflichtangabe zu einem ewigen Widerrufsrecht, da die Widerrufsfrist gar nicht zu laufen beginnt. Auch bei fehlenden klaren und verständlichen Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei einer Kündigung des Vertrages besteht gemäß dem LG Arnsberg ein ewiges Widerrufsrecht. Beim Autokredit führt dies im Gegensatz zum „normalen“ Bankkredit zu dem zusätzlichen Vorteil, dass man so auch seinen möglicherweise bereits etwas älteren PKW loswerden kann. Gerade für Verbraucher, die einen alten Diesel haben, könnte ein Widerruf ihres Autokredits attraktiv sein. Im Fall des Widerrufs wird der Kreditvertrag und der verbundene Autokaufvertrag rückabwickelt, sprich rückgängig gemacht. Das bedeutet, dass das Auto an die Bank zurück geht und die Bank dem Käufer alle Zins- und Tilgungsleistungen sowie eine eventuell geleistete Anzahlung zurückzahlen. Ob man der Bank eine Entschädigung für die bisherige Nutzung des Autos zahlen muss, hängt maßgeblich davon ab, ob der Autokredit nach oder vor dem 13.06.2014 abgeschlossen wurde. Bei einem Abschluss danach kann die Bank möglicherweise keine Entschädigung für die Nutzung verlangen. Das OLG Stuttgart überprüft zur Zeit Autokredite der Mercedes–Benz–Bank im Rahmen einer Musterfeststellungsklage (14.02.2019 so).

 

RECHT AKTUELL: Im engsten Familienkreis darf über Whatsapp beleidigt werden

 

Innerhalb des engsten Familienkreises besteht ein ehrschutzfreier Raum, in dem man sich frei aussprechen kann, ohne gleich eine strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Ebenso kann ein dadurch gegebenenfalls Beleidigter auch nicht verlangen, dass man diese Äußerungen in Zukunft unterlässt. Solche Äußerungen sind als sogenannte ‚privilegierte Äußerungen‘ einzustufen, da sie in einem ‚ehrschutzfreien Raum‘ geäußert werden und deswegen nicht rechtswidrig sind. Dieser Raum stellt einen Bereich der besonders vertraulichen Kommunikation innerhalb sehr enger Vertrauensbeziehungen dar. Gerade der engste Familienkreis fällt in diese enge Vertrauensbeziehung. Es soll einem hierdurch ein persönlicher Freiraum gewährt werden, in dem man sich aussprechen kann ohne gleich eine gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. In dieser ‚beleidigungsfreien Sphäre‘ haben Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder in der Öffentlichkeit wegen ihrem ehrverletzenden Charakter als Beleidigungen einzustufen wären, keine gerichtlichen Konsequenzen. Die moralische Beurteilung von solchen Äußerungen über Abwesende steht dagegen auf einem anderen Blatt (07.02.2019 js). 

 

RECHT AKTUELL: Eine Horrorvorstellung: Arzt vergisst in Knie eine Metallspitze 

 

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat einen Arzt, der bei einer Knieoperation versehentlich die Metallspitze eines Operationsinstruments im Knie des Patienten „vergessen“ hatte, zu einem Schmerzensgeld in Höhe von EUR 20.000,00 verurteilt. Dem bemitleidenswerten Patienten war ein dauerhafter Knorpelschaden entstanden, darüber hinaus hatte der Mediziner nach Ansicht der Richter grob fahrlässig gehandelt, da er die Metallspitze kurz nach dem Eingriff vermisst hatte und dennoch untätig geblieben war. Dies hat das OLG Oldenburg durch Urteil vom 24.10.2018 (Az.: 5 U 102/18) entschieden. Der 46-jährige Kläger musste sich einer Kniegelenksoperation unterziehen. Am Abend bemerkte man dann in der Praxis die fehlende Metallspitze des Operationsinstruments, die in der Arztpraxis auch nicht aufgefunden werden konnte. Deshalb fertigte der Arzt eine Notiz für den Fall, dass die Spitze bei einer Operation im Körper eines Patienten verblieben sein könnte. Der Kläger stellte sich einen Tag später wiederum bei dem behandelnden Arzt zum Verbandswechsel und wieder ein paar Tage später zum Ziehen der Fäden vor. Etwa einen Monat nach der Operation meldete er sich wegen extremer Schmerzen erneut bei dem Arzt, erst eine Röntgenuntersuchung ergab dann, dass bei der Operation tatsächlich die Metallspitze im Knie verblieben war und durch eine weitere Operation entfernt werden musste. Das zunächst zuständige Landgericht sprach ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 12.000,00 zu und wies darauf hin, dass der Arzt dadurch, dass er nicht alle Patienten, die an dem betreffenden Tag operiert worden waren, nachuntersucht habe, einen groben Behandlungsfehler begangen habe. Gegen dieses Urteil gingen nun beide Parteien in Berufung und das OLG sprach dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zu. Zu berücksichtigen sei u.a., dass der Mann einen dauerhaften Knorpelschaden mit erheblichen Schmerzen bei längerem Gehen und Stehen erlitten habe. Dies schränke den vormals sportlich sehr aktiven Mann in seiner Lebensführung erheblich ein. Insbesondere sei aber das ganz erhebliche Verschulden des Arztes zu berücksichtigen, der am Abend des Eingriffs das Fehlen bemerkt und sich damit abgefunden habe, dass einer seiner Patienten hierdurch erheblich verletzt worden sein könnte. Weder beim Wechseln des Verbandes noch beim Fädenziehen habe er abgeklärt, ob die Metallspitze im Knie des Klägers verblieben war. Erst nachdem die Spitze bereits Schäden verursacht habe und der Mann mit erheblichen Schmerzen selbst vorstellig geworden sei, habe man reagiert, sodass dem Arzt daher der Vorwurf gröbster Fahrlässigkeit zu machen sei. Dies wiederum rechtfertige eine deutliche Erhöhung des Schmerzensgeldes (31.01.2019 ra). 

 

RECHT AKTUELL: Diskriminieren Frauenparkplätze? 

 

Sachen gibt`s… Ein Mann in Oberbayern fühlte sich durch Frauenparkplätze diskriminiert. Deshalb ging er gerichtlich gegen die Gemeinde vor, welche die Frauenparkplätze ausgewiesen hatte. Das örtlich zuständige Verwaltungsgericht in München gab dem Kläger nun teilweise recht. Tatsächlich hat die Stadt, so das Gericht, gegen geltendes Recht verstoßen. Städte und Gemeinden dürfen auf öffentlichen Parkplätzen nämlich keine gesonderten Frauenparkplätze ausweisen. Vielmehr dürften im öffentlichen Straßenraum auch nur die Verkehrszeichen, die in der Straßenverkehrsordnung geregelt sind, verwendet werden. Die Verordnung enthält jedoch gar keine solche Beschilderung, die ausschließlich einen Parkplatz für Frauen ausweist. Geklagt hatte ein Jurastudent, der sich durch die Beschilderung diskriminiert fühlte. Auch wenn die zuständige Behörde die Beschilderung als Frauenparkplatz nur als reine Empfehlung oder Frage der Höflichkeit verstanden wissen wolle, dürfe sie solche Schilder nicht aufstellen. Gleichzeitig hat das Gericht aber auch darauf hingewiesen, dass auf privat betriebenen Parkplätzen, etwa von Supermärkten oder in privaten Parkhäusern, das Ausweisen von Frauenparkplätzen zulässig sei. Im zugrundeliegenden Sachverhalt hatte sich der junge Kollege, ein männlicher Autofahrer, über die Beschilderung auf einem Parkplatz in Eichstätt geärgert. Dort hatte die Stadt, eigentlich nachvollziehbar, nach einem tätlichen Angriff auf eine Frau Parkplätze nur für Frauen ausgewiesen. Der Kläger fühlte sich nun als Mann ungleich behandelt, kritisierte aber auch gleichzeitig eine angebliche Diskriminierung von Frauen. In der mündlichen Verhandlung einigten sich Kläger und Stadt nun darauf, dass die Stadt bis spätestens Ende Februar statt der bisherigen "Nur für Frauen"-Schilder andere Schilder montiert, die lediglich eine Empfehlung oder Bitte für das Parken nur durch Frauen aussprechen., sodass das Verfahren mit der Einigung eingestellt werden konnte (17.01.2019 ra). 

 

ZIVILRECHT: Wichtiges zur Unterschrift 

 

Auch wenn die Handschrift mehr und mehr ausstirbt und Verträge immer häufiger unter Zuhilfenahme eines Smartphones oder eines Tablets abgeschlossen werden, in Finnland soll ab 2016 sogar das Schreiben mit der Hand aus den Schulen gänzlich verschwinden, sind handschriftlich abgefasste Verträge manchmal unabdingbar. Erst recht ist eine Unterschrift aus dem Rechtsverkehr nicht wegzudenken, da sie für viele Schriftstücke, Verträge und Urkunden gesetzlich vorgeschrieben ist. Wer etwa Miet- oder Arbeitsvertrag kündigen möchte, muss diesen Gestaltungsakt zwangsläufig mit seiner Unterschrift besiegeln. Auch eine Quittung oder Bürgschaften sind nur mit einer Unterschrift gültig. Bei vielen anderen Verträgen wird die Schriftform noch immer genutzt, obwohl sie rechtlich nicht vorgeschrieben ist. Die Unterschrift gilt als Willensbekundung des Unterzeichnenden, sodass aus diesem Schriftzug hervorgehen muss, von wem er stammt. So verwundert es nicht, dass sich bereits der Bundesgerichtshof (BGH) mit diesem Themenkreis befassen musste und detailliert festgelegt hat, welche Anforderungen an eine gültige Unterschrift zu stellen sind. Sie muss den vollen Familiennamen enthalten, der Vorname alleine reicht beispielsweise nicht aus. Bei dem Schriftzug muss es sich zudem erkennbar um die Wiedergabe eines Namens handeln, der zwar nicht vollständig lesbar sein muss. Gleichwohl müssen zumindest Andeutungen von Schrift erkennbar sein, da eine gerade Linie zum Beispiel ebenso wenig eine Unterschrift darstellt wie ein abstraktes Symbol oder drei Kreuze. Nicht gestattet ist es auch, mit einem fremden Namen zu unterschreiben. Wenn ein Künstlername allgemein bekannt ist, darf man hingegen mit diesem Namen zeichnen. Weitere Voraussetzung ist, dass der Künstlername einen eindeutigen Rückschluss auf die Person zulässt. Wer Rechtsgeschäfte vornehmen möchte, sollte auch in Zukunft mit der Hand schreiben können. Wo das Gesetz eine Unterschrift verlangt, muss man mit dem eigenen Namen unterzeichnen. Eine schludrige Schrift ist zulässig, bloße Kringel oder Kreuzchen reichen aber nicht aus. Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme von dieser Regel: Wenn nämlich ein Notar die Unterschrift beglaubigt, kann man mit jedem beliebigen Zeichen unterschreiben. Denn Zweifel an der Identität des Unterzeichnenden sind in diesem Fall ausgeschlossen (17.01.2019 ra). 

 

 

RECHT AKTUELL: Abmahnung wegen Zuspätkommens bei Schnee und Glatteis 

 

Wer bei den momentanen Straßenbedingungen aufgrund angekündigter Schnee- und Eisglätte zu spät zur Arbeit kommt, riskiert eine Abmahnung und im Wiederholungsfalle möglicherweise eine Kündigung seines Arbeitsvertrags. Viele Arbeitgeber kennen kein Pardon und mahnen den verspäteten Arbeitnehmer rigoros ab. Doch ist eine Abmahnung tatsächlich zulässig, wenn man wegen der Wetterverhältnisse verspätet zur Arbeit kommt, weil es beispielsweise geschneit hat und die Straßen glatt sind? Wie so oft in der Juristerei muss hier differenziert werden: Kommt es am Morgen zu unvorhergesehenem „Blitzeis“ und erscheint der Arbeitnehmer deshalb zu spät zur Arbeit, ist das in der Regel kein Problem, weil es sich um eine nicht vorhersehbare Situation handelt, mit der man in der Regel auch nicht rechnen muss. Anders ist die Rechtslage allerdings dann, wenn Schneefall und Eisglätte bereits am Vorabend angekündigt sind und deshalb mit Verkehrsbehinderungen gerechnet werden muss. Hier haben Arbeitnehmer alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um trotz der widrigen Witterungsbedingungen pünktlich die Arbeit aufnehmen zu können. Anderenfalls liegt eine Vertragsverletzung vor, für die man im schlimmsten Fall abgemahnt und im Wiederholungsfall gekündigt werden kann. Übrigens: Für die Zeit, die Mitarbeiter zu spät erscheinen und deshalb auch nicht arbeiten, kann der Arbeitgeber anteilig den Lohn kürzen. Das Risiko, zu spät zur Arbeit zu kommen, trägt also der Arbeitnehmer (10.01.2019 ra). 

 

 

AKTUELL: Das ändert sich 2019…

 

Sinkende Krankenversicherungsbeiträge

Ab dem 01.01.2019 werden die Zusatzbeiträge bei der gesetzlichen Krankenversicherung wieder zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern beziehungsweise der Rentenkasse bezahlt. Bisher mussten die Versicherten die Zusatzbeiträge alleine zahlen.

 

Günstigere Telefonate innerhalb der EU

Ab Mai 2019 sollen Telefonate innerhalb der EU maximal 19 Cent pro Minute kosten. Für SMS an ausländische Nummern sollen höchsten sechs Cent fällig werden.

 

Höherer Steuervorteile für privat genutzte E-Dienstwagen

Wer seinen E- oder Hybrid-Dienstwagen auch privat nutzen darf, muss monatlich nur noch 0,5 Prozent des Listenpreises als geldwerten Vorteil und nicht wie bisher 1 Prozent versteuern. Dies gilt jedoch nur für Fahrzeuge, die zwischen dem 01.01.2019 und 31. 12.2021 angeschafft oder geleast werden.

 

Neue 100- und 200-Euro-Geldscheine

Ab dem 28.05.2019 gibt die Europäische Zentralbank neue 100- und 200-Euro-Scheine aus, die mit einem völlig neuen Sicherheitsmerkmal ausgestattet sind: Ein „Satelliten-Hologramm“ auf der Vorderseite rechts oben im seitlichen Folienstreifen. Dort bewegen sich um die Wertzahl herum beim Neigen kleine Euro-Symbole. Außerdem sind die Scheine kleiner als ihre Vorgänger und passen damit besser in Geldbeutel. Die alten bleiben aber gültig.

 

Pfandpflicht für mehr Getränkeflaschen

Einwegverpackungen mit kohlesäurehaltigen Frucht- und Gemüsenektaren sowie Mischgetränken mit Molkeanteil von mehr als 50 Prozent sind ab sofort pfandpflichtig. Auch für Vanillemilch und einige Energydrinks gilt seit diesem Jahr eine Pfandpflicht.

 

Ökostrom-Umlage sinkt 

Die Abgabe für Strom aus Wind und Sonne sinkt um knapp 6 Prozent auf 6,4 Cent pro Kilowattstunde.

 

Mehr Rechte für pflegende Angehörige

Ab dem 01.01.2019 erhalten pflegende Angehörige, die in Betrieben mit mehr als 45 Mitarbeitern tätig sind, für einen begrenzten Zeitraum ein Recht auf Brückenteilzeit und sollen danach wieder zu ihrer ursprünglich vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zurückkehren können. Auch können sie ihre pflegebedürftigen Familienmitglieder in der gleichen Reha-Einrichtung betreuen lassen, wenn sie einen Reha-Aufenthalt in einer Klinik benötigen. Sollte sich dies nicht realisieren lassen, muss die Krankenkasse mit der Pflegekasse die Versorgung des Pflegebedürftigen während des Kuraufenthalts absprechen und koordinieren. Die stationäre Reha können die pflegende Angehörige auch dann in Anspruch nehmen, wenn aus rein medizinischer Sicht eine ambulante Unterstützung ausreichen würde (03.01.2019 so).

VERBRAUCHERRECHT: Augen auf beim Smartphonekauf!

Das Kölner Oberlandesgericht hat entschieden, dass ein Elektromarkt den Kunden nicht darauf hinweisen muss, dass das von ihm zum Kauf auserkorene Smartphone sowohl Sicherheitslücken als auch fehlende Betriebssystem – Updates aufweist. 

Erfolglos geklagt hatte ein Verbraucherverband, der bei dem beklagten Elektromarkt Smartphones zum Test gekauft hatte. Das Ergebnis des testenden BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik) ergab, dass je nach Hersteller mal mehr mal weniger Sicherheitslücken vorhanden sind, obwohl jeweils die gleiche Version des Betriebssystems werksseitig installiert war. Bei einem Smartphone hat das BSI sogar so viele Lücken festgestellt, dass es ein eklatantes Sicherheitsrisiko für den Nutzer sieht. Da sich das BSI erfolglos an den betreffenden Hersteller gewandt hatte, erhob der testende Verbraucherverband eine Unterlassungsklage gegen den Elektromarkt und forderte, dass der Markt keine Smartphones mehr ohne Hinweis auf die Lücken verkaufen dürfe.

Das zuständige Oberlandesgericht Köln hat die klageabweisende Entscheidung des Landgerichts Köln bestätigt. Nach der Auffassung der Kölner Richter stelle es für den Beklagten einen unzumutbaren Aufwand dar, sich die Informationen über die Sicherheitslücken jedes einzelnen von ihm angebotenen Smartphones zu beschaffen, auch wenn das Vorliegen von Sicherheitslücken für den Kunden bzw. den Nutzer von großer Bedeutung ist. Es müsse jedoch auch berücksichtigt werden, dass die Lücken nur durch Tests feststellbar seien, die sich auf das jeweilige Smartphone-Modell beziehen und, dass es gar nicht möglich sei, alle bestehenden Lücken festzustellen. Auch könnten sich die feststellbaren Lücken immer wieder ändern, so dass der Beklagte die Tests immer wieder wiederholen müsste. 

Gleiches würde für die Information über die Bereitstellung von Sicherheitsupdates gelten. Im Zeitpunkt des Verkaufs sei dem Beklagten nicht bekannt, ob für das betreffende Smartphone – Modell noch Sicherheitsupdates bereitgestellt würden. Die Information, ob solche Updates vom Hersteller bereitgestellt werden, kann sich nämlich ebenfalls täglich ändern. 

 

Da die Revision nicht zugelassen wurde, war dies erst mal das letzte Wort zu der Hinweispflicht eines Marktes über Sicherheitslücken seiner Waren. (04.11.2019 js)

 

STRAFRECHT:  Rekord beim „letzten Wort“!!!!!

 

Rekord beim sogenannten „letzten Wort“: Im deutschen Strafprozess gewährt die Strafprozessordnung (StPO) dem Angeklagten in der Hauptverhandlung nach den Schlussvorträgen und vor der Urteilsfindung das sog. „letzte Wort“, das in der Vorschrift des § 258 Abs. 2 StPO verankert ist. Das letzte Wort ist nicht auf den Verteidiger übertragbar und kann daher nur persönlich wahrgenommen werden. Fünf Tage lang hatte nun ein 71-jähriger Angeklagter in einem Verfahren vor dem Landgericht (LG) Hamburg dieses Recht wahrgenommen, ehe die zuständige Strafkammer dann endlich das Urteil fällen und eine Freiheitsstrafe von zwölfeinhalb Jahren und anschließende Sicherungsverwahrung unter anderem wegen schwerer räuberischer Erpressung und versuchten Mordes (Urt. v. 07.10.2019, Az. 604 Ks 3/19) verhängen konnte. Der Angeklagte hatte zwischen 2011 und 2019 drei Hamburger Sparkassenfilialen überfallen und dabei etwa EUR 25.000 erbeutet, wobei er bei einem seiner Taten auf einen Bankmitarbeiter geschossen und diesen schwer verletzt hatte. Das Opfer überlebte nur aufgrund einer Notoperation. Die ihm zur Last gelegten Taten hatte der Angeklagte während des Prozesses gestanden, dabei aber eine Tötungsabsicht bestritten. Die Kammer ging hingegen von einem bedingten Tötungsvorsatz und einem versuchten Mord aus Habgier und zur Ermöglichung einer Straftat aus. Bevor das Gericht nun aber ein Urteil fällen konnte, musste die vorsitzende Richterin dem Angeklagten das letzte Wort am fünften Tage (!) entziehen. Das Gericht führte insoweit aus, dass der Mann das ihm zwar grundsätzlich zustehende Verfahrensrecht für weitschweifende Ausführungen und Befangenheitsanträge genutzt habe. Am zweiten Verhandlungstag nach den Plädoyers der Anklage und der Schlussanträge der Verteidigung hatte die Staatsanwaltschaft genug von den letzten Worten des Angeklagten und stellte deshalb einen Antrag, dem Angeklagten nun aufzuerlegen, sein letztes Wort innerhalb der nächsten beiden Verhandlungstage zu beenden. Als der 71-Jährige dann aber am fünften Tag, die Verhandlung fand jeweils von 09:00 Uhr morgens bis 15:00 Uhr nachmittags statt, nicht zum Ende kommen wollte, unterbrach die Vorsitzende den Angeklagten und erläuterte diesem, dass sich sein Verhalten als rechtsmissbräuchlich darstelle. Der Angeklagte habe bereits während des Prozesses immer wieder mit langen Monologen Stellung zu den Ermittlungen, der Berichterstattung über ihn, dem Gutachten eines Psychiaters sowie seinen Überfällen genommen. Einsichtig habe sich der Angeklagte dabei nicht gezeigt und während der Urteilsverkündung auch der vorsitzenden Richterin mehrfach dazwischengeredet. Der 71-Jährige habe sich, so wird weiter berichtet, sogar darüber gefreut, dass er sogar "den Rekord im letzten Wort" gebrochen habe. Gegen das Urteil selbst will der Angeklagte übrigens Rechtsmittel einlegen, man darf gespannt sein, wie sich dieses Verfahren dann entwickeln wird (24.10.2019 ra).

 

VERKEHRSRECHT: Herbstzeit ist (leider) Wildunfallzeit, das sollten Sie wissen:

 

Achtung Autofahrerinnen und Autofahrer: Im Herbst kommt es bei früher Dämmerung sowohl am Morgen als auch abends leider wieder verstärkt zu Wildunfällen. Grundsätzlich kommt für Schäden am eigenen Fahrzeug dann die Kfz-Kasko-Versicherung auf. Leider steckt, wie so oft, der Teufel auch hier im Detail. Zunächst einmal muss nämlich der Versicherungsnehmer aufgrund der einschlägigen Regelungen im Versicherungsvertrag grundsätzlich nachweisen, dass es zu einer Berührung mit einem Reh gekommen und dieser Zusammenstoß für den Unfall und die daraus resultierenden Sachschaden ursächlich geworden ist. Unabdingbar ist es daher, in jedem Fall, nachdem die Unfallstelle abgesichert wurde, die Polizei und/oder den zuständigen Jagdausübungsberechtigten zu benachrichtigen, sodass eine für die weitere Abwicklung benötigte Wildunfallbescheinigung ausgestellt werden kann. Der unfallbeteiligte Kraftfahrzeugführer hat weiterhin auch auf jeden Fall (!) die Pflicht, die Unfallstelle zu sichern und sich vor dem Entfernen zu vergewissern, dass das angefahrene, auch das getötete Wild, keine Gefahr für den nachfolgenden Verkehr darstellt, § 34 Abs. 1 Nr. 2 StVO. Gegebenenfalls leisten Handschuhe hier einen guten Dienst dabei, das tote Wild von der Fahrbahn zu entfernen, sodass es keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet. Ist das Tier lediglich verletzt, sollte es nicht angefasst werden, es könnte sich wehren und hierbei erheblichen Schaden anrichten. Auch an eine potenzielle Tollwutgefahr sollte gedacht werden. In einem von der Rechtsprechung (LG Saarbrücken, Urt. v. 09.04.2010, Az.: 13 S 219/09) entschiedenen Fall entfernte sich eine Autofahrerin nach einer Kollision mit einem Reh in der irrigen Annahme von der Unfallstelle, das Tier sei neben der Straße verendet. Zwei nachfolgende Fahrzeuge kollidierten dann aber anschließend mit dem auf der Straße liegenden Reh und verklagten anschließend die Fahrerin auf Schadensersatz. Zwar war nicht mehr näher aufzuklären, ob die Fahrerin das Tier auf der Straße hatte liegen lassen und damit gegen § 32 StVO verstoßen oder ob sich das noch nicht verendete Tier vom Fahrbahnrand selbst dorthin bewegt hatte. Dennoch traf die Fahrerin nach Meinung der Richter des Landgerichts eine erhebliche Mithaftung, da sie sich vom Tod des Tieres und somit der Gefahrenfreiheit für folgende Verkehrsteilnehmer nicht vergewissert und keinen Warnhinweis aufgestellt hatte (17.10.2019 ra).

RECHT AKTUELL:  Vorsicht bei Betrugsversuchen im Zusammenhang mit Wohnungs­besichtigungen

Zum Schutz vor Betrügern gilt es auch bei Wohnungsbesichtigungen und dem geplanten Abschluss eines Mietvertrags einige Sicherheits­hinweise zu beachten. Dies gilt insbesondere – aber nicht ausschließlich – für denjenigen, der im Internet auf Wohnungs­suche geht. So sollte man als Wohnungsinteressent niemals Geld überweisen, bevor die Immobilie nicht selbst besichtigt oder ein vertrauenswürdiger Bekannte vorbei ­geschickt wurde, eine entsprechende Besichtigung persönlich vorzunehmen. Anderenfalls drohen Schäden in recht beträchtlicher Höhe! Vorsicht ist insbesondere dann geboten, wenn vermeintliche Vermieter von Wohnungs­suchenden verlangen, schnell eine Anzahlung auf ein ausländisches Bankkonto zu leisten. Beachten muss man deshalb die IBAN, die bei deutschen Geld­instituten stets mit dem Länder­kürzel „DE“ beginnt. Empfehlenswert ist es außerdem, für Zahlungen immer die offiziellen Portal­seiten zu verwenden. Verbraucherschützer raten ferner, Unbekannten niemals Bankdaten und Aus­weis­kopien zu übermitteln. Diese Informationen könnten anderenfalls leicht verwendet werden, um andere Interessenten zu täuschen und zu betrügen. Wenn Geld bereits überwiesen wurde, ist es nicht immer möglich, dieses zurückzuholen. Es muss dann auch sehr schnell geprüft werden, ob bei der Polizei Straf­anzeige erstattet und/oder der Fall dem Online-Portal gemeldet werden soll. Ferner empfiehlt es sich, auf jeden Fall die Bank oder den Zahlungs­dienst­leister umgehend zu kontaktieren und zu klären, ob eine Rückbuchung des bezahlten Betrags noch möglich ist. Wer mit Kreditkarte gezahlt hat, kann unter Umständen mit einer Zahlungs­reklamation sein Geld zurück­erhalten. Ein weiterer Tipp: Es ist relativ leicht, über entsprechende Online-Such­maschinen zu prüfen, ob Fotos, die gemeinsam mit einer Wohnungsanzeige eingestellt wurden, bereits für Wohnungen mit einer anderen Adresse verwendet worden sind. Dafür muss bei der umgekehrten Bildersuche statt nach einem Suchbegriff nach dem entsprechenden Bild gesucht werden. Verdächtig ist, wenn dann Inserate mit unterschiedlichen Ortsangaben angezeigt werden (10.10.2019 ra).

 

RECHT INTERESSANT: Ruhestand im Ausland, was ist zu beachten?

 

Unmittelbar nach dem Urlaub kann man mal auf entsprechende Gedanken kommen: Wie wäre es eigentlich, den Lebensabend im Ausland zu verbringen, wo es das ganze Jahr über Sonne und Wärme gibt. La dolce vita genießen, die Seele baumeln lassen und sich darüber freuen, dass es im Ausland häufig wesentlich günstiger ist, als in Deutschland. Zumindest dann, wenn Seniorinnen und Senioren weiterhin ihre deutsche Rente beziehen können. Grund­sätzlich wird die Rente auch dann in voller Höhe weiterbezahlt, wenn der Wohnsitz ins Ausland verlegt wird. Allerdings muss derjenige, der eine Erwerbs­minderungs­rente bezieht oder Renten­ansprüche nach dem Fremd­renten­gesetz hat, je nach neuem Wohnort mit Kürzungen rechnen. Dass man möglicherweise in Deutschland über kein Bankkonto mehr verfügt, stellt allerdings kein größeres Problem dar, die Renten­versicherung überweist grundsätzlich auch auf Konten im Ausland, wobei bei Überweisungen in Fremd­währungen Kurs­schwanken zu berücksichtigen sind und einige Banken auch Gebühren für die Überweisung erheben. Dafür erhalten Sie dann keine Entschädigung. Auf eine Besonderheit müssen sich Rentner, die im Ausland leben, allerdings einstellen, sie müssen nämlich einmal im Jahr nachweisen, dass sie nach wie vor am Leben sind und deshalb ihre Rente nach wie vor beziehen können. Die Renten­versicherung sendet dafür in aller Regel per Post ein Formular zu, das ausgefüllt zurückgesendet werden muss. Beachten muss man, dass dann, wenn diese sogenannte „Lebens­bescheinigung“ nicht zeitnah in Deutschland wieder ankommt, mit einer Unterbrechung der Renten­zahlung gerechnet werden muss. Darüber hinaus gleicht die Deutsche Renten­versicherung mittlerweile mit einigen Ländern automatisch bereits elektronisch die Sterbedaten ab. Wichtiger Tipp: Rentner im Ausland sollten der Renten­versicherung stets ihre aktuelle und ladungsfähige Anschrift mitteilen. Dies sollte auf jeden Fall schriftlich und unter Angabe der Versicherungs­nummer geschehen. Damit ein geplanter Umzug reibungslos klappt, sollten sie die Versicherung mindestens zwei Monate vor dem Umzug entsprechend informieren. Es empfiehlt sich, bereits vorher mit der Rentenversicherung Kontakt aufzunehmen und die entsprechenden Eckdaten zu klären, um vor bösen Überraschungen, insbesondere vor Unterbrechungen der Rentenzahlungen, geschützt zu sein (02.10.2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Wissenswertes zur Musterfeststellungsklage („Verbraucherklage gegen VW“)

 

Am 30. September wird erstmals in Deutschland eine Verbraucher­klage gegen Volkswagen vor Gericht verhandelt werden, mehr als 430.000 Kläger sollen sich dem Verfahren angeschlossen haben und tausende Eigentümer entsprechender Dieselfahrzeuge warten gespannt auf die Entwicklung und das Ergebnis dieses Verfahrens. Immer wieder taucht die Frage auf, ob eine Musterfeststellungsklage der richtige Weg ist, Ansprüche gegenüber einem Fahrzeughersteller durchzusetzen. Nun, die Muster­feststellungs­klage ist zunächst einmal nichts anderes als eine Klage nach dem Motto „Einer-für-alle“. Ein Verbraucher­schutz­verband kann für eine Gruppe von Betroffenen Klage erheben und eine grundsätzliche Klärung einer oder mehrerer Rechtsfragen herbeiführen. Auf unmittelbaren Schadensersatz dürfen Diesel­fahrer allerdings nicht hoffen, es geht bei dem Verfahren zunächst einmal „nur“ darum, ob VW unrecht­mäßig gehandelt hat, sodass den einzelnen Kunden kein Anspruch auf Geld oder eine Rück­abwicklung des Kauf­vertrags zugesprochen wird. Hierzu müssten sie, wenn das Musterfeststellungsverfahren entsprechend enden sollte, mit dem Muster­urteil im Rücken dann selbst noch einmal vor Gericht ziehen. Bereits heute wäre ein Vergleich zwischen VW und der Verbraucher­zentrale grundsätzlich möglich (und würde dann auch für alle angemeldeten Verbraucher gelten). Derzeit scheint VW aber den Standpunkt einzunehmen, dass wegen der hohen Zahl der (Mit-)Kläger und den unterschiedlichen Fall­konstellationen ein Vergleich kaum vorstellbar sei. Die Erfolgsaussichten der Musterfeststellungsklage werden sehr unterschiedlich beurteilt, die Anwälte des Verbraucherschutzverbandes sind wohl zuversichtlich, spätestens in der zweiten Instanz Recht zu bekommen, VW stellt sich dagegen auf den Standpunkt, dass die Autos trotz der im Diesel­skandal aufgeflogenen Abschalt­einrichtung der Abgas­reinigung technisch sicher seien und im Verkehr genutzt würden, sodass die Kunden keinen Schaden erlitten hätten. Das Prozess­kosten­risiko trägt allein der Bundes­verband der Verbraucher­zentralen, verliert dieser allerdings, sind grundsätzlich einmal alle, die im Klage­register stehen, an diese Entscheidung gebunden. Das Hauptproblem der Musterfeststellungsklage dürfte darin liegen, dass es Jahre dauern wird, bis Diesel­fahrer wissen, ob sie Schaden­ersatz erhalten oder nicht. Bereits für das erstinstanzliche Verfahren wird mit einer Verfahrensdauer von bis zu zwei Jahren gerechnet, ein sich hieran anschließendes Rechtsmittelverfahren könnte durchaus weitere zwei Jahre oder länger in Anspruch nehmen. Anschließend müssten die Verbraucher im ungünstigsten Fall dann noch selbst vor Gericht ziehen, was deshalb ein Problem darstellt, weil es während der langen Verfahrensdauer wahrscheinlich erscheint, dass ein Nutzungs­ersatz für die in der Zwischenzeit gefahrenen Kilometer abgezogen wird, sodass die meisten der betroffenen Fahrzeuge, jedenfalls nach Auffassung des Herstellers VW, bei Verfahrensabschluss nur noch einen geringen Restwert aufweisen dürften. Allerdings fordern die Verbraucher­zentralen auch Zinsen von VW, was durchaus zu einer schnelleren Verfahrenserledigung führen könnte. Als Alternative könnte es sich auf jeden Fall anbieten, einzeln gegen VW vorzugehen, jedenfalls dann, wenn man über eine eintrittspflichtige Rechtsschutzversicherung verfügt. Dann nämlich trägt man grundsätzlich kein Kostenrisiko und könnte den Verfahrensgang selbst beeinflussen. Möglich ist es auch, mit Unterstützung eines „Prozess­finanzierers“ Klage zu erheben, der - allerdings gegen Abzug einer entsprechenden Provision - das finanzielle Risiko übernimmt, andererseits aber auch beispielsweise die taktische Marschroute im Verfahren vorgibt. Mittlerweile erreichen übrigens immer mehr individuell eingereichte Klagen die letzte Instanz, höchst­richterliche Entscheidungen werden sehnsüchtig erwartet, weil die Instanzgerichte grundsätzliche Rechts­fragen bisher unterschiedlich beantwortet haben. Es bleibt also spannend und wir werden die weitere Entwicklung für Sie im Auge behalten (19.09.2019 ra)

 

VERTRAGSRECHT: Lieferung und Montage einer Küche – Kauf- oder Werkvertrag?

 

Eine wichtige und weitreichende Entscheidung für Verbraucher hat der Bundesgerichtshof (BGH) getroffen, der entschieden hat, dass der Vertrag über die Lieferung und Montage einer Küche Werkvertrag oder Kaufvertrag sein kann. Die sich hieraus ergebenden Rechtsfolgen, man mag es auf den ersten Blick gar nicht vermuten, sind für die Ansprüche eines Kunden, der Mängel der Küche rügt, von entscheidender und weitreichender Bedeutung. Zur rechtlichen Einordnung des Vertrags ist vorab eine gründliche Prüfung erforderlich, die darauf abzielt, auf welcher der Leistungen des Küchenlieferanten der Schwerpunkt liegt. Nachdem eine Kundin Anfang 2014 für ihre Wohnung eine Küche einschließlich Lieferung und Montage bestellt hatte und die Küche dann auch geliefert und montiert worden war, beanstandete die Frau erhebliche Mängel der Küche und verlangte schließlich Schadensersatz von über EUR 4.000,00 von ihrem Vertragspartner. Da keine freiwillige Bezahlung erfolgte, klagte die enttäuschte Kundin ihre Ansprüche ein, sowohl Amtsgericht als auch - im Rahmen des Berufungsverfahrens - das übergeordnete Landgericht Gera wiesen die Klage ab. Das Landgericht wies die Klägerin darauf hin, dass ein Werkvertrag vorliege, sodass die Klägerin gemäß § 640 Abs. 2 BGB mit dem Schadensersatzanspruch ausgeschlossen sei, da sie die Küche in Kenntnis der von ihr behaupteten Mängel abgenommen habe. Hiermit war die Klägerin nun aber beim besten Willen nicht einverstanden und zog vor den BGH, der zu Gunsten der Klägerin entschied und die Entscheidung des Landgerichts aufhob. Das Landgericht habe, so die obersten Bundesrichter, keine Feststellungen getroffen, ob der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag über die Lieferung und Montage der Küche nach Kauf- oder nach Werkvertragsregeln zu beurteilen sei. Diese Feststellungen müssten nachgeholt werden, sodass der Fall an das Landgericht zurückverwiesen wurde (BGH, Urt. v. 19.07.18 – Az.: VII ZR 19/18). Ein Vertrag über die Lieferung und Montage einer Küche könne rechtlich sowohl als Werk- als auch als Kaufvertrag eingeordnet werden, wobei es darauf ankomme, auf welcher der beiden in Betracht kommenden Leistungen der Schwerpunkt liege. Je mehr die mit dem reinen Umsatz der Waren verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der Küchenteile auf den Käufer im Vordergrund stehe und je weniger die individuellen Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertrags prägten, umso eher sei die Annahme eines Kaufvertrag mit Montageverpflichtung geboten. Dann greife die Annahme des Landgerichts bezüglich einer Abnahme in Kenntnis der Mängel aber nicht. Liege dagegen der Schwerpunkt auf der individuellen Montage- und Bauleistung, etwa auf dem Einbau- und der Einpassung der Küche in die Räumlichkeit der Kundin und dem damit verbundenen individuellen Erfolg, liege ein Werkvertrag vor. Die angefochtene Entscheidung dürfte damit inhaltlich korrekt ausgefallen sein. Es lohnt sich also, gründlich vor Einleitung entsprechender Schritte zu überprüfen, welche Vertragsart in Betracht kommt, da von der Unterscheidung Erfolg oder Misserfolg der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in erheblichem Maße abhängen kann (12.09.2019 ra).

 

REISERECHT: Tipps und Tricks für Urlauber bei mangelbehafteten Reisen

 

Wir hoffen, dass Sie einen schönen und erholsamen Urlaub verbringen durften. Falls nicht, sollten Ihnen folgende Tipps und Hinweise behilflich sein:

 

Bei der Geltendmachung von Ersatzansprüchen wegen mangelbehafteter Reisen ist rasches und zielgerichtetes Handeln gefordert. Falls Sie Ansprüche geltend machen wollen, müssen Sie feststellen, ob sich diese Ansprüche gegen den Reiseveranstalter (Regelfall), das Reisebüro oder gegen sonstige Leistungsträger richten.

 

1. Ausschlussfrist beachten: Ansprüche gegen den Reiseveranstalter müssen generell spätestens einen Monat nach dem Tag der Reiserückkehr schriftlich geltend gemacht werden. Hierbei handelt es sich um eine Ausschlussfrist. Wird diese Frist versäumt, ist es Ihnen nicht mehr möglich, erfolgreich Ansprüche zu erheben.

 

2. Verjährungsfrist einhalten: Ansprüche des Reisenden verjähren nach zwei Jahren, wobei der Lauf der Verjährungsfrist bereits mit dem Tag beginnt, an dem die Reise nach dem Vertrag enden sollte, § 651 j BGB.

 

3. Geltendmachung von Ansprüchen: Wurde der Reisemangel nicht gleich - also während der Reise - gegenüber der Reiseleitung geltend gemacht, sind spätere Ansprüche in der Regel ausgeschlossen! Zwar ist Schriftform für die Reklamation nicht vorgeschrieben, doch dringend anzuraten - und auch üblich. In dem Schreiben müssen alle Mängel ausführlich und vollständig beschrieben werden. Mängel, die erst nach der Ausschlussfrist reklamiert werden, können nicht berücksichtigt werden. Die Reklamation sollte von allen erwachsenen Teilnehmern der Reise bzw. den Erziehungsberechtigten unterschrieben werden. Wenn ein Reiseteilnehmer für eine Reisegruppe eine Reklamation aufsetzt, sollten der Reklamation schriftliche Vollmachten der anderen Reiseteilnehmer im Original beigefügt werden. Aus dem Schreiben sollte sich klar ergeben, dass aufgrund der Mängel eine Rückerstattung bzw. Minderung des Reisepreises oder Schadensersatz verlangt wird. Nur dann wird die Ausschlussfrist gewahrt.

 

4. Beweislast: Der Reisende hat grundsätzlich die Beweislast für das Vorliegen eines Reisemangels. Deshalb: Beweismittel sichern. In Frage kommen beispielsweise:

 

·         Aussagekräftige Fotos (Denken Sie an Ihr Handy)

·         Videofilme

·         Anschriften von (neutralen oder ebenfalls betroffenen) Zeugen

·         Schriftliche Zeugenerklärungen

·         Beschreibungen aus Hotelprospekten/-katalogen bzw. Internetseiten

·         Anfertigung von Plänen oder Skizzen.

 

5. Verhalten des Reiseveranstalters nach Anspruchsstellung: Nach Eingang der Reklamation beim Reiseveranstalter bekommen Sie von diesem in aller Regel einen Zwischenbescheid, der den Eingang Ihres Schreibens bestätigt und darauf verweist, dass Ihre Angelegenheit überprüft wird und der Reiseveranstalter nach Abschluss seiner Prüfung auf Sie zurückkommt. Leider gibt es auch Veranstalter, die über viele Wochen nichts von sich hören lassen - und auch telefonisch praktisch nicht erreichbar sind. Sollte nach ca. vier bis sechs Wochen immer noch keine Stellungnahme des Reiseveranstalters zu Ihrer Reklamation vorliegen, ist es Zeit den Reiseveranstalter anzumahnen. Achtung: Falls Sie einen Scheck mit einer bescheidenen Wiedergutmachung erhalten, achten Sie genau darauf, ob mit der Einlösung dieses Schecks alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Reisevertrag abgegolten werden sollen. Falls ja, sollten Sie diesen Scheck unangetastet und nicht eingelöst wieder zurückschicken, um ggf. bestehende Minderungs- und/oder Schadensersatzansprüche nicht zu verlieren.

 

6. Reisegutscheine können, müssen aber nicht angenommen werden. Sie sollten abwägen, wie beweiskräftig Ihr Anspruch und damit die Wahrscheinlichkeit ist, mit Ihrer Geldforderung auch im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu obsiegen.

 

7. Abfindungsvereinbarung: Um den Kundenservice zu verbessern, erledigen einige Reiseveranstalter Reklamationen bereits am Urlaubsort. Das ist zwar unbürokratisch und schnell. Sie sollten vor Ort aber prüfen, ob der Ausgleich, der Ihnen angeboten wird, auch angemessen ist. Mit einer Abfindungsvereinbarung verbundene Verzichtserklärungen sollten nur unterschrieben werden, wenn dadurch eine angemessene Gegenleistung gewährt wird.

  

8. Prozessuale Hinweise: Klagegegner ist in aller Regel der Reiseveranstalter, nicht das Reisebüro. Das sollte auf jeden Fall vor der Geltendmachung potentieller Ansprüche gründlich geprüft werden. Die Klage gegen den Reiseveranstalter wird regelmäßig am Hauptsitz der Verwaltung des Reiseveranstalters zu erheben sein. Um böse Überraschungen zu vermeiden muss auch das professionell vor Einleiten entsprechender Schritte geprüft werden. Verfügt der Reiseveranstalter (nicht das Reisebüro) über eigene Niederlassungen, in denen die Reise gebucht worden ist, kann die Klage u. U. bei dem Gericht erhoben werden, bei dem die Niederlassung ihren Sitz hat. Ein Reisebüro, das selbstständig Reisen vermittelt, ist grundsätzlich keine Niederlassung. Besondere Vorsicht ist bei Klagen gegen Reiseveranstalter geboten, die ihren Sitz im Ausland haben (05.09.2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Verkehrsverstöße im Ausland

 

Vieles wird in der Europäischen Union (EU) vereinheitlicht, vom Verbot bestimmter Glühbirnen bis hin zu Regelungen für Flugdrohnen. Verkehrsregeln der einzelnen Mitgliedstaaten wurden bislang noch nicht vereinheitlicht, was fatale Folgen nach sich ziehen kann: In Ungarn sollte man beispielsweise tunlichst nüchtern fahren, auch alkoholhaltige Medikamente sind tabu, da die 0-Promille-Grenze gilt. In Polen wird es ab 0,2 o/oo problematisch, in Portugal muss das Auto ab 0,5 o/oo stehen bleiben. Allerdings darf wiederum in Großbritannien mit einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von unter 0,8 o/oo das Fahrzeug noch benutzt werden, sogar auf der linken Fahrbahnseite, was wiederum ab einer bestimmten Alkoholisierung durchaus für Verwirrung sorgen kann. Auch die Bußgelder divergieren ganz erheblich, eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 20 km/h zieht in Polen eine Geldbuße von mindestens EUR 25,00 nach sich, in Norwegen sind mindestens EUR 480,00 zu berappen. Die treuen Leser unserer wöchentlichen Kolumne wissen es bereits: Wer einen ausländischen Bußgeldbescheid im Briefkasten vorfindet, sollte diesen nicht einfach ignorieren: Unter bestimmten Voraussetzungen können diese Bußgeldbescheide auch in Deutschland vollstreckt werden, weil Deutschland bereits im Jahr 2010 einen EU-Rahmenbeschluss zur Vollstreckung von Geldsanktionen in nationales Recht umgesetzt hat. Mittlerweile wenden 27 EU-Länder diesen Rahmenbeschluss an. Rechtskräftige Bußgeldbescheide aus den entsprechenden Ländern können ab EUR 70,00 deshalb in Deutschland vollstreckt werden. Weil die Sanktionen im Ausland oft wesentlich höher als in Deutschland ausfallen, ist dieser Wert selbst bei harmlosen Parkverstößen leicht erreicht, zumal auch Verwaltungsgebühren in den Schwellenwert eingerechnet werden. Zuständig für die Vollstreckung ist das Bundesamt für Justiz in Bonn, Zahlungsaufforderungen von Inkassounternehmen sind insoweit also irrelevant. Man glaubt es kaum: Wer schnell bezahlt, kann durchaus sparen. Je nach Ausstellungsland wird bis zu 50% „Rabatt“ gewährt, in Belgien beispielsweise können Sie bis zu 10% sparen, wenn ein Vergleichsvorschlag der Staatsanwaltschaft angenommen wird. In Frankreich werden - je nach Verstoß - bis zu EUR 45,00 erlassen, wenn innerhalb einer festgelegten Zeitspanne, die sich danach richtet, ob der Bußgeldbescheid vor Ort ausgehändigt wurde oder nicht. Auch Italien, wenn wundert es, lässt sich da nicht lumpen, in der Regel wird beim erstmaligen Verstoß der gesetzliche Mindestbetrag kassiert, von dem wiederum 30% abgezogen werden kann, wenn die Behörde dies so vorsieht und dann auch noch innerhalb von fünf Tagen bezahlt wird, was bei schwerwiegenden Delikten mit Fahrverbot oder Kfz-Beschlagnahme allerdings nicht gilt. In Spanien, Großbritannien und Griechenland sind sogar bis zu 50% Rabatt drin, wenn fristgerecht reguliert wird. In manchen Fällen sollte man sich allerdings einen Einspruch auch bei deutschen Bußgeldbescheiden verkneifen. Denn en solcher Schuss kann manchmal nach hinten losgehen, obwohl in § 72 Abs. 3 S. 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) festgelegt ist, dass das Gericht von der im Bußgeldbescheid getroffenen Entscheidung nicht zum Nachteil des Betroffenen abweichen darf. Dieser Grundsatz gilt aber nicht uneingeschränkt, was beispielsweise der Fall eines Temposünders belegt, der ursprünglich EUR 160,00 zahlen und ein einmonatiges Fahrverbot absitzen sollte, das erst nach einer viermonatigen Schonfrist beginnen sollte. Auf den Einspruch des Betroffenen bestätigte nun das Amtsgericht nicht nur Bußgeld und Fahrverbot, sondern ordnete an, dass das Fahrverbot sofort anzutreten sei. Hierin sah der Betroffene einen Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot. Allerdings blieb seine Beschwerde erfolglos (OLG Düsseldorf, Az.: IV-2 RBs 195/18), denn das Gericht hatte nicht im schriftlichen Verfahren ohne Hauptverhandlung über den Einspruch entschieden. Hinzu kam, dass der Raser bereits vor Erlass des ersten Bußgeldbescheides erneut geblitzt wurde, was zwar die Bußgeldstelle nicht berücksichtigen durfte, wohl aber das Amtsgericht, das erst entschieden hatte, als dem Gericht beide Tempo-Überschreitungen vorlagen. (29.08.2019 ra).

 

RECHT KURIOS: Jura muss nicht trocken und humorlos sein…

 

Entgegen einer landläufigen Meinung müssen Gesetzgebung und Rechtsprechung nicht langweilig oder gar humorlos sein. Es gibt durchaus Gesetze, Urteile und andere Entscheidungen, die ein gewisses Humorpotential beinhalten. Das glauben Sie nicht? Hier folgen einige Beispiele, die tatsächlich so veröffentlicht wurden: So hat beispielsweise das Amtsgericht (AG) Bad Schwartau in einem Verfahren mit dem Aktenzeichen 3 C 1214/99 entschieden: „Es stimmt zwar, dass Leichengeruch und die damit verbundene Beeinträchtigung der Mietwohnung über reine Wohnzwecke hinausgeht. Das Sterben in der Wohnung an sich stellt jedoch keinen vertragswidrigen Gebrauch dar.“ Das dürfte zweifellos stimmen und deshalb musste die Entscheidung auch einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Das Landgericht (LG) Regensburg musste im Rahmen einer Verfügung das Verhandlungsprotokoll einer mündlichen Verhandlung berichtigen: „Die Angeklagte ist nicht bei den Sieben Zwergen, sondern bei den Siemens Werken beschäftigt.“ Das wiederum dürfte einleuchten! Bemerkenswert sind auch die Schnüffelkünste eines Kölner Amtsrichters, dessen Schlussfolgerungen deshalb ebenfalls veröffentlicht wurden (AG Köln WuM 1990, 338): „Wenn aus einer benachbarten Pizzeria so starke Geruchsbelästigung hervorgeht, dass dem Richter nach 15 Minuten schlecht wird, steht dem Mieter eine Mietminderung von 15% zu.“ Wichtig zu wissen ist auch eine Passage des Gesetzes zur Änderung des Gentechnikgesetzes: „§ 17 wird wie folgt geändert: In Abs. 1 Satz 1 wird die Angabe "§ 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 auch in Verbindung mit § 12 Abs. 2, nach § 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 5 und 6, § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 4 und 5" durch die Angabe § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, Abs. 3 Satz 2 Nr. 4, auch in Verbindung mit § 12 Abs. 2, nach § 12 Abs. 2a Satz 2 Nr. 1 und 4, § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und 4, Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 4 und 5 ersetzt." Aha! Haben Sie`s verstanden?! Vermutlich aufgrund einer vergleichbaren Situation ist ein Rechtsanwaltskollege auch straflos ausgegangen: "Ein Anwalt darf in einem Schriftsatz an das Gericht ein zuvor erlassenes Urteil bewerten als "so falsch, dass man sich wundert, dass ausgebildete Juristen an der Rechtsfindung beteiligt waren." (NJW-RR 2002, 923). Was hingegen absolut nicht geht (EKMR 29045/95): "Ein Anwalt darf nicht behaupten, der Staatsanwalt müsse die Anklage "im Zustand völliger Trunkenheit" verfasst haben.“ Das leuchtet ein und geht entschieden zu weit. Andererseits hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) klargestellt (NJW 89, 3148): "Ein Anwalt darf das fehlerhafte Vorgehen eines Richters rügen, indem er zur physischen Stärkung Dextro-Energy übersendet." Für den ein oder anderen mag auch wichtig sein, dass das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am 22.08.2008 folgendes beschlossen hat: "Ein Geliebtentestament ist auch dann in der Regel nicht als sittenwidrig anzusehen, wenn es zu Miteigentum der Geliebten und der Ehefrau an dem von der Ehefrau bewohnten Haus führt." Einleuchtend, aber mitunter sicherlich auch konfliktträchtig! Schließlich hat das OLG Nürnberg in einem Beschluss vom 13.12.2012 folgendes völlig zurecht klargestellt (Aktenzeichen: 12 W 2180/12): "Rechtsanwälten ist es unzumutbar, zur Wahrnehmung eines Gerichtstermins die Reise bereits vor 6:00 Uhr morgens anzutreten und derart früh aufzustehen. Weder einer Partei noch einem Rechtsanwalt kann abverlangt werden, die in einer Rechtssache notwendig werdenden Reisen zur Nachtzeit zu beginnen. Als Nachtzeit ist in Anlehnung an § 758a Abs. 4 ZPO die Zeit von 21:00 – 6:00 Uhr anzusehen." (22.08.2019 ra).

 

STRAFRECHT: Drohung mit Veröffentlichung von Nacktbildern auf Facebook kann Versuch einer sexuellen Nötigung darstellen

 

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat im Rahmen eines jüngst veröffentlichten Urteils (Urt. v. 09.04.2019, Az.: 3 RVs 10/19) entschieden, dass sich derjenige, der einer minderjährigen Schülerin mit der Veröffentlichung von Nacktbildern auf Facebook droht, um sie zu „sexuellen Handlungen“ zu bewegen, wegen versuchter sexueller Nötigung strafbar macht. Deshalb hob das Gericht einen Freispruch des zweitinstanzlich zuständigen Landgerichts in Bielefeld auf, das zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Schwelle zu einem strafbaren Versuch noch nicht überschritten worden sei, nachdem das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht in Herford zuvor den Angeklagten sogar wegen einer versuchten Vergewaltigung verurteilt hatte. Der zur Tatzeit 27-jährige Angeklagte und die damals 16-jährige Schülerin schrieben sich über den „WhatsApp“ Nachrichten, wobei sich die Schülerin in den Angeklagten verliebte. Auf dessen Initiative hin tauschten sie Anfang 2017 auch Nacktfotos über den Messenger-Dienst aus. Als die ersten Nacktfotos verschickt wurden, kam es von Seiten des Angeklagten zu ersten sexuellen Anspielungen. Als das Mädchen sich weigerte, auf die Anspielungen einzugehen, drohte ihr der Angeklagte, die ihm übermittelten Fotos bei Facebook zu veröffentlichen oder auszudrucken, und sie in ihrer Schule auszuhängen. Hierdurch fühlte sich die Schülerin verständlicherweise massiv unter Druck gesetzt und offenbarte sich schließlich Mitte Juni 2017 der Polizei, wo sie Anzeige erstattete. Bei der anschließenden Durchsuchung händigte der Angeklagte den Polizisten sein Handy aus, auf welchem sich noch fünf Nacktbilder des Mädchens befanden. In erster Instanz verurteilte ihn das Amtsgericht (AG) Herford im März 2018 wegen versuchter Vergewaltigung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe, die der Angeklagte nicht akzeptierte. Auf seine Berufung hin hob das Landgericht (LG) Bielefeld die erstinstanzliche Entscheidung auf und sprach den Angeklagten frei, weil dieser nach Auffassung des Landgerichts nach seiner Vorstellung von der Tat noch nicht unmittelbar zur Verwirklichung einer sexuellen Nötigung angesetzt habe. Die Staatsanwaltschaft sah dies wiederum anders und legte gegen das Urteil Revision ein, in dessen Verlauf das nun zuständige OLG Hamm zu dem Ergebnis kam, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des LG Bielefeld zurückzuverweisen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes habe der Täter nämlich regelmäßig die für den Versuchsbeginn maßgebliche Schwelle dann überschritten, wenn er – wie hier - bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht habe. Dadurch, dass der Angeklagte dem Opfer mit der Veröffentlichung der Nacktbilder gedroht habe, habe der Angeklagte eine Nötigungshandlung im Sinne des § 177 Abs.2 Nr. 5 des Strafgesetzbuches (StGB) begangen und damit auch ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal bereits verwirklicht. Durch die Nötigungshandlung, so das Gericht weiter, habe der Angeklagte die sexuelle Selbstbestimmung als Schutzgut des § 177 StGB der damals noch minderjährigen Schülerin auch unmittelbar gefährdet. Nicht erforderlich war es nach Ansicht der Richter, dass der Angeklagte die Zeugin hierzu bei sich zu Hause aufgesucht habe (15.08.2019 ra).

 

STRASSENVERKEHRSRECHT: Ist übernachten im Auto eigentlich erlaubt?

 

Jedem Kraftfahrzeugführer ist das schon einmal passiert: Die Müdigkeit holt einen ein... Doch darf man dann einfach im Auto übernachten oder muss man ein Hotel aufsuchen? Grundsätzlich ist es nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) unproblematisch, im eigenen Auto zu übernachten. Ein ausdrückliches Verbot sieht die StVO nämlich nicht vor. Es wird zwar geregelt, wo gehalten oder geparkt werden darf und wo nicht, § 12 Abs. 4 StVO, doch außerhalb dieser Einschränkungen spricht grundsätzlich einmal nichts gegen ein Übernachten, vorausgesetzt natürlich, man steht nicht ohne Erlaubnis des Eigentümers auf einem Privatgrundstück oder ignoriert ein Halte- oder Parkverbot. Nicht gestattet ist es auch, in einer Parkbewirtschaftungszone ohne gültiges Ticket zu übernachten. In verwaltungsrechtlicher Hinsicht kann das Übernachten im Auto nun allerdings zu einem Problem werden, weil insoweit der Schutz der Öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu berücksichtigen ist. Als öffentliche Ordnung gilt die Gesamtheit aller ungeschriebenen Regeln, die der Einzelne in der Öffentlichkeit zu befolgen hat. Und die Polizei wiederum hat die Aufgabe, diese Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Dabei dürfen dann wiederum Maßnahmen ergriffen werden, die der Abwehr von Gefahren dienen bzw. die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleisten, wozu wiederum u.a. die Sicherheit des Straßenverkehrs zählt. Wenn Sie als Autofahrer also beispielsweise tagelang am Straßenrand parken und in dem Wagen auch schlafen, ist dies verkehrsrechtlich erst einmal unproblematisch. Anders gestaltet sich dann aber die Rechtslage, wenn sich im Laufe der Tage z.B. Müll um das Auto ansammelt oder der Bordstein als Toilette benutzt wird, dann nämlich darf eingegriffen und die Übernachtung an dieser Stelle im Wagen untersagt werden. Ob sogar „Strafen“ drohen, hängt wiederum vom Einzelfall ab. Sicherlich kommt man höchst selten in die Verlegenheit, mehrere Tage oder gar Wochen im Auto zu schlafen. Hiervon wäre – rechtlich gesehen - auch eher abzuraten. Zudem besteht in Deutschland, man höre und staune, eine Meldepflicht, sodass die ständige Wohnung beim zuständigen Einwohnermeldeamt angemeldet werden muss. Wer sein Auto als Wohnung nutzt, kann also auch in dieser Richtung durchaus Probleme bekommen. Und dann gibt es ja auch noch diejenigen verantwortungsbewussten Autofahrer, die ein bisschen über den Durst getrunken haben. Natürlich kann und soll ggf. dieser Autobesitzer gegebenenfalls die Nacht im stehenden Auto verbringen. Dabei sollte allerdings weder der Fahrzeugschlüssel im Zündschloss stecken, noch sollte auf dem Fahrersitz Platz genommen werden. Alles, was den Anschein erweckt, dass der Wagen gleich gestartet wird, dürfte als Fahrversuch gewertet werden, auch wenn ein Oberlandesgericht einen solchen Fall 2004 einmal anders entschieden hat. Damals noch obsiegte der Betroffene, der zu einer Geldstrafe wegen Trunkenheit am Steuer verurteilt worden war. Er schlief bei laufendem Motor im stehenden Wagen. Da seinerzeit aber nicht zweifelsfrei zu belegen gewesen sei, dass der Mann auch gefahren sei, hob das Oberlandesgericht die Strafe wieder auf (Urt. v. 21.09.14, Az: 1 Ss 102/04). Darauf bauen, dass das heute noch immer so gehandhabt wird, sollte man allerdings besser nicht. Kleiner Tipp am Rande: Wer mit Wohnwagen oder Wohnmobil in Europa unterwegs ist, sollte die entsprechenden gesetzlichen Regelungen im Ziel- oder den Transitländern sicherheitshalber vorher klären, um später böse und mitunter kostspielige Überraschungen zu vermeiden (08.08.2019 ra). 

 

RECHT AKTUELL: Rechtliches rund um den E-Scooter…

 

E-Scooter oder altdeutsch: Elektroroller werden immer beliebter, doch wer kennt sich mit den einschlägigen straßenverkehrsrechtlichen Regeln heute schon aus? Die gesetzliche Grundlage bildet die Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge, die grundsätzlich für „Fahrzeuge mit Lenk- oder Haltestange, einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von bis zu 20 km/h und einer Straßenzulassung/Betriebserlaubnis“ gilt. Sie ist also in erster Linie anzuwenden auf E-Scooter und sog. Segways, nicht aber beispielsweise auf Airwheels, Hoverboards oder E-Skateboards. Die Benutzung von E-Scootern auf Radwegen, Radfahrstreifen und Fahrradstraßen ist erlaubt, fehlen diese (und nur dann), darf auf die Fahrbahn ausgewichen werden. Achtung: Gehwege, Fußgängerzonen und Einbahnstraßen entgegen der Fahrtrichtung zu benutzen ist für E-Roller-Nutzer verboten, es sei denn, dass das Befahren durch ein entsprechendes Zusatzzeichen gestattet wird. Beachten sollten Sie, dass das Zusatzschild "Radfahrer frei" nicht für die Fahrer von Elektrotretrollern gilt, was eigentlich jedem einleuchten sollte. Der Fahrer benötigt keine Mofa-Prüfbescheinigung und keinen Führerschein, wobei das Mindestalter für die Benutzung der kleinen Flitzer bei 14 Jahren liegt. Obwohl keine Helmpflicht besteht ist es, wie bei Fahrrad oder Skateboard etc. ebenfalls, dringend zu empfehlen, einen Helm zum besseren Schutz zu benutzen. Alkoholgrenzwerte gelten wie für Autofahrer, wer mit 0,5 bis 1,09 o/oo erwischt wird aber keine alkoholbedingte Auffälligkeit zeigt, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Dafür gibt es in der Regel ein Bußgeld und es sind grundsätzlich (aber nicht zwingend!) EUR 500,00 futsch. Darüber hinaus muss mit einem Monat Fahrverbot und zwei Punkte im Verkehrszentralregister gerechnet werden. Eine Straftat liegt ab einer Blutalkoholkonzentration (BAK) von mindestens 1,1 o/oo auch bei E-Scooter-Nutzern vor. Aber aufgepasst: Eine Straftat kann auch schon ab 0,3 o/oo verwirklicht worden sein, wenn der Nutzer nämlich „alkoholbedingte Ausfallerscheinungen“ zeigt. Für Fahrer unter 21 Jahren und Führerscheinneulinge gelten auch bei der Nutzung von E-Scootern in der Probezeit  0,00 o/oo. Elektroroller sind natürlich nur für eine Person zugelassen. Dies gilt auch dann, wenn man zu zweit das zulässige Gesamtgewicht nicht überschreiten würde. Eine Haftpflichtversicherung ist Übrigens zwingend vorgeschrieben und wird durch eine aufgeklebte Versicherungsplakette nachgewiesen. Da die Haftpflichtversicherung nur für Schäden haftet, die Dritten durch den E-Scooter zugefügt werden, sollte man über eine freiwillige Teilkasko-Versicherung nachdenken, die von einigen Versicherungen angeboten wird. Sofern vor Ort Fahrradampel vorhanden ist, muss diese beachtet werden, gibt es diese nicht, muss die Ampel für den fließenden Verkehr beachtet werden. Bremsen und Beleuchtungsanlage sind nicht nur sinnvoll, sondern ebenfalls gesetzlich vorgeschrieben. Sie sollten beim Kauf eines Elektrorollers darauf achten, dass das Fahrzeug der aktuellen Gesetzeslage entspricht und eine gültige Betriebserlaubnis aufweist. Übrigens: Im Ausland können völlig andere Verkehrsregeln gelten, es ist empfehlenswert, vor der Benutzung eines E-Scooters im Ausland Erkundigungen einzuholen, was dort beachtet werden muss (01.08.2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Urlaubszeit und Handyverbote in Europa 

 

Auch bei Urlaubsreisen mit dem Auto sollten Kraftfahrzeugführer tunlichst ihre Finger vom Handy lassen. Mittlerweile gilt in jedem europäischen Land ein Handynutzungsverbot für den Fahrer eines Fahrzeugs, zuletzt hat Schweden als letztes Land in Europa ein Bußgeld für dieses Vergehen eingeführt: Wer telefoniert oder eine Textnachricht schreibt, zahlt dort jetzt EUR 160,00. Jeder weiß Bescheid, die Augen während der Fahrt nur für Sekunden von der Straße zu nehmen, ist brandgefährlich. Viele Autofahrer machen es gleichwohl, beispielsweise, um „nur ganz kurz“ eine Nachricht auf dem Handy zu lesen. Allerdings werden bei einer Geschwindigkeit von lediglich 50 km/h und einem Blick von nur drei Sekunden auf das Handydisplay 42 Meter Fahrtstrecke zurückgelegt. Meistens dauert es sogar noch viel länger, bis eine Textnachricht gelesen, womöglich sogar getippt ist. Bei der Autobahnrichtgeschwindigkeit von 130 km/h und einem Tippen vor gerade einmal acht Sekunden werden sage und schreibe knapp 290 Meter zurückgelegt, Platz und Gelegenheit für mehr als nur einen Unfall. In Deutschland beträgt das Bußgeld inzwischen EUR 100,00, zudem wird ein Punkt im Flensburger Fahreignungsregister eingetragen. Kommt es durch die Handynutzung gar zu einem Unfall, erhöht sich die Strafe auf EUR 200,00, „zwei Punkte in Flensburg“ sowie einen Monat Fahrverbot. Wer auf dem Fahrrad das Handy nutzt, zahlt EUR 55,00. Übrigens: Das Verbot gilt nicht nur für Handy und Smartphone, es ist auch auf Tablet und Laptop erweitert. Telefonieren darf der Kraftfahrzeugführer ohne Freisprecheinrichtung nur dann, wenn der Motor des Fahrzeugs ausgeschaltet ist. Das gilt aber nicht an Ampeln, wenn der Motor durch ein aktiviertes Start-Stopp-System „nicht läuft“. Auch dann droht ein saftiges Bußgeld und die „Eintragung in Flensburg“. Übrigens: Nicht nur das Telefonieren am Steuer ist verboten, sondern schlicht jede Handynutzung ohne Freisprechanlage. Es gibt nur wenige Ausnahmen. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschied, dass das Ablesen der Uhrzeit vom Display ebenso ordnungswidrig ist, wie das Lesen einer SMS oder einer Telefonnummer im Display (Az.: 2 Ss OWi 177/05; 2 Ss OWi 1005/02; 2 Ss OWi 402/06). Entsprechend urteilte das OLG Jena bezüglich der Nutzung des Handys als Diktiergerät (Az.: 1 Ss OWi 82/06). Das OLG Köln (Az.: III-1 RBs 39/12) entschied, dass auch derjenige ein Mobiltelefon im rechtlichen Sinn benutzt, der einen Anrufer nur wegdrückt. Das bloße Umlagern eines Handys vom Ablagefach in die Mittelkonsole bleibt straffrei, entschied das OLG Köln (Az.: 83 Ss OWi 19/05). Nur ob man beweisen kann, dass das Handy umgelagert wurde, steht auf einem anderen Blatt. Schließlich bleibt – so jedenfalls das OLG Hamm theoretisch – auch derjenige straffrei, wer das Handy nur nutzt, um mit dem Akku sein entzündetes Ohr zu wärmen. Allerdings glaubte das Gericht (Az.: 2 Ss OWi 606/07) dem Betroffenen diese Ausrede nicht, der Ertappte musste zahlen.  Kommt es zu einem Unfall, kann es richtig teurer werden. Die Nutzung des Handys kann als grobe Fahrlässigkeit gedeutet werden. Schäden werden dann möglicherweise nicht erstattet. Doch auch derjenige, der eine Freisprecheinrichtung nutzt, ist versicherungsrechtlich nicht immer auf der sicheren Seite. Ein Pkw-Fahrer wollte bei Tempo 120 einen Anruf abweisen, kam dabei aus der Spur und fuhr auf einen Wohnwagen auf. Seine Vollkaskoversicherung verweigerte wegen grober Fahrlässigkeit die Zahlung. Zurecht, bestätigte das LG Frankfurt (Az.: 2/23 O 506/600). Also: Augen auf und Handy weg im Straßenverkehr (25.07.2019 ra).

 

ZIVILRECHT: EUR 18.000 Schadensersatz wegen eines verletzten Hundes???

 

Nachdem sich ihr Hund beim Ballspielen ein Bein gebrochen hatte, verlangte eine Frau von ihrem Ex-Freund knapp EUR 18.000,00 Schadensersatz. Zu Unrecht, wie nun vom Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt/Main entschieden wurde. Doch was war geschehen? Einige Wochen nach der Trennung des Paares hatte der Ex-Lover dem Retriever der Anspruchstellerin einen fußballgroßen Ball geschenkt und anschließend mit dem Hund gespielt, der den Ball treu und zuverlässig jeweils zu seinem Ex-Herrchen zurückbrachte. Eine halbe Stunde lang ging dieses Spielchen gut, dann jedoch sprang der übermütige Vierbeiner so unglücklich in die Luft, dass er bei der Landung mit seinem gesamten Gewicht auf dem hinteren linken Bein aufkam und sich dadurch das Hinterbein brach. Das wiederum erzürnte die Halterin des Hundes derart, dass sie knapp EUR 18.000,00 Schadensersatz von ihrem ehemaligen Geliebten forderte, der ja, so die Anspruchstellerin, für das gebrochene Bein ihres Hundes verantwortlich sei. Neben den reinen Behandlungskosten verlangte sie auch entgangenen Gewinn, da der Retriever (warum eigentlich?) wegen der Verletzungen nicht mehr zuchttauglich sei. Nichts da, entschied das Landgericht (LG) Gießen und wies die Klage kostenpflichtig zu Lasten der Klägerin ab. Das wiederum wollte diese aber nicht akzeptieren und suchte ihr Glück vor dem OLG Frankfurt/Main, das nun die Berufung zurückgewiesen hat, weil der Knochenbruch – Achtung! - nicht adäquat-kausal auf das Werfen des Balles zurückzuführen gewesen sei. Weiter hat das Gericht ergänzend darauf hingewiesen, dass es ein gänzlich unwahrscheinliches Ereignis darstelle, wenn ein junger Hund beim Springen nach einem Ball einen Beinbruch erleidet, weil das Springen nun einmal zum Spieltrieb gerade von jungen Hunden gehöre und deshalb grundsätzlich davon auszugehen sei, dass die körperliche Konstitution eines jungen Hundes so beschaffen sei, dass er derart typische Aktionen ohne Verletzungen bewerkstelligen könne. Deshalb musste nach Auffassung des Zivilsenats noch nicht einmal das von der Klägerin beantragte Sachverständigengutachten eingeholt werden. Aufgrund des "gänzlich unwahrscheinlichen Ereignisses" kann die Hundehalterin also von dem Werfer des Balles keinen Schadensersatz verlangen, sodass nun auch die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zu deren Lasten zurückgewiesen wurde (Beschluss vom 25.03.2019, Az.: 6 U 166/18). Bei dem Knochenbruch des Hundes, so der Senat weiter, habe sich vielmehr das allgemeine Lebensrisiko realisiert, das wiederum der Risikosphäre der Halterin zuzurechnen sei. Das Gericht zog damit eine Parallele zu den Fällen der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung, was sicherlich nicht völlig von der Hand zu weisen ist. Schließlich habe die Klägerin aber auch den Hund mit ihrem ehemaligen Freund (oder anders herum?) spielen lassen und damit die Entscheidung über dessen Selbstgefährdung getroffen. Gründe, einen "spielenden Hund besser zu behandeln als einen spielenden Menschen", sah die Kammer im Ergebnis nicht, was dazu führte, dass auch das OLG Frankfurt/Main zu der Erkenntnis gelangte, dass der Klägerin keine Schadensersatzansprüche zustehen können. Pech also für die Klägerin, die neben ihrer Enttäuschung nun auch noch die Kosten zweier Instanzen tragen muss (19.07 2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Heißer Sommer – Darf man eigentlich in Flip-Flops oder barfuß Auto fahren?


Der Sommer ist heiß, die Frage auch: Darf man eigentlich in Flip-Flops, in Socken oder gar barfuß Auto fahren? Aktuell schreibt der Gesetzgeber das Tragen eines bestimmten Schuhwerks zum Autofahren gesetzlich nicht vor. Daher kann man grundsätzlich selbst entscheiden, ob man barfuß, mit Flip-Flops oder in Socken ans Lenkrad sitzt. Beim Tragen von leichtem Schuhwerk liegt auch kein Verstoß gegen § 23 Abs. 1 Satz 2 StVO vor, wonach ein Fahrzeugführer dafür zu sorgen hat, dass Fahrzeug und Besetzung vorschriftsmäßig sind und die Verkehrssicherheit durch die Besetzung nicht leidet. Soweit bislang von der Rechtsprechung entschieden – das muss aber nicht für alle Zeiten gelten ! - verpflichtet diese Vorschrift den Fahrer nicht, mit geeignetem Schuhwerk Auto zu fahren, da die Rechtsprechung unter den Begriff „Besetzung“ nicht den Fahrer sondern nur die Beifahrer zählt (so jedenfalls das Oberlandesgericht (OLG) Celle, Beschluss vom 13.03.2007, Az. 322 Ss 46/07 und OLG Bamberg, Beschluss vom 15.11.2006, Az. 2 Ss OWi 577/06). Doch Vorsicht ist angesagt, wenn es tatsächlich zu einem Unfall kommen sollte. Ist nämlich der Verkehrsunfall (auch) auf das Tragen von leichtem Schuhwerk zurückzuführen, haftet man (anteilig) für die Unfallfolgen, da dann nicht die erforderliche Sorgfalt angewandt wurde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte bereits in den 1950er-Jahren entschieden, dass derjenige für Unfallfolgen einzustehen hat, der sein Fahrzeug mit ungeeignetem Schuhwerk fährt. Seinerzeit hatte ein LKW-Fahrer mit seinem Fahrzeug einen anderen LKW gerammt, da der Lenker mit lehmbeschmierten Gummistiefeln vom Kupplungspedal abgerutscht war (BGH, Urt. v. 08.01.1957, Az. VI ZR 283/55). Nach Ansicht des Gerichts hatte der Fahrer aufgrund seines ungeeigneten Schuhwerks den Unfall schuldhaft verursacht, sodass er für den Schaden haftete. Das hat das Amtsgericht (AG) Speyer bestätigt, eine Autofahrerin, die leichte Wildlederpumps mit mittelhohem Absatz getragen hatte, müsse eine „besondere Vorsicht“ im Straßenverkehr walten lassen (Urt. v. 09.08.1957, Az. Cs 420/57 = DAR 58, 107). Wer dem also nicht nachkommt handelt fahrlässig und macht sich deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit schadensersatzpflichtig. Zudem besteht die Möglichkeit eines Bußgelds, wenn es zu einem Unfall kommt. Zwar kann das Tragen von leichtem Schuhwerk nicht generell mit einer Geldbuße geahndet werden, kommt es aber zu einem Unfall, ist darin nach Auffassung des OLG Bamberg (s.o.) ein Verstoß gegen die Pflichten eines sorgfältigen Kraftfahrzeugführers zu sehen, § 1 Abs. 2 StVO. Denn wesentliche Fahrzeugfunktionen werden über Pedale mit Fußkontakt gesteuert, weshalb das Fahren ohne bzw. mit ungeeignetem Schuhwerk infolge einer dadurch bedingten Fehlbedienung der Pedale oder eines Abrutschens von den Pedalen mit erheblichen Risiken verbunden ist. Also: Augen auf und festes Schuhwerk an, dann ist man auf der sicheren Seite, auch bei den sicherlich bald wieder herrschenden sommerlichen Temperaturen, die wohl nur in den letzten Tagen etwas zurückgegangen sind (11.07 2019 ra).

 

MIETRECHT: Was Mieter bei der Nutzung eines Balkons beachten sollten

  

Letzte Woche hatten wir darauf hingewiesen, was beim Grillen auf dem Balkon einer Mietwohnung unbedingt beachtet werden muss. Heute wollen wir einmal genauer beleuchten, was bei der Nutzung eines Balkons generell zu beachten ist. Das Grundsätzliche einmal gleich vorneweg: Der Balkon gehört zur Wohnung und darf deshalb vom Mieter auch entsprechend den Regelungen des Mietvertrags genutzt werden. Stühle, Bänke, Tische oder Sonnenschirme dürfen also aufgestellt und benutzt werden. Natürlich darf man auch mit Freunden und Bekannten auf dem Balkon zusammensitzen, Kaffee trinken, reden und feiern. Allerdings gilt spätestens ab 22 Uhr Nachtruhe, befand das Landgericht (LG) Frankfurt (Az.: 2/210424/88). In aller Regel ist es auch erlaubt, Blumenkästen, Blumenkübel und Blumentöpfe aufzustellen, wobei unbedingt darauf zu achten ist, dass sie sicher aufge­stellt und befestigt sind, sodass ein Um- oder Herab­fallen ausge­schlossen ist und insbesondere Dritte nicht gefährdet werden. Sogar auf der Balkonaußenseite dürfen Blumenkästen angebracht werden, meint jedenfalls das Amtsge­richt (AG) München (Az.: 271 C 23794/00). Voraus­setzung ist auch hier eine sichere Befes­tigung. Sogar kleinere Rankgitter sind unter Umständen erlaubt, wobei hier auf jeden Fall darauf geachtet werden muss, dass durch das Aufstellen das Eigentum des Vermieters nicht beschädigt wird. Probleme sind vorprogrammiert, wenn eine einheit­liche Gestaltung vorge­sehen ist. Für diesen Fall müssen Blumentopf & Co. verschwinden, das hat das LG Berlin so entschieden (Az.: 67 S 127/02). Es muss auf jeden Fall auch darauf geachtet werden, dass Gießwasser nicht die Fassade hinunterläuft und Gebäudeteile oder Nachbarn beeinträchtigt (AG München – Az.: 271 C 73794/00). Mehrere Gerichte haben bereits entschieden, dass Mieter berechtigt sind, die Miete zu kürzen, wenn der Balkon nicht genutzt werden kann, beispielsweise weil er repara­turbedürftig ist oder der Vermieter ihn abreißen lässt (LG Berlin – Az.: 29 S 24/86). Auf dem Balkon darf schließlich auch in aller Regel eine Wäscheleine gespannt und Wäsche getrocknet werden, dies selbst dann, wenn im Hof eine Wäschespinne bereit­steht, so jedenfalls das LG Frankfurt (Az.: 2/210424/88). Wenn das alles berücksichtigt wird, sollte der Nutzung des Balkons kein (juristischer) Hinderungsgrund mehr entgegenstehen (04.07 2019 ra).

 

MIETRECHT: Ist Grillen auf dem Balkon einer Mietwohnung eigentlich erlaubt?

 

Grundsätzlich sollte der zwischen Vermieter und Mieter geschlossene Mietvertrag regeln, ob das Grillen auf einem Balkon verboten ist oder nicht. Manchmal hilft auch ein Blick in die Hausordnung. Dabei stellen dann viele Mieter fest, dass in Mehrfa­mi­lienhäusern das Grillen auf Balkonen ausge­schlossen ist. Ein Mieter, der sich nicht daran hält, riskiert deshalb die Kündigung des Mietverhältnisses. Das hat beispielsweise bereits das Landge­richt (LG) Essen so entschieden (Az.: 10 S 438/01). Wenn das Grillen nicht ausdrücklich ausge­schlossen ist, muss es die Nachbarschaft in den Sommer­mo­naten grundsätzlich hinnehmen. Aber leider gilt auch hier, dass es keine Regel ohne Ausnahme gibt. Grundsätzlich gilt, dass derjenige, der sich belästigt fühlt, einem Urteil des LG München I zufolge diese (vermeintliche) Belästigung auch beweisen muss (Az.: 15 S 22735/03). Man sollte aber des lieben Nachbar­schafts­friedens willen auf jeden Fall darauf achten, dass niemand durch die Rauch- (und teilweise auch die Lärm-) entwicklung auf dem Balkon gestört oder auf anderweitige Art und Weise belästigt oder gar geschädigt wird. Wer Beschwerden Anderer geflissentlich ignoriert, kann sogar mit einem Bußgeld belegt werden, befand zumindest das Oberlan­des­ge­richt (OLG) Düsseldorf in einer allerdings schon älteren Entscheidung (Az.: 5 Ss (OWi) 149/95). Die Richter des LG Stuttgart lieferten in einer Entscheidung gleich auch noch Tipps zur Qualm­min­derung: Auf Kohle sollte verzichtet, auf Elektro umgestiegen und Alufolie und -schalen benutzen werden (Az.: 10 T 359/96). Das Umweltbewusstsein jedenfalls schien seinerzeit noch nicht so stark ausgeprägt gewesen zu sein. Und Achtung: Bei der Zahl der erlaubten Grill­feten pro Jahr gehen die Richtermeinungen weit ausein­ander: Während das LG München I großzügig ist und 16 Partys in vier Monaten akzep­tiert hat (Az.: 15 S 22735/03), sind nach Auffassung des OLG Oldenburg nur vier Grillfeten im Jahr erlaubt (Az.: 13 U 53/02). Das LG Aachen beschränkt Grill­freuden auf zwei Feiern im Monat und verbannt dabei die Griller in den hinteren Teil eines Gartens, sodass die Frage, ob das Grillen auf einem Balkon erlaubt sein könnte, nicht entschieden werden musste (Az.: 6 S 2/02). Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte vor dem Räucher-Event die örtlichen Vorschriften über die Gemeinde klären und seinen Mietvertrag gründlich prüfen oder Rücksprache mit dem Vermieter bzw. der Hausverwaltung halten. Wenn dann auch noch potentiell betroffene Nachbarn zu der Grillfete eingeladen werden, kann Ärger von vornherein sicherlich vermieden werden (27.06 2019 ra).

 

REISERECHT: Schadensersatz für zurückgelassenen Fluggast

 

Aufgepasst zur Urlaubszeit: Nachdem er sich auf einen „bombigen“ Urlaub gefreut hatte, wurde ein Flugreisender am Check-In-Schalter seiner Fluglinie in Düsseldorf zurückgelassen und nicht in die USA befördert. Zu Unrecht, wie nun das Amtsgericht (AG) Düsseldorf urteilte und dem Fluggast deshalb eine satte Entschädigung zusprach. Was war geschehen? Die Fluggesellschaft hatte den urlaubsfreudigen Passagier in Düsseldorf im wahrsten Sinne des Wortes „sitzen lassen“, weil er im Rahmen des Check-Ins auf die Frage, welchem Zweck seine Reise in die USA diene, geantwortet hatte, er wolle in Florida einfach nur einen „bombigen Urlaub“ verbringen. Daraufhin entschieden die Mitarbeiter der Fluggesellschaft in Düsseldorf, den Kunden nicht zu befördern, obwohl er – nachdem die Einsicht wohl zurückgekehrt war, dass dieser Scherz den Mitarbeitern der Fluglinie in den falschen Hals geraten war - mehrfach beteuerte, er habe „bombig“ natürlich im Sinne von „toll“ oder „phantastisch“ gemeint. Gleichwohl wurde er von der Beförderung nach Florida ausgeschlossen und durfte sich deshalb in Düsseldorf über seinen misslungenen Scherz ärgern. Der Ärger ging nun so weit, dass er die Gesellschaft vor dem Amtsgericht in Düsseldorf auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Anspruch nahm. Offenbar zu Recht, wie nun das AG Düsseldorf befand (Az.: 42 C 310/18) und dem Zurückgebliebenen eine Entschädigung in Höhe von EUR 1.400,00 zusprach. Das Gericht war nämlich der Auffassung, dass die Airline die sicherlich unglückliche Formulierung durchaus hätte richtig verstehen können und auch richtig hätte verstehen müssen. Ob die Airline vor dem Beförderungsausschluss noch Rücksprache mit den Behörden in den USA, die bei vergleichbaren Äußerungen bekanntlich keinen Sinn für Humor entwickeln, gehalten hatte oder nicht, blieb im Rahmen des Verfahrens offen, da ein Vertreter der Fluggesellschaft zum Verhandlungstermin nicht erschienen war (13.06 2019 ra).

 

ZIVILRECHT: Landgericht Düsseldorf weist Klage eines schlecht schlafenden Ehepaars ab

 

Nach dem Erwerb eines Boxspringbetts setzten bei einem Ehepaar plötzlich Schlafstörungen ein, die das Paar hinzunehmen nicht bereit war. Ständig falle man aus dem Bett oder in die „Besucherritze“ hinein, selbst das Liebesleben sei hierdurch betroffen, so das Ehepaar weiter, das sich daraufhin entschloss, den Verkäufer zur Rücknahme des Bettes und zur Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von etwa EUR 1.500,00 aufzufordern. Nichts da, antwortete dieser, das Bett sei völlig in Ordnung, sodass sich beide Parteien zunächst vor dem Amtsgericht (AG) Neuss, letzten Endes dann sogar vor dem Landgericht (LG) in Düsseldorf wieder trafen, wo das Paar seine Ansprüche gerichtlich geltend machte. Beide Gerichte nahmen die Sache zwar offensichtlich ernst, wiesen die Klage aber gleichwohl kostenpflichtig zu Lasten der Kläger ab. In seinen Urteilsgründen (vom 09.05.2019 – Az.: 19 S 105/17) führte das LG Düsseldorf aus, dass es konstruktiv bedingt sei, wenn bei einem Boxspringbett die zwei getrennt liegenden Matratzen beim Liegen in der Bettmitte auseinanderdriften und so eine "Besucherritze" bilden, was demzufolge keinen Mangel des Bettes darstellt und dazu führte, dass das Gericht die Klage des Ehepaares aus Dormagen abwies. Argumentiert hatten die Kläger dahingehend, dass das Bett derart schwinge, dass man ständig heraus oder in die "leidige Besucherritze" hineinfalle. Das AG Neuss wies die Klage ab und die Kläger darauf hin, dass sich das Bett nach Auffassung des Gerichts in einem einwandfreien Zustand befinde. Mit dieser Entscheidung wollte sich das Ehepaar aber – vermutlich dank einer eintrittspflichtigen Rechtsschutzversicherung - nicht abfinden und ging gegen das aus der Sicht der Kläger rechtsfehlerhafte Urteil des Amtsgerichts in Berufung. Das LG Düsseldorf wollte da verständlicherweise auf Nummer sicher gehen und bestellte deshalb, so muss das sein, einen Sattler- und Polsterermeister zum Sachverständigen und beauftragte diesen mit der sachverständigen und damit sicherlich auch kostspieligen Untersuchung des Bettes. Dessen Bewertung dürfte die Kläger überrascht haben, denn die Liegeprobe des Profis hatte ergeben, dass die Matratzen auch bei teils heftigen Bewegungen – wie diese im Einzelnen nun erzeugt und bewertet wurden, soll nicht näher hinterfragt werden - zwar leicht in Schwingung gerieten, gleichzeitig aber in ihrer ursprünglichen Position verblieben und deshalb nicht verrutschten. Nun aufgepasst, liebe Kläger, so das Landgericht weiter: Es liegt auf der Hand, dass eine Matratze in einem Bettkasten besser gegen Verrutschen gesichert ist, als bei dem von den Klägern ausgewählten Boxspringbett. Aber: Das leichte Schwingen der Matratzen und die "Besucherritze" selbst seien ein konstruktiver Nachteil, der nun einmal hingenommen werden müsse, wenn man sich für ein Bett ohne Bettkasten entscheidet. Und: Der hinzunehmende Nachteil werde im Übrigen wieder dadurch aufgewogen, dass der fehlende Bettkasten dazu führe, dass der Seiteneinstieg wesentlich erleichtert werde. Diese für das Gericht eindeutige Sachlage dürfte schließlich auch der Grund dafür gewesen sein, dass sich das Gericht nicht mehr zu den (vermeintlich) negativen Auswirkungen äußerte oder äußern wollte, die das Bett auf das Liebesleben des Paares ausgeübt habe. Denn jedenfalls zum Schlafen "als seinem eigentlichen Zweck" sei das Bett bestens geeignet. Respekt vor einer solch weitsichtigen, fundierten und wissenschaftlich nachvollziehbaren Entscheidung (06.06.2019 ra).

 

FÜHRERSCHEINRECHT: Welche Konsequenzen „Knöllchensammlern“ drohen können 

 

Wer kennt das nicht, der täglich mit dem Auto zur Arbeit fährt: Anstatt einen Tages-Parkschein zu lösen, riskieren viele Autofahrer ein Knöllchen, was u.U. preiswerter ausfallen kann, als ein Ticket zu ziehen. Drohen dann eigentlich ab einer bestimmten Anzahl von „Strafzetteln“ Punkte in Flensburg oder ist gar der Führerschein gefährdet? Konsequenzen muss man in der Tat in Kauf nehmen: Bei demjenigen, der sehr häufig falsch parkt (und dabei erwischt wird), können nämlich Zweifel an der Fahreignung bestehen. Diesen Zweifeln kann die Fahrerlaubnisbehörde dann durch Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) nachgehen, dem im Volksmund sehr bekannten „Idiotentest“. Wird die MPU nicht bestanden oder nicht fristgerecht absolviert, ist der Führerschein weg, weil dem Betreffenden „ein gespaltenes Verhältnis zur Straßenverkehrsordnung“ attestiert wird. Das fristgerechte Zahlen schützt übrigens nicht vor den drastischen Konsequenzen. Da es sich auch um Rechtsfragen des ruhenden Verkehrs handelt, ist letzten Endes nicht entscheidend, ob der Halter auch der Fahrer ist. Der Halter haftet in diesem Fall nämlich für den Fahrer, will der Halter seine Unschuld beweisen, muss er der Behörde den Fahrer benennen. Ein Führerschein wird aufgrund von Strafzetteln wegen fehlerhaften Parkens erfahrungsgemäß zwar eher selten einkassiert. Wenn aber etwa 60 bis 80 Knöllchen pro Jahr angesammelt werden, also etwa ein bis anderthalb Bußgeldbescheide pro Woche, kann es u. U. wiederum brenzlig werden. Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hat nämlich entschieden, dass ein Fahrzeughalter, der sich 127 Knöllchen eingefangen und zusätzlich noch 17 Geschwindigkeitsüberschreitungen in anderthalb Jahren begangen hatte, damit rechnen muss, dass die Fahrerlaubnis entzogen wird (Beschluss vom 10. September 2012; Az.: VG 4 L 271.12), obwohl der Fahrzeughalter angegeben hatte, dass er nicht alle Strafzettel selbst verschuldet hatte. Der Führerschein war erst einmal futsch. Dass diese Konsequenzen eher selten drohen, hängt auch damit zusammen, dass man als Sünder eher selten an der gleichen Stelle, zumindest aber nicht in der gleichen Stadt erwischt wird. Dann nämlich wechseln die Zuständigkeiten der jeweiligen Behörde – und dann fällt ein wiederholtes Vergehen eher selten auf. Ausgeschlossen ist dies indes nicht!  Punkte in Flensburg drohen in aller Regel nicht. Zumindest dann nicht, wenn es sich um bloße Strafzettel infolge eines fehlenden Parkscheins handelt. Anders kann es aber sein, wenn durch ein ruhendes Fahrzeug ein Rettungsweg versperrt oder ein Rettungsfahrzeug behindert wird. Dann sind seit Inkrafttreten des neuen Bußgeldkatalogs EUR 60,00 fällig und einen Punkt gibt’s oben drauf (29.05 2019 ra).

 

ZIVILRECHT: Müssen „verpasste“ Arzttermine eigentlich vergütet werden?

  

Leider wird diese Frage von der Rechtsprechung und den beteiligten Kreisen nach wie vor kontrovers beantwortet. Erst kürzlich forderte ein Ärzteverband, ein solches Ausfallhonorar, das bis zu EUR 40,00 betragen soll, generell einzuführen. Eine einheitliche gesetzliche Regelung hierzu gibt es aber (bislang) nicht, bedauerlicherweise aber auch keine einheitliche Rechtsprechung. Immerhin beträgt der Anteil von unentschuldigt nicht wahrgenommenen Terminen einer Erhebung zufolge zwischen 5 und 20% der vereinbarten Arzttermine. Es ist leicht nachvollziehbar, dass speziell bei „Bestellpraxen“, die nur feste Termine vergeben, hierdurch ein wirtschaftlicher Schaden entsteht, sodass der Verband der niedergelassenen Ärzte (NAV-Virchow-Bund) fordert, von den Patienten eine Ausfallgebühr zu erheben. Darüber hinaus fordert der Verband eine vierwöchige Terminsperre für „Termin-Schwänzer“. Anders sehen das etliche Krankenkassen, die argumentieren, dass die Vereinbarungen über Ärztevergütungen bereits Zeiten berücksichtigten, in denen Patienten nicht erscheinen. Dann würden Ärzte durch Ausfallgebühren also quasi doppelt „kassieren“. Darüber hinaus würden ja auch Patienten, die trotz Terminvereinbarung lange Wartezeiten über sich ergehen lassen müssen, im Umkehrschluss hierfür keine Entschädigung erhalten. Die Frage, ob Ausfallgebühren überhaupt zulässig sind, ist derzeit weder gesetzlich geregelt, noch gibt es eine einheitliche Rechtsprechung hierzu. So hat beispielsweise das Landgericht (LG) Berlin – allerdings bereits 2005 – entschieden (Az.: 55 S310/04), dass ein generelles Ausfallhonorar im Anmeldeformular einer Zahnarztpraxis nicht zulässig sei, wobei es seinerzeit um eine Gebühr von EUR 75,00 gegangen ist, die zu bezahlen gewesen wäre, wenn der Termin nicht mindestens 24 Stunden im Voraus abgesagt wurde. Anders hat dies das Amtsgericht (AG) Diepholz im Jahr 2011 gesehen (Az.: 2 C 92/11) und hat geurteilt, dass eine Praxis für aufwändige Behandlungen bei Nichterscheinen oder zu kurzfristiger Absage in bestimmten Fällen ein Ausfallhonorar verlangen könne, wobei Schaden und damit auch Honorar möglichst klein zu halten seien. Das ersichtlich jüngste Urteil hat das AG Bremen im Jahr 2012 veröffentlicht und darauf hingewiesen (Az.: 9 C 0566/11), dass Patienten abgesprochene Termine jederzeit und vor allem folgenlos stornieren dürften. Verallgemeinern darf man diese Entscheidung allerdings nicht. Um einen drohenden Konflikt zu vermeiden empfiehlt es sich (dies gilt Übrigens auch bei fix vereinbarten Rechtsanwaltsterminen!), fest vereinbarte Termine möglichst einzuhalten, anderenfalls aber zumindest rechtzeitig und möglichst schriftlich abzusagen. Dies gebieten aus unserer Sicht der Dinge auch Fairness und Höflichkeit (23.05 2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Glück für „Raser“ wegen einer angekündigten gerichtlichen Entscheidung?

 

Der saarländische Verfassungsgerichtshof will zeitnah in den nächsten Wochen eine Entscheidung verkünden, die sich für viele „Temposünder“ entscheidend und möglicherweise sehr positiv auswirken könnte. Viele Beobachter des Verfahrens gehen nämlich davon aus, dass das Gericht verlangen wird, dass ein geblitzter Autofahrer im Rahmen der Prüfung, ob die Messung ordnungsgemäß vorgenommen wurde, verlangen kann, dass die entsprechenden Messdaten beigezogen werden. Doch viele der aktuell eingesetzten Anlagen speichern diese Daten gar nicht ab. Dies wird möglicherweise dazu führen, dass Messungen solcher Geräte einer gerichtlichen Entscheidung vorerst nicht mehr zugrunde gelegt werden können. Zunächst müssten diese Geräte vielmehr umgerüstet oder ausgetauscht werden. Die Entscheidung würde zwar zunächst nur für das Saarland gelten, doch eine Signalwirkung für andere Bundesländer wäre quasi vorprogrammiert. Zugrunde liegt der Fall eines Transporterfahrers, der wegen einer angeblichen Geschwindigkeitsüberschreitung von 27 km/h zu einer Geldbuße von EUR 100,00 verurteilt und mit einem Punkt im Fahreignungsregister bedacht worden war. Das Gericht machte nun deutlich, dass die Frage, ob und wie sich ein Betroffener zu Wehr setzen kann, wenn Messdaten gar nicht abgespeichert werden, entschieden werden müsse. Es gehe also "um sehr grundsätzliche Fragen von Verteidigungsrechten und Fairnessgeboten". Das zum Einsatz gekommene Gerät speichert keine Daten der eigentlichen Messung ab, was bislang nur wenige Gerichte beeindruckte. Diese gingen nämlich davon aus, dass es sich um ein sog. "standardisiertes Messverfahren" handelt. Der Betroffene kann die Messung juristisch zwar anzweifeln; doch ohne Prüfung der sog. Rohmessdaten ist dies nur sehr begrenzt möglich. Die Mehrzahl der Gerichte spricht nun den Betroffenen einen Anspruch auf die Messdaten zu, um diese wiederum von Gutachtern prüfen lassen zu können. Möglich ist dies aber faktisch nur bei Videogeräten und bei einem Gerät, das mit einem Helligkeitssensor arbeitet. Bei den meisten Laserscannern werden Messdaten hingegen nicht abgespeichert. Nur ganz wenige Amtsgerichte haben bisher entschieden, dass in einem solchen Fall das Verfahren einzustellen ist. Üblicherweise wird argumentiert, dass die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) die Wirkungsweise derartiger Geräte vor der Freigabe geprüft habe und keine Speicherung der Messdaten vorschreibe. Was das Messgerät also „speichert“ (oder auch nicht) ist also grundsätzlich Sache des Herstellers. Genau das könnte sich nun aber ändern. Ein hinzugezogener Sachverständige machte nämlich deutlich, dass einer Datenauswertung immer ein Modell zugrunde liege. Seien dabei bestimmte Störeinflüsse nicht bedacht worden, liege dies außerhalb des Bereichs, für den das Modell gebildet wurde. Das heißt also konkret, dass die Frage, ob bei einer konkreten Messung ein Störeinfluss vorgelegen hat oder nicht, nur dann geprüft werden kann, wenn die Rohmessdaten vorliegen. Hier sehen sich nun aber die Hersteller der Messgeräte benachteiligt, da man für diesen Fall auch deren Know-how und Kenntnisse tangieren würde. Dies hat den Verfassungsgerichtshofs allerdings offenbar wenig beeindruckt, da andererseits auch die Grundrechte der betroffenen Bürger betroffen sind. Die angekündigte Entscheidung, deren Inhalt natürlich abgewartet werden muss, soll in einigen Wochen verkündet werden, spätestens bis zu den Sommerferien. Also gerade noch rechtzeitig vor dem dann anstehenden Sommerreiseverkehr (16.05 2019 ra).

 

MEDIENRECHT: Was passiert eigentlich mit einem „digitalen Nachlass“? 

 

Wenn ein Mensch gestorben ist, hinterlässt er Spuren. Auch im „Netz“. Es ist dann wichtig zu wissen, wie Konten gelöscht oder Accounts geschlossen werden. Was aber, wenn keine Passwörter hinterlegt sind? Betroffene Familienmitglieder stehen dann oft vor enormen Problemen.  Die einfachste Möglichkeit, Schwierigkeiten zu vermeiden, ist das Hinterlegen der Passwörter. Folgt man allerdings dem Rat, Passwörter regelmäßig zu wechseln, muss auch das hinterlegte Papier stets auf den neuesten Stand gebracht werden, was mühselig aber auch die sicherste Art ist, später Probleme und Schwierigkeiten zu vermeiden. Einige soziale Netzwerke und auch Websites mit Kontofunkton bieten übrigens die Möglichkeit, einen Nachlasskontakt zu bestimmen. Auch daran sollte man bei Zeiten denken. Die entsprechende Person muss zu Lebzeiten bestimmt werden und kann dann im Todesfall das Konto verwalten, allerdings das Konto nicht löschen. Letzteres ist erst durch eine Kontaktaufnahme mit dem Unternehmen selbst möglich. Ohne Unterlagen ist es sehr schwer, einen Account zu löschen. Man kann zwar auf die Kulanz der Firmen setzen, einfacher aber ist es, wenn man einen Nachweis liefert, der einen als Erben ausweist. Denkbar ist neben Sterbe- oder Geburtsurkunde natürlich ein Erbschein. Gleichwohl gibt es Unternehmen, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) festlegen, dass selbst nach dem Tod die Zugangsdaten geheim bleiben. Grundsätzlich geht zwar das ganze Vermögen und damit auch der gesamte digitale Nachlass inklusive E-Mail-Accounts, Providerverträgen und Auskunftsansprüchen auf den oder auf die Erben des Verstorbenen über. Provider berufen sich gleichwohl auf das Telekommunikationsgeheimnis und weigern sich teilweise, die E-Mails aus dem Account des Verstorbenen herauszugeben, die noch nicht abgerufen sind. Das scheint nach derzeitiger Rechtslage erlaubt zu sein, sodass die Erben auch nicht viel machen können, zumal das zitierte Fernmeldegeheimnis nicht nur ein Geheimnis des Erblassers sondern auch das Geheimnis des Absenders der Nachricht ist. Auch der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich mittlerweile mit dem digitalen Nachlass befassen, zumindest, was soziale Netzwerke angeht. Dabei wurde entschieden, dass grundsätzlich dann, wenn der Nutzer eines sozialen Netzwerks stirbt, dessen Konto auf die Erben übergeht. Diese haben also Anspruch auf Zugang zum Konto und darauf, die Nachrichten einzusehen (Urteil vom 12.07.2018– Az.: III ZR 183/17). Geklagt hatte eine Mutter, deren 15-jährige Tochter vor eine U-Bahn gestürzt war. Die genauen Umstände des Todesfalls waren nicht aufzuklären. Die Frau wollte deshalb das Konto ihrer Tochter in einem großen sozialen Netzwerk einsehen um herauszufinden, ob womöglich Selbstmordabsichten geäußert worden waren. Außerdem gehe es darum, Schadensersatzansprüche des U-Bahn-Fahrers abzuwehren. Zwar standen der Mutter die Zugangsdaten zum Konto ihrer Tochter zur Verfügung. Ein Einloggen war aber nicht möglich, weil das Konto in den sogenannten Gedenkzustand versetzt worden war. Ein Zugang war deshalb nicht mehr möglich, die Inhalte blieben aber weiter bestehen. Daraufhin klagte die Mutter, das Landgericht Berlin gab ihr Recht (Urt. v. 17.12.2015 – Az.: 20 O 172/15). In nächster Instanz kippte das Berliner Kammergericht diese Entscheidung aber (Urt. v. 31.05.2017 – Az.: 21 U 9/16), sodass der BGH entscheiden musste. An all diese Umstände sollte man rechtzeitig denken, sodass spätere Probleme von vornherein vermieden sind. Im Ernstfall helfen wir Ihnen natürlich auch bei diesen verzwickten Sachverhalten gerne weiter (09.05 2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: „Maistreiche“ und Strafrecht

  

In der Nacht auf Mittwoch nutzen wieder viele junge Menschen die alljährliche „Walpurgisnacht“, um mehr oder weniger gelungene Scherze zu treiben und dem ein oder anderen einen Denkzettel zu verpassen. Dagegen spricht nichts, so lange sich der Spaß im Rahmen der Gesetze bewegt. Leider wird aber die Nacht zum 1. Mai zu allerlei Streichen benutzt, die allzu oft über das Brauchtum und über das erlaubte Maß hinausgehen. In der Vergangenheit war das Wegräumen von Pflanzenkübeln, Gartenmöbeln und Gartentürchen ein probates Mittel, um sich vor den Maistreichen in den Abend- und Nachtstunden zu schützen. Mittlerweile ist diese Vorgehensweise nach Darstellung etlicher Polizeidienststellen aber wirkungslos, weil Kinder und Jugendliche, teilweise sogar in Begleitung ihrer Eltern, durch Wohngebiete streifen und dabei dann auch Häuser oder andere Gebäude mit Toilettenpapier, Rasierschaum oder Würfen mit rohen Eiern verschandeln. Nicht selten kommt es bedauerlicherweise aber auch vor, dass betrunkene Jugendliche die Nacht zum 1. Mai nutzen, um unter dem Vorwand des Brauchtums Straftaten zu verüben. Dominierend sind hier zwar nach wie vor reine Sachbeschädigungen. Leider kommt es aber auch vor, dass Brände gelegt und Diebstähle vorgenommen werden. Eltern sollten deshalb Jugendliche darüber aufklären, dass auf den ersten Blick vermeintlich „lustige Späße“ zu erheblichen zivil- und strafrechtlichen Konsequenzen führen können. Wer etwa Kanaldeckel aushebt oder Seile über die Fahrbahn spannt, scherzt nicht, sondern gefährdet absichtlich und rücksichtslos Gesundheit und Leben von Unbeteiligten und macht sich daher strafbar. Daneben stehen enorme Schadensersatzansprüche im Raum, die bei einem Vorsatzdelikt von keiner Haftpflichtversicherung übernommen werden. Deshalb ist es empfehlenswert, bereits vor einem „Maistreich“ darüber nachzudenken, ob es sich wirklich um einen Scherz handelt, der auch von anderen als lustig empfunden wird oder ob die Grenze zu strafbarem Handeln überschritten wäre (30.04.19 ra).

 

STRASSENVERKEHRSRECHT: „Knöllchen“ auf Supermarktparkplätzen

 

Dauerparker auf Supermarktparkplätzen ärgern sich: Die Parkplätze werden immer häufiger von privaten Firmen kontrolliert. Wer dort zu lange parkt, riskiert ein „Knöllchen“, was einen teurer kommen kann, als ein Parkverstoß auf städtischem Grund und Boden. Das Kassieren einer „Strafe“ für überlanges Parken ist grundsätzlich rechtens. Private Parkplatzbetreiber können die Nutzung ihrer Kundenparkplätze durch Aufstellen oder Aushängen einer Parkplatzordnung reglementieren, wobei es sich, rechtlich betrachtet, hierbei um sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt. Beispielsweise wird durch Schilder auf eine Parkscheibenpflicht und die erlaubte Parkdauer hingewiesen. Bei Überschreiten der Höchstparkdauer wird, so der Inhalt der Schilder weiter, ein erhöhtes Parkentgelt fällig. Wird ein Fahrzeug auf einem derart beschilderten Kundenparkplatz abgestellt, akzeptiert man grundsätzlich auch die Parkplatzordnung und schließt damit einen Nutzungsvertrag ab. Werden die Parkregeln nicht eingehalten, führt ein Parkverstoß auf öffentlichem Grund zu einer Ordnungswidrigkeit, die wiederum mit einem gesetzlich normierten Verwarnungs- oder Bußgeld geahndet wird. Bei dem Parkentgelt, dass auf privaten Kundenparkplätzen verlangt wird, handelt es sich in rechtlicher Hinsicht dagegen um eine sog. Vertragsstrafe. Ob deren Höhe angemessen ist, kommt dabei auf den Einzelfall an. Dabei dürften sich die mittlerweile berechneten EUR 15,00 bis EUR 25,00 noch im Rahmen bewegen. Der Betreiber eines Kundenparkplatzes darf einen unberechtigt abgestellten Wagen auch abschleppen lassen. Auf diese Folge wird in der Regel auf den entsprechenden Schildern hingewiesen. Wer trotzdem ohne Parkscheibe parkt, nicht im Laden einkauft oder die erlaubte Höchstparkdauer überschreitet, muss damit rechnen, dass das abgeschleppte Fahrzeug erst nach Bezahlung der Abschleppkosten wieder herausgegeben wird. Dabei bedeutet das unbefugte Parken eine „verbotene Eigenmacht“, sprich eine Beeinträchtigung des Besitzrechts. Um diese Beeinträchtigung zu beseitigen, darf der Besitzer des Kundenparkplatzes, so der Bundesgerichtshof BGH, sein gesetzliches Selbsthilferecht (§ 859 BGB) ausüben und das unberechtigt parkende Fahrzeug abschleppen lassen. Das Abschleppen sei sogar dann zulässig, so die Richter, wenn auf dem Gelände noch andere Parkplätze frei seien (Az.: V ZR 144/08). Jedoch dürfen keine unangemessen hohen Kosten in Rechnung gestellt werden. Maßgeblich ist, so der BGH, wie hoch die ortsüblichen Kosten für das Abschleppen und die vorbereitenden Dienstleistungen sind (Az.: V ZR 229/13). Da das unberechtigte Parken eine verbotene Eigenmacht darstellt und bereits der einmalige Parkverstoß die Vermutung begründet, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt, steht dem Grundstückseigentümer sogar ein Unterlassungsanspruch zu, sodass der Grundstückseigentümer vom Parksünder bereits beim ersten Parkverstoß das Unterlassen des zukünftigen Falschparkens verlangen und den Parksünder abmahnen und von ihm die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangen kann. Auch die Kosten für die Halterermittlung kann er erstattet verlangen. Deshalb Augen auf auch auf privaten Parkplätzen (25.04.19 ra).

 

RECHT AKTUELL: Ostern und Arbeitsrecht

 

Viele Arbeitnehmer freuen sich schon auf die bevorstehenden Osterfeiertage. Doch Ostern löst nicht nur Freude sondern bei vielen Berufsgruppen auch Stress aus: Ärzte, Polizeibeamte, Kellner, Pfleger und viele andere mehr müssen über das Osterwochenende arbeiten. Da stellt sich dann zwangsläufig einmal die Frage, wie eigentlich die gesetzliche Regelung bezüglich der Osterfeiertage aussieht: Karfreitag und Ostermontag sind gesetzlich festgelegte Feiertage, die für Beschäftigte grundsätzlich arbeitsfrei sind. Allerdings sind in den entsprechenden arbeitsrechtlichen Regelungen auch diverse Ausnahmen vom Beschäftigungsverbot festgelegt, beispielsweise im Bereich des Sicherheits- oder des Gesundheitswesens. Hier muss - natürlich möchte man beinahe sagen - auch an Feiertagen eine Versorgung gewährleistet sein. Gesetzlich gibt es übrigens grundsätzlich keinen Anspruch auf sogenannte Feiertagszuschläge, lediglich für geleistete Nachtarbeit an solchen Tagen wird ein Aufschlag gewährt. Ansonsten steht dem an Sonn- oder Feiertagen arbeitenden Mitarbeiter ein Ersatzruhetag zu. Zu beachten ist weiter, dass in den meisten Fällen nicht die gesetzliche Regelung sondern eine individual-vertragliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag gilt. Und in einem Vertrag wiederum ist sehr häufig das individuelle Recht auf mögliche Zuschläge festgelegt. Vielen Arbeitnehmer ist egal, ob es sich beim Ostersonntag nun um einen Sonn- oder einen Feiertag handelt. So ganz gleichgültig ist dies aber nicht für Arbeitnehmer, die auch am Ostersonntag arbeiten müssen. Es gibt nämlich in den meisten Arbeits- und Tarifverträgen erhebliche Unterschiede zwischen Feiertags- und Sonntagszuschlägen, weswegen sich auch das Bundesarbeitsgericht bereits mit diesem Themenkreis beschäftigen musste und dabei festlegte, dass der Ostersonntag in 15 Bundesländern kein Feiertag ist und deshalb eine Klage von Beschäftigten einer Großbäckerei in Niedersachsen abgewiesen wurde, die über mehrere Jahre hinweg von ihrem Arbeitgeber für die Arbeit am Ostersonntag den im Manteltarifvertrag vereinbarten Feiertagszuschlag von 175% erhalten hatten. Da im Jahr 2007 dann plötzlich nur noch der niedrigere Sonntagszuschlag von 75% auf dem Lohnzettel stand, zogen die Arbeitnehmer vor Gericht und trugen dabei vor, dass Oster- und Pfingstsonntage in der christlichen Welt Feiertage seien, was die Vorinstanz bestätigte. Zu Unrecht, wie das Bundesarbeitsgericht dann allerdings feststellte (Urt. v. 17.03.2010, Az.: 5 AZR 317/09). Nur das Land Brandenburg hat den Ostersonntag offiziell zum Feiertag erklärt, was übrigens auch für den Pfingstsonntag gilt. Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass die Verteilung des Urlaubs grundsätzlich zwar nicht im Ermessen des Arbeitgebers liegt. Gleichwohl ist es dem Arbeitgeber grundsätzlich gestattet, Betriebsferien anzuordnen. Dabei sollte aber generell darauf geachtet werden, dass diese „Zwangspause“ in den Schulferien liegt, sodass eine Benachteiligung von Eltern vermieden wird. Weiter sollte der Arbeitgeber die auf diesem Weg verordnete Freizeit so früh wie möglich ankündigen, damit sich alle Arbeitnehmer darauf einstellen können. Hat der Betrieb schließlich einen Personal- oder Betriebsrat, darf der Arbeitgeber nicht in Eigenregie entscheiden, sondern muss deren Zustimmung einholen. So, und nun wünschen wir Ihnen frohe Osterfeiertage (18.04.19 ra).

 

RECHT AKTUELL: Gerichte müssen sich mit "Kuhglockengeläut" auseinandersetzen

 

Ein Nachbarschaftsstreit beschäftigt seit etlichen Jahren die bayerische Justiz. Nun musste sich sogar das Oberlandesgericht (OLG) München mit dem Fall beschäftigen und kam zu der Schlussfolgerung, dass die Glocken der auf einer Weide grasenden Kühe einer Nachbarin weiter läuten dürfen (Urteil vom 10.04.2019, Az. 15 U 138/18). Geklagt hatte ein an das Grundstück angrenzendes Ehepaar, das ein Ende des Kuhglockengebimmels verlangt hatte und zuvor schon in getrennt geführten Verfahren vor dem Landgericht (LG) München II unterlegen war. Der „Knackpunkt“ in beiden Verfahren lag nun offenbar darin, dass der Mann bereits im September 2015 mit der Halterin der Kühe vor dem Amtsgericht (AG) Miesbach einen Vergleich geschlossen hatte, der zum Inhalt hatte, dass die Kühe der nördlichen Grundstückshälfte fernbleiben müssen und nur noch auf dem entfernteren südlichen Teil grasen dürfen, woran sich die Eigentümerin der Kühe auch hielt. Den Nachbarn war dies aber weiterhin zu laut, sodass sie weiter gegen die Halterin der Kühe vorgingen. Vergebens, wie das Oberlandesgericht nun feststellte, mit dem Vergleich sei nämlich eine zeitlich unbegrenzte und auf das ganze Gebiet bezogene Nutzungsregelung getroffen worden. Für eine nochmalige gerichtliche Rechtsverfolgung fehle daher das Rechtsschutzinteresse. Der Vergleich, so das Gericht weiter, beziehe sich dabei nicht nur auf das Gebimmel der Kuhglocken sondern auch auf Fliegen, die um die Kühe herum und von dort aus auch auf das Anwesen der Nachbarn schwirren, sowie das Ausbringen von Gülle, Jauche und Mist. Es wird abzuwarten bleiben, ob die jahrelange Auseinandersetzung damit ein Ende finden wird… (11.04.19 ra).

 

ORDNUNGSWIDRIGKEITSRECHT: Alkoholkontrolle auf Privatparkplatz möglich?

 

Ein Gericht darf auch das Ergebnis einer auf einem privaten Parkplatz durchgeführten Alkoholkontrolle zu Lasten des betroffenen Autofahrers verwerten. Das hat das Amtsgericht (AG) München entschieden. Was war geschehen? Ein Autofahrer bog spät in der Nacht mit seinem Auto von der Straße her kommend auf sein Grundstück ein, wo er nach einer etwas längeren Einfahrt schließlich auf seinen Parkplatz steuerte und den Wagen abstellte. Unglücklicherweise war ihm die Polizei mit einem Streifen­wagen gefolgt und forderte den Betroffenen auf, einem Atem­alkohol­test zuzustimmen, womit der Autofahrer einverstanden war. Nachdem der Test positiv ausfiel wurde anschließend auf der Wache ein Wert von etwa 0,75 o/oo fest­gestellt. Das wiederum schien dem Unglücklichen nicht nachvollziehbar, er sagte vor Gericht aus, dass er beim Essen nur Weinschorle getrunken und sich nicht beeinträchtigt gefühlt habe. Weiter war er der Auffassung, dass die Ergebnisse der auf seinem Grundstück vorgenommenen Verkehrs­kontrolle vor Gericht nicht verwertet werden dürften. Das sah das AG München nun allerdings anders (Beschluss vom 07.09.2018 – Az.: 953 OWi 421 Js 125161/18) . Unerheblich sei, so das GeRicht, ob die allgemeine Verkehrs­kontrolle ohne konkreten Verdacht habe stattfinden dürfen oder nicht, da selbst dann, wenn man hiervon nicht ausgehen dürfe, die Beamten wegen des dort ermittelten Tat­verdachts die nötigen Maßnahmen hätten einleiten dürfen, sodass das Handeln der Beamten also korrekt gewesen sei. Der Mann sei schließlich zuvor auf öffentlichen Straßen gefahren und die Beamten hätten deshalb abwarten dürfen, um die Verkehrs­kontrolle dann durchzuführen, nachdem der Mann sein Ziel erreicht hatte. Deshalb hat das Gericht entschieden, dass Ordnungs­widrigkeiten auch dann verfolgt werden dürfen, wenn sie erst auf privatem Grund fest­gestellt werden. Der Betroffene wurde zu EUR 500,00 Geldbuße und einem ein­monatigem Fahrverbot verurteilt (04.04.19 ra).

 

RECHT AKTUELL: Frühjahr… Zeit (auch) für´s Autowaschen! Recht und Waschstraßen

 

Die Aussicht auf ein sonniges Frühjahr lockt auch in diesem Jahr wieder etliche Autobesitzer in Waschhallen und Waschstraßen. Doch wie sieht es eigentlich aus, wenn das Fahrzeug beim Waschvorgang beschädigt wird? Der Betreiber der Waschstraße ist grundsätzlich dann schadensersatzpflichtig, wenn der Kunde zunächst einmal beweisen kann, dass der Schaden im Zuge der Anlagennutzung (und nicht bereits früher) entstanden ist. Steht dies fest (was beispielsweise durch verbindliche Einschätzung eines Sachverständigen geschehen kann), kann sich der Anlagenbetreiber auf den Standpunkt stellen, dass ihn an der Beschädigung kein Verschulden trifft. Dann wiederum ist in der Regel der Waschhallenbetreiber gefordert, das fehlende Verschulden zu beweisen. Allerdings ist es, wie gesagt, zunächst grundsätzlich Aufgabe des anspruchstellenden Geschädigten, den Beweis einer kausalen Schädigung in der Waschhalle zu führen. Gelingt dieser Nachweis nicht, haftet der Betreiber der Anlage grundsätzlich nicht für Schäden. Weiter muss der Nutzer der Waschstraße im Ernstfall aber auch beweisen können, dass er die erforderliche Sorgfalt bei Nutzung der Anlage beachtet hat. Viele Waschanlagenbetreiber regeln übrigens im Rahmen sog. „Allgemeiner Geschäftsbedingungen“ (AGB) die Rechte und Pflichten sowohl des Anlagenbetreibers als auch des Kunden. In diesem „Kleingedruckten“ finden sich häufig Sicherungs- und Warnhinweise, wie beispielsweise bezüglich des Sicherns der Antenne. Sofern die AGB Vertragsbestandteil wurden, was regelmäßig bei Aushang der Geschäftsbedingungen im Eingangsbereich der Waschstraße der Fall sein dürfte, müssen diese Vorgaben auch beachtet werden, anderenfalls haftet der Betreiber der Anlage nicht. Nach Vertragsschluss ausgehändigte Bedingungen (z.B. auf der Quittung) werden nicht mehr Vertragsbestandteil, da der Vertrag zu diesem Zeitpunkt bereits geschlossen war. Schadenersatz kann unter Umständen aber beispielsweise dann verlangt werden, wenn ein Schild lediglich bestimmt: „Antenne einschieben oder abnehmen“ und sich an Ihrem Fahrzeug eine diebstahlsgesicherte Antenne befindet, die weder eingeschoben noch abgenommen werden kann. Hier wäre es grundsätzlich Sache des Betreibers, einen geeigneten Hinweis zu erteilen und dem Kunden ggf. von der Benutzung der Waschanlage abzuraten. Häufiger Anlass für Ärger bilden auch Lackschäden durch nicht ordnungsgemäß arbeitende oder verschmutzte Reinigungsbürsten. Diese Schäden sind in der Regel vom Waschanlagenbetreiber zu ersetzen, da dieser darauf zu achten hat, dass sich in den Waschbürsten keine Fremdkörper befinden, die nicht unerhebliche Lack- und Schrammschäden verursachen können, wobei die Rechtsprechung davon ausgeht, dass dem Betreiber eine lückenlose Kontrolle der Bürsten nach jedem Fahrzeug nicht zuzumuten ist. Enthalten die AGB Haftungsbeschränkungen, verweigern Waschanlagenbetreiber häufig den Ersatz der in der Waschstraße entstandenen Schäden, wobei sich oft Klauseln finden, die eine Haftung für außen an der Karosserie angebrachte Teile (z.B. Zierleisten, Spiegel, Antennen) sowie dadurch verursachte Lack- und Schrammschäden ausschließen, es sei denn, dass den Waschanlagenbetreiber grobes Verschulden trifft. Diese Haftungsbeschränkung wurde vom Bundesgerichtshof (BGH) als unzulässig erklärt, da der Kunde dadurch unangemessenen benachteiligt wird (Urteil vom 30.11.2004, Az. X ZR 133/03). Schließlich ist anerkannt, dass der Waschanlagenbetreiber vorab zu prüfen hat, ob ein Fahrzeug für seine Anlage nun geeignet ist oder nicht. Wird es versäumt, ein Fahrzeug zurückzuweisen, bei dem aufgrund besonderer aber offensichtlicher Umstände die Benutzung der Waschanlage zu einer Beschädigung des Fahrzeuges führen kann, kann dies wiederum eine Schadensersatzpflicht nach sich ziehen. Kunden müssen allerdings nicht darauf hingewiesen werden, dass die Scheibenwischer in die Ruhestellung versetzt oder Fenster geschlossen werden müssen. Schließlich sollten Sie Ihr Fahrzeug noch auf dem Gelände der Waschanlage auf Schäden kontrollieren, offensichtliche Schäden, die durch die Waschanlage entstanden sind, sollten sofort gemeldet werden. Es empfiehlt sich aus Beweissicherungsgründen, auf eine schriftliche Bestätigung zu bestehen. Zwar können Ersatzansprüche wegen nicht offensichtlicher Schäden auch noch gestellt werden, wenn das Grundstück bereits verlassen wurde. Allerdings dürfte es dann schwierig wenn nicht sogar unmöglich werden, den Nachweis dafür zu liefern, dass der Schaden tatsächlich in der Waschanlage entstanden ist (28.03.19 ra).

 

REISERECHT: Reisemangel bei abgeräumtem Büffet?

 

Strahlender Sonnenschein heute in Villingen-Schwenningen, deshalb wieder ein Beitrag aus der Rubrik „Reiserecht“: Neben weiteren Reisemängeln monierten die Kläger eines am Amtsgericht (AG) München rechtshängigen Zivilverfahrens, dass im Rahmen einer 14-tägigen Pauschalreise in die Türkei die Speisen im Bereich des Buffets nur langsam nachgefüllt wurden, nachdem Staatsangehörige, deren Nationalität nicht erwähnenswert erscheint, das Büffet regelrecht „geplündert“ hatten. Häufig seien halbleere Salat- oder Fleisch-Gedecke zurückgeblieben, weil bei Eröffnung des Buffets vor dem Eingang bereits Personen warteten, dann ihre Teller voll luden, ein paar Mal darin rumstocherten und sich dann einen neuen Teller holten, sodass für die anderen kaum noch etwas übrig blieb und das Personal Probleme hatte, das Büffet wieder aufzufüllen. Das Personal wiederum habe aber immer nur einzelne Bereiche aufgefüllt, sodass es nie ein komplettes Büffet gegeben habe. Das AG München hat nun geurteilt Az.: 274 C 18111/15), dass dieser Umstand einen (wenn auch weniger gewichtigen) Reisemangel und nicht nur eine bloße Unannehmlichkeit zu Lasten des Reisenden darstellt. Zwar müsse man es grundsätzlich als allgemeines Lebensrisiko hinnehmen, dass sich andere Personen bei einem Büffet bereits bedient hätten und man deshalb beim Büffet nicht die volle Auswahl vorfinde bzw. auf „Nachschub“ warten müsse. Hier lägen nun aber besondere Umstände vor, weil das Büffet ja fast durchweg und tagtäglich eine äußerst eingeschränkte Auswahl aufgewiesen habe, was darauf beruhte, dass sich eine Gruppe bestimmter Staatsangehöriger zu Beginn des Büffets die Teller übermäßig gefüllt und das Hotelpersonal das Büffet dann nur sehr unzureichend nachgefüllt habe. Weil das Gericht zu der Schlussfolgerung kam, dass für diese Unzulänglichkeit der Verpflegung das Hotelpersonal verantwortlich gewesen sei, das entweder mehr Essen zur Verfügung stellen oder gegen das Fehlverhalten der Gruppe hätte einschreiten müssen, ist durch das Gericht eine Minderung des Reisepreises vorgenommen worden. Das AG München hat den Klägern – auch wegen weiterer Mängel wie Lärm und Ungeziefer - eine Minderung des Reisepreises in Höhe von insgesamt 30 % zugesprochen, wobei ca. fünf bis 10 % auf das mangelhafte Büffet entfielen (21.03.19 ra).

 

RECHT AKTUELL: Klage eines Jurastudenten führt zu pinkfarbenen Parkplatzschildern 

 

Sachen gibt`s… In Oberbayern hatte ein Jurastudent gegen eine Gemeinde geklagt, die Frauenparkplätze ausgewiesen hatte. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hatte man sich schließlich geeinigt, dass die Gemeinde bis Ende Februar statt der bisherigen „Nur Frauen“-Schilder andere Tafeln zu montieren hat. Nun hängen in der Gemeinde keine „Nur Frauen“ Schilder mehr, die in normalem „Parkplatzschild-Blau“ gehalten waren, sondern vielmehr neue Schilder – in knalligem Pink. Hiermit will die Gemeinde deutlich machen, dass es sich lediglich um eine Empfehlung handelt; womit sie dem Rat des damals angerufenen Gerichts folgt, weniger amtlich wirkende Schilder anzubringen. Auch findet sich auf den neuen Schildern nur der Zusatz „Bitte freihalten“, statt wie bisher „Nur Frauen“. Es soll damit klarer zum Ausdruck kommen, dass es sich bei der Ausweisung als Frauenparkplätzen um eine bloße Empfehlung handelt und Männer ohne rechtliche Konsequenzen dort parken dürfen. Dennoch hofft die Gemeinde auf die Einhaltung dieser „Parkregeln“ durch die Verkehrsteilnehmer. In jedem Fall finden die pinken Schilder großen Anklang. Denn wie die zuständige Polizeiinspektion der Gemeinde diese Woche berichtete, sind inzwischen bereits zwei der auffallenden Schilder verschwunden, also wohl gestohlen worden. Die Hoffnung ist, dass es lediglich ein Fasnachts-Gag  war, da die beiden Schilder während der Fasnachtstage abmontiert wurden (14.03.19 js).

 

REISERECHT: 7-jähriges Kind verletzt sich durch verglaste Balkontür, Reiseveranstalter haftet nicht

  

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat im Rahmen eines Berufungsverfahrens eine Entscheidung des Landgerichts Hannover bestätigt, wonach ein Reiseveranstalter dann, wenn ein 7-jähriges Kind gegen eine verglaste aber markierte Balkontür eines Hotelzimmers läuft, diese zerspringt und das Kind dadurch Schnittverletzungen erleidet, hierfür nicht haftet. Was war geschehen? Das Kind lief vom Hotelzimmer auf die Terrasse und übersah dabei, dass die verglaste Balkontür noch verschlossen war. Weil die Scheibe nicht aus Sicherheitsglas bestand und zersprang, erlitt der Junge erhebliche Schnittverletzungen. Auf der Balkontür selbst war unstreitig oben eine milchglasartige Krone aufgeklebt und im unteren Drittel befand sich ein dunkelblauer Punkt. Die Eltern waren nun der Auffassung, dass der Reiseveranstalter für den Unfall verantwortlich sei, und erhoben Zahlungsklage in Höhe von fast EUR 6.800,00 zum Ausgleich der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus dem Unfallgeschehen. Nachdem das Landgericht Hannover die Schadensersatzklage abgewiesen hatte, musste das OLG Celle als Berufungsgericht entscheiden und urteilte nun, dass dem Veranstalter der Reise keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht anzulasten sei. Die Glasfläche der Balkontür sei ausreichend markiert gewesen, sodass es überhaupt nicht mehr darauf ankomme, ob überhaupt eine entsprechende Verpflichtung des Reiseveranstalters bestanden habe, Türmarkierungen in gebuchten Hotels zu kontrollieren bzw. entsprechende Markierungen aufzubringen. Soweit die Klägerseite behauptet habe, dass die Balkontür nicht den örtlichen Bauvorschriften entsprochen habe, bemängelte das Gericht, dass nicht vorgetragen worden sei, dass es nach spanischem Recht überhaupt eine Vorschrift gebe, die bestimmte Anforderungen an Glastüren im Hotelzimmer regele. Es sei aber nicht Aufgabe des Gerichts zu prüfen, ob es solche Vorschriften gebe. Die Klage wurde deshalb auch in zweiter Instanz kostenpflichtig abgewiesen (07.03.2019 ra).

 

RECHT AKTUELL: Narri, narro – Recht und Fasnet 

 

Mit dem „Schmotzigen Dunschtig“ nehmen am heutigen 28.02.2019 die närrischen Tage auch im Bereich der schwäbisch-alemannischen Fasnet unaufhaltsam Fahrt auf. Wir wollen die Gelegenheit nutzen und uns der Frage widmen, ob während der närrischen Tage das üblicherweise geltende Recht eigentlich voll oder nur noch eingeschränkt Anwendung findet. Grundsätzlich gelten Bundes- und Landesgesetze natürlich uneingeschränkt auch während der Fasnettage. Teilweise sind Ordnungshüter jedoch etwas großzügiger und die Rechtsprechung akzeptiert in gewissen Grenzen, die „närrischen Tage“ angemessen bei der Urteilsfindung zu berücksichtigen. Aber auch wenn die Gesetzeshüter in diesen Tagen ab und an ein Auge zudrücken, sollte man sich nicht darauf verlassen, bei allen Vergehen straffrei auszugehen, nicht alles, was Spaß macht, ist erlaubt und der Grat zwischen Spaß und Ernst ist manchmal sehr schmal. Beginnen wir beim Arbeitsrecht: Rosenmontag und Fasnetsdienstag sind natürlich keine gesetzlichen Feiertage, deshalb besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Urlaub an diesen Tagen. Nur dann, wenn der Arbeitsgeber jedes Jahr faschingsfrei gegeben hat, kann eine sog. „betriebliche Übung“ bestehen und die Angestellten dürfen auch in Zukunft mit einer Arbeitsbefreiung rechnen. Strafrecht: Krawatten abschneiden mag zur sog. „Altweiberfastnacht“ gehören, doch nicht unbedingt in jedes Büro. Ob man beim Halbieren der Chef-Krawatte mit Strafe rechnen muss, ist eine regionale Frage. In Bayern beispielsweise oder in Schleswig-Holstein sollte man auf jeden Fall die Finger besser vom Business-Schlips lassen, denn das Krawattenabschneiden stellt grundsätzlich – bundesweit - eine strafbare Sachbeschädigung dar. Doch auch Zivilrecht kann tangiert sein: Sofern der Träger der Krawatte dem Abschneiden zuvor nämlich nicht zugestimmt hat, liegt darüber hinaus eine Eigentumsverletzung vor, die grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet. Ein Einverständnis kann nur dann in engen Grenzen unterstellt werden, wenn sich der Schlipsträger selbst mitten im Karnevalstreiben befindet, er mitfeiert und weiß, dass dieser Brauch an Karneval recht verbreitet ist. Doch auch der Besuch eines Fasnet-Umzugs kann böse Überraschungen nach sich ziehen, beachten Sie bitte: Der Veranstalter muss nicht für jeden Schaden einstehen. Wer im Karneval eine Massenveranstaltung mit Alkoholkonsum besucht, muss – so das Oberlandesgericht Köln – auch damit rechnen, dass Getränke auf den Boden geraten, die dann wiederum eine Rutschgefahr darstellen (Az.: 19 U 7/02). Flüssigkeiten auf dem Fussboden und die damit einhergehende Rutschgefahr können nicht vermieden werden, gleiches gilt für fliegende „Kamellen“ und Lärm: Für ausgeschlagene Zähne (Landgericht Trier: Az.: 1 S 159/94), Kopfschmerzen nach umherfliegenden Bonbons (Amtsgericht Aachen: Az.: 13 C 250/05), ein Knalltrauma wegen des Abfeuerns einer Kamellenkanone oder einen Tinnitus durch laute Musik (Landgericht Trier: Az.: 1 S 18/01) haftet der Veranstalter eines Umzugs jedenfalls nicht. Zuschauer willigen vielmehr stillschweigend in ein derartiges Verletzungsrisiko ein. Wer anderen allerdings einen Schaden zufügt, etwa aus Versehen Getränke auf einem teuren Kostüm verschüttet oder mit der Zigarette ein Loch in einen Mantel brennt, kann grundsätzlich belangt werden und ist zum Schadensersatz verpflichtet. Eine Haftpflichtversicherung ist in diesen Tagen deshalb sicherlich viel wert, tritt aber andererseits natürlich nur bei fahrlässig herbeigeführten Schäden ein. Verwaltungsrecht: Vom „Schmotzigen Dunschtig“ bis Aschermittwoch herrscht in vielen Städten Ausnahmezustand, da drückt auch der Gesetzgeber ab und zu ein Auge zu und „lockert“ das Immissionsschutzgesetz. Dort ist grundsätzlich geregelt, dass ab 22 Uhr Ruhe herrschen sollte. Doch das Amtsgericht Köln hat geurteilt, dass Anwohner in der Karnevalszeit Lärmbelästigungen durch lautes Feiern sogar nach 22 Uhr akzeptieren müssen, zumindest in Karnevalshochburgen (AG Köln, Az.: 532 OWi 183/96; VG Frankfurt a.M., Az.: 15 G 401/99). Führerscheinrecht: Nicht in jedem Fall sind Ordnungshüter allerdings tolerant: Alkohol am Steuer ist ein absolutes Tabu, ab 1,1 Promille gilt die absolute Fahruntüchtigkeit. Wer mit 0,5 o/oo oder mehr am Steuer erwischt wird, muss mit € 500,00 Bußgeld, Punkten im Fahreignungsregister und einem Fahrverbot rechnen. Wer sich betrunken ans Steuer setzt riskiert auch, den Führerschein sowie den Versicherungsschutz des Kaskoversicherers zu verlieren. Einschränkungen können sich im Einzelfall bereits ab einer Blutalkoholkonzentration von 0,3 Promille ergeben, was bei auffälliger Fahrweise oder einem Unfall Konsequenzen nach sich zieht. Wer sich als echter Narr nur kostümiert zum Umzug begibt, sollte bei der Fahrt am Steuer des eigenen Autos keine Gesichtsmaske tragen. Denn nicht nur das alkoholisierte Fahren kann Konsequenzen nach sich ziehen, schränkt ein Kostüm oder eine Gesichtsmaske die Sicht, das Gehör oder die Bewegungsfreiheit des Fahrers ein, erhöht dies die Unfallgefahr. Führt dies wiederum zu einem Unfall, droht wegen grober Fahrlässigkeit zumindest ein teilweiser Verlust des Kaskoschutzes in der Kfz-Versicherung. Nachdem Sie nun aber wissen, worauf Sie alles achten müssen, kann ja nichts mehr schief gehen und wir wünschen Ihnen eine „glückselige Fasnet“! (28.02.2019 ra)

 

ARBEITSRECHT AKTUELL: Arbeitgeber muss rechtzeitig auf Verfall von Resturlaub hinweisen 

 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer interessanten Entscheidung (Urt. v. 19.02.19, Az.: 9 AZR 541/15) entschieden, dass ein Arbeitgeber rechtzeitig auf den Verfall von Resturlaub hinweisen muss. Anderenfalls erlischt der Resturlaubsanspruch nur dann, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub aus freien Stücken nicht genommen hat. Bereits das Landesarbeitsgericht (LAG) hatte entschieden, dass der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers zum Jahresende zwar grundsätzlich verfallen sei. Allerdings habe dieser Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub verlangen können, weil der Arbeitgeber seiner Verpflichtung, von sich aus rechtzeitig Urlaub zu gewähren, nicht nachgekommen sei, sodass mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Ersatzurlaubsanspruch abzugelten sei. Die bisherige Rechtsprechung hatte grundsätzlich den Verfall des Urlaubsanspruchs angenommen sah nur in Ausnahmefällen die Möglichkeit eines Schadensersatzanspruchs vor. Das BAG hat nun die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) umgesetzt und darauf hingewiesen, dass es dem Arbeitgeber zwar vorbehalten sei, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festzulegen. Die gesetzliche Regelung zwinge den Arbeitgeber damit zwar nicht, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren. Allerdings müsse der Arbeitgeber dafür sorgen, dass der Beschäftigte auch in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, erforderlichenfalls den Arbeitnehmer also sogar förmlich auffordert, dies zu tun. Geschieht dies durch den Arbeitgeber nicht klar und rechtzeitig und werde der Arbeitnehmer nicht darauf hingewiesen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht rechtzeitig beanspruche, gehe dies zu Lasten des Arbeitgebers, der demzufolge gegebenenfalls den Resturlaubsanspruch abzugelten habe. Nun muss das LAG aufgrund einer Zurückverweisung aufklären, ob der Arbeitgeber diesen Obliegenheiten nachgekommen ist oder nicht (21.02.2019 ra).

 

ZIVILRECHT AKTUELL: Widerrufsjoker 2.0

 

Ein Hinweisbeschluss des OLG Düsseldorfer zeigt, dass auch bei Autokrediten ein Widerrufsjoker gegeben sein kann. Im zugrundeliegenden Fall gab es im Verbraucherdarlehensvertrag zwischen dem Käufer und der Bank keine Angaben zur Aufsichtsbehörde der Bank, was jedoch eine verbraucherschützende Pflichtangabe ist. Wie auch bei den „normalen“ Bankkrediten führt die fehlende Pflichtangabe zu einem ewigen Widerrufsrecht, da die Widerrufsfrist gar nicht zu laufen beginnt. Auch bei fehlenden klaren und verständlichen Angaben über das einzuhaltende Verfahren bei einer Kündigung des Vertrages besteht gemäß dem LG Arnsberg ein ewiges Widerrufsrecht. Beim Autokredit führt dies im Gegensatz zum „normalen“ Bankkredit zu dem zusätzlichen Vorteil, dass man so auch seinen möglicherweise bereits etwas älteren PKW loswerden kann. Gerade für Verbraucher, die einen alten Diesel haben, könnte ein Widerruf ihres Autokredits attraktiv sein. Im Fall des Widerrufs wird der Kreditvertrag und der verbundene Autokaufvertrag rückabwickelt, sprich rückgängig gemacht. Das bedeutet, dass das Auto an die Bank zurück geht und die Bank dem Käufer alle Zins- und Tilgungsleistungen sowie eine eventuell geleistete Anzahlung zurückzahlen. Ob man der Bank eine Entschädigung für die bisherige Nutzung des Autos zahlen muss, hängt maßgeblich davon ab, ob der Autokredit nach oder vor dem 13.06.2014 abgeschlossen wurde. Bei einem Abschluss danach kann die Bank möglicherweise keine Entschädigung für die Nutzung verlangen. Das OLG Stuttgart überprüft zur Zeit Autokredite der Mercedes–Benz–Bank im Rahmen einer Musterfeststellungsklage (14.02.2019 so).

 

RECHT AKTUELL: Im engsten Familienkreis darf über Whatsapp beleidigt werden

 

Innerhalb des engsten Familienkreises besteht ein ehrschutzfreier Raum, in dem man sich frei aussprechen kann, ohne gleich eine strafrechtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Ebenso kann ein dadurch gegebenenfalls Beleidigter auch nicht verlangen, dass man diese Äußerungen in Zukunft unterlässt. Solche Äußerungen sind als sogenannte ‚privilegierte Äußerungen‘ einzustufen, da sie in einem ‚ehrschutzfreien Raum‘ geäußert werden und deswegen nicht rechtswidrig sind. Dieser Raum stellt einen Bereich der besonders vertraulichen Kommunikation innerhalb sehr enger Vertrauensbeziehungen dar. Gerade der engste Familienkreis fällt in diese enge Vertrauensbeziehung. Es soll einem hierdurch ein persönlicher Freiraum gewährt werden, in dem man sich aussprechen kann ohne gleich eine gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. In dieser ‚beleidigungsfreien Sphäre‘ haben Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder in der Öffentlichkeit wegen ihrem ehrverletzenden Charakter als Beleidigungen einzustufen wären, keine gerichtlichen Konsequenzen. Die moralische Beurteilung von solchen Äußerungen über Abwesende steht dagegen auf einem anderen Blatt (07.02.2019 js). 

 

RECHT AKTUELL: Eine Horrorvorstellung: Arzt vergisst in Knie eine Metallspitze 

 

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat einen Arzt, der bei einer Knieoperation versehentlich die Metallspitze eines Operationsinstruments im Knie des Patienten „vergessen“ hatte, zu einem Schmerzensgeld in Höhe von EUR 20.000,00 verurteilt. Dem bemitleidenswerten Patienten war ein dauerhafter Knorpelschaden entstanden, darüber hinaus hatte der Mediziner nach Ansicht der Richter grob fahrlässig gehandelt, da er die Metallspitze kurz nach dem Eingriff vermisst hatte und dennoch untätig geblieben war. Dies hat das OLG Oldenburg durch Urteil vom 24.10.2018 (Az.: 5 U 102/18) entschieden. Der 46-jährige Kläger musste sich einer Kniegelenksoperation unterziehen. Am Abend bemerkte man dann in der Praxis die fehlende Metallspitze des Operationsinstruments, die in der Arztpraxis auch nicht aufgefunden werden konnte. Deshalb fertigte der Arzt eine Notiz für den Fall, dass die Spitze bei einer Operation im Körper eines Patienten verblieben sein könnte. Der Kläger stellte sich einen Tag später wiederum bei dem behandelnden Arzt zum Verbandswechsel und wieder ein paar Tage später zum Ziehen der Fäden vor. Etwa einen Monat nach der Operation meldete er sich wegen extremer Schmerzen erneut bei dem Arzt, erst eine Röntgenuntersuchung ergab dann, dass bei der Operation tatsächlich die Metallspitze im Knie verblieben war und durch eine weitere Operation entfernt werden musste. Das zunächst zuständige Landgericht sprach ein Schmerzensgeld in Höhe von EUR 12.000,00 zu und wies darauf hin, dass der Arzt dadurch, dass er nicht alle Patienten, die an dem betreffenden Tag operiert worden waren, nachuntersucht habe, einen groben Behandlungsfehler begangen habe. Gegen dieses Urteil gingen nun beide Parteien in Berufung und das OLG sprach dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zu. Zu berücksichtigen sei u.a., dass der Mann einen dauerhaften Knorpelschaden mit erheblichen Schmerzen bei längerem Gehen und Stehen erlitten habe. Dies schränke den vormals sportlich sehr aktiven Mann in seiner Lebensführung erheblich ein. Insbesondere sei aber das ganz erhebliche Verschulden des Arztes zu berücksichtigen, der am Abend des Eingriffs das Fehlen bemerkt und sich damit abgefunden habe, dass einer seiner Patienten hierdurch erheblich verletzt worden sein könnte. Weder beim Wechseln des Verbandes noch beim Fädenziehen habe er abgeklärt, ob die Metallspitze im Knie des Klägers verblieben war. Erst nachdem die Spitze bereits Schäden verursacht habe und der Mann mit erheblichen Schmerzen selbst vorstellig geworden sei, habe man reagiert, sodass dem Arzt daher der Vorwurf gröbster Fahrlässigkeit zu machen sei. Dies wiederum rechtfertige eine deutliche Erhöhung des Schmerzensgeldes (31.01.2019 ra). 

 

RECHT AKTUELL: Diskriminieren Frauenparkplätze? 

 

Sachen gibt`s… Ein Mann in Oberbayern fühlte sich durch Frauenparkplätze diskriminiert. Deshalb ging er gerichtlich gegen die Gemeinde vor, welche die Frauenparkplätze ausgewiesen hatte. Das örtlich zuständige Verwaltungsgericht in München gab dem Kläger nun teilweise recht. Tatsächlich hat die Stadt, so das Gericht, gegen geltendes Recht verstoßen. Städte und Gemeinden dürfen auf öffentlichen Parkplätzen nämlich keine gesonderten Frauenparkplätze ausweisen. Vielmehr dürften im öffentlichen Straßenraum auch nur die Verkehrszeichen, die in der Straßenverkehrsordnung geregelt sind, verwendet werden. Die Verordnung enthält jedoch gar keine solche Beschilderung, die ausschließlich einen Parkplatz für Frauen ausweist. Geklagt hatte ein Jurastudent, der sich durch die Beschilderung diskriminiert fühlte. Auch wenn die zuständige Behörde die Beschilderung als Frauenparkplatz nur als reine Empfehlung oder Frage der Höflichkeit verstanden wissen wolle, dürfe sie solche Schilder nicht aufstellen. Gleichzeitig hat das Gericht aber auch darauf hingewiesen, dass auf privat betriebenen Parkplätzen, etwa von Supermärkten oder in privaten Parkhäusern, das Ausweisen von Frauenparkplätzen zulässig sei. Im zugrundeliegenden Sachverhalt hatte sich der junge Kollege, ein männlicher Autofahrer, über die Beschilderung auf einem Parkplatz in Eichstätt geärgert. Dort hatte die Stadt, eigentlich nachvollziehbar, nach einem tätlichen Angriff auf eine Frau Parkplätze nur für Frauen ausgewiesen. Der Kläger fühlte sich nun als Mann ungleich behandelt, kritisierte aber auch gleichzeitig eine angebliche Diskriminierung von Frauen. In der mündlichen Verhandlung einigten sich Kläger und Stadt nun darauf, dass die Stadt bis spätestens Ende Februar statt der bisherigen "Nur für Frauen"-Schilder andere Schilder montiert, die lediglich eine Empfehlung oder Bitte für das Parken nur durch Frauen aussprechen., sodass das Verfahren mit der Einigung eingestellt werden konnte (17.01.2019 ra). 

 

ZIVILRECHT: Wichtiges zur Unterschrift 

 

Auch wenn die Handschrift mehr und mehr ausstirbt und Verträge immer häufiger unter Zuhilfenahme eines Smartphones oder eines Tablets abgeschlossen werden, in Finnland soll ab 2016 sogar das Schreiben mit der Hand aus den Schulen gänzlich verschwinden, sind handschriftlich abgefasste Verträge manchmal unabdingbar. Erst recht ist eine Unterschrift aus dem Rechtsverkehr nicht wegzudenken, da sie für viele Schriftstücke, Verträge und Urkunden gesetzlich vorgeschrieben ist. Wer etwa Miet- oder Arbeitsvertrag kündigen möchte, muss diesen Gestaltungsakt zwangsläufig mit seiner Unterschrift besiegeln. Auch eine Quittung oder Bürgschaften sind nur mit einer Unterschrift gültig. Bei vielen anderen Verträgen wird die Schriftform noch immer genutzt, obwohl sie rechtlich nicht vorgeschrieben ist. Die Unterschrift gilt als Willensbekundung des Unterzeichnenden, sodass aus diesem Schriftzug hervorgehen muss, von wem er stammt. So verwundert es nicht, dass sich bereits der Bundesgerichtshof (BGH) mit diesem Themenkreis befassen musste und detailliert festgelegt hat, welche Anforderungen an eine gültige Unterschrift zu stellen sind. Sie muss den vollen Familiennamen enthalten, der Vorname alleine reicht beispielsweise nicht aus. Bei dem Schriftzug muss es sich zudem erkennbar um die Wiedergabe eines Namens handeln, der zwar nicht vollständig lesbar sein muss. Gleichwohl müssen zumindest Andeutungen von Schrift erkennbar sein, da eine gerade Linie zum Beispiel ebenso wenig eine Unterschrift darstellt wie ein abstraktes Symbol oder drei Kreuze. Nicht gestattet ist es auch, mit einem fremden Namen zu unterschreiben. Wenn ein Künstlername allgemein bekannt ist, darf man hingegen mit diesem Namen zeichnen. Weitere Voraussetzung ist, dass der Künstlername einen eindeutigen Rückschluss auf die Person zulässt. Wer Rechtsgeschäfte vornehmen möchte, sollte auch in Zukunft mit der Hand schreiben können. Wo das Gesetz eine Unterschrift verlangt, muss man mit dem eigenen Namen unterzeichnen. Eine schludrige Schrift ist zulässig, bloße Kringel oder Kreuzchen reichen aber nicht aus. Es gibt jedoch eine wichtige Ausnahme von dieser Regel: Wenn nämlich ein Notar die Unterschrift beglaubigt, kann man mit jedem beliebigen Zeichen unterschreiben. Denn Zweifel an der Identität des Unterzeichnenden sind in diesem Fall ausgeschlossen (17.01.2019 ra). 

 

 

RECHT AKTUELL: Abmahnung wegen Zuspätkommens bei Schnee und Glatteis 

 

Wer bei den momentanen Straßenbedingungen aufgrund angekündigter Schnee- und Eisglätte zu spät zur Arbeit kommt, riskiert eine Abmahnung und im Wiederholungsfalle möglicherweise eine Kündigung seines Arbeitsvertrags. Viele Arbeitgeber kennen kein Pardon und mahnen den verspäteten Arbeitnehmer rigoros ab. Doch ist eine Abmahnung tatsächlich zulässig, wenn man wegen der Wetterverhältnisse verspätet zur Arbeit kommt, weil es beispielsweise geschneit hat und die Straßen glatt sind? Wie so oft in der Juristerei muss hier differenziert werden: Kommt es am Morgen zu unvorhergesehenem „Blitzeis“ und erscheint der Arbeitnehmer deshalb zu spät zur Arbeit, ist das in der Regel kein Problem, weil es sich um eine nicht vorhersehbare Situation handelt, mit der man in der Regel auch nicht rechnen muss. Anders ist die Rechtslage allerdings dann, wenn Schneefall und Eisglätte bereits am Vorabend angekündigt sind und deshalb mit Verkehrsbehinderungen gerechnet werden muss. Hier haben Arbeitnehmer alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um trotz der widrigen Witterungsbedingungen pünktlich die Arbeit aufnehmen zu können. Anderenfalls liegt eine Vertragsverletzung vor, für die man im schlimmsten Fall abgemahnt und im Wiederholungsfall gekündigt werden kann. Übrigens: Für die Zeit, die Mitarbeiter zu spät erscheinen und deshalb auch nicht arbeiten, kann der Arbeitgeber anteilig den Lohn kürzen. Das Risiko, zu spät zur Arbeit zu kommen, trägt also der Arbeitnehmer (10.01.2019 ra). 

 

 

AKTUELL: Das ändert sich 2019…

 

Sinkende Krankenversicherungsbeiträge

Ab dem 01.01.2019 werden die Zusatzbeiträge bei der gesetzlichen Krankenversicherung wieder zu gleichen Teilen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern beziehungsweise der Rentenkasse bezahlt. Bisher mussten die Versicherten die Zusatzbeiträge alleine zahlen.

 

Günstigere Telefonate innerhalb der EU

Ab Mai 2019 sollen Telefonate innerhalb der EU maximal 19 Cent pro Minute kosten. Für SMS an ausländische Nummern sollen höchsten sechs Cent fällig werden.

 

Höherer Steuervorteile für privat genutzte E-Dienstwagen

Wer seinen E- oder Hybrid-Dienstwagen auch privat nutzen darf, muss monatlich nur noch 0,5 Prozent des Listenpreises als geldwerten Vorteil und nicht wie bisher 1 Prozent versteuern. Dies gilt jedoch nur für Fahrzeuge, die zwischen dem 01.01.2019 und 31. 12.2021 angeschafft oder geleast werden.

 

Neue 100- und 200-Euro-Geldscheine

Ab dem 28.05.2019 gibt die Europäische Zentralbank neue 100- und 200-Euro-Scheine aus, die mit einem völlig neuen Sicherheitsmerkmal ausgestattet sind: Ein „Satelliten-Hologramm“ auf der Vorderseite rechts oben im seitlichen Folienstreifen. Dort bewegen sich um die Wertzahl herum beim Neigen kleine Euro-Symbole. Außerdem sind die Scheine kleiner als ihre Vorgänger und passen damit besser in Geldbeutel. Die alten bleiben aber gültig.

 

Pfandpflicht für mehr Getränkeflaschen

Einwegverpackungen mit kohlesäurehaltigen Frucht- und Gemüsenektaren sowie Mischgetränken mit Molkeanteil von mehr als 50 Prozent sind ab sofort pfandpflichtig. Auch für Vanillemilch und einige Energydrinks gilt seit diesem Jahr eine Pfandpflicht.

 

Ökostrom-Umlage sinkt 

Die Abgabe für Strom aus Wind und Sonne sinkt um knapp 6 Prozent auf 6,4 Cent pro Kilowattstunde.

 

Mehr Rechte für pflegende Angehörige

Ab dem 01.01.2019 erhalten pflegende Angehörige, die in Betrieben mit mehr als 45 Mitarbeitern tätig sind, für einen begrenzten Zeitraum ein Recht auf Brückenteilzeit und sollen danach wieder zu ihrer ursprünglich vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zurückkehren können. Auch können sie ihre pflegebedürftigen Familienmitglieder in der gleichen Reha-Einrichtung betreuen lassen, wenn sie einen Reha-Aufenthalt in einer Klinik benötigen. Sollte sich dies nicht realisieren lassen, muss die Krankenkasse mit der Pflegekasse die Versorgung des Pflegebedürftigen während des Kuraufenthalts absprechen und koordinieren. Die stationäre Reha können die pflegende Angehörige auch dann in Anspruch nehmen, wenn aus rein medizinischer Sicht eine ambulante Unterstützung ausreichen würde (03.01.2019 so).

AKTUELL: Weihnachts- und Neujahrsgrüße

 

Sehr geehrte Mandanten, werte Geschäftspartner, Freunde und Bekannte:

 

Am Ende des Jahres möchten wir uns für die gute und erfolgreiche Zusammenarbeit bedanken. Wir wünschen Ihnen besinnliche und erholsame Weihnachtsfeiertage sowie einen erfolgreichen Start ins neue Jahr 2019.

 

Mit weihnachtlichen Grüßen

  

Das Team der Rechtsanwaltskanzlei Helmut H. Decker & Jürgen Rapp

 

 

RECHT AKTUELL: Weihnachten und Recht – Teil 2

 

Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen wollen wir einmal kurz und bündig über das Thema „Weihnachten und Recht“ informieren. Denn auch hier kann es Meinungsverschiedenheiten bis hin zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geben.

 

Wenn der gebuchte Weihnachtsmann zu spät kommt, muss er dann trotzdem bezahlt werden? Sofern Sie einen festen Termin, der Gesetzgeber spricht von einem „Fixtermin“, für den Auftritt des Weihnachtsmanns nachweisbar vereinbart haben und der Weihnachtsmann dann zu spät oder gar nicht kommt, muss er auch nicht bezahlt werden. Sollte schon im Voraus gezahlt worden sein, besteht ein Anspruch auf Rückzahlung. Und wenn an Heiligabend der Baum brennt, wer haftet dann? Grundsätzlich hängt die Haftung entscheidend von der individuellen Sorgfaltspflicht (und natürlich auch dem Umfang des Versicherungsschutzes) ab. Wenn alle zumutbaren Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden sind und wer zudem über guten Versicherungsschutz verfügt, hat gute Chancen, Schäden an Möbeln, Gardinen, Teppichen usw. ersetzt zu bekommen. Grundsätzlich ist eine Hausratsversicherung zuständig. Wer aber den Weihnachtsbaum unbeaufsichtigt lässt riskiert, dass die Versicherung die Zahlung verweigert. Entgegen eines weit verbreiteten Irrtums sind Händler Übrigens nicht verpflichtet, gekaufte Ware umzutauschen. Aus Kulanz bieten viele Händler diese Möglichkeit an. Unter welcher Frist und unter welchen Voraussetzungen ein Umtausch möglich ist, entscheidet wiederum der Händler. Anders sieht es aus, wenn die Neuware Schäden aufweist, also mangelhaft ist. In so einem Fall bestehen Ansprüche auf Nacherfüllung oder Nachlieferung der Ware. Wer einen Gutschein verschenkt, kann grundsätzlich drei Jahre auf dessen Gültigkeit vertrauen, wobei die Verjährungsfrist mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem der Gutschein gekauft wurde. Allerdings haben Händler die Möglichkeit, die Gültigkeitsdauer eines Gutscheins zu befristen. Voraussetzung ist, dass die Frist nicht zu knapp bemessen ist und den Verbraucher nicht unangemessen benachteiligt. Wann dies wiederum der Fall ist, hängt stark vom Einzelfall und der Art des Gutscheins ab. Das Amtsgericht Wuppertal befand z.B. einen Sauna-Gutschein als ungültig, der insgesamt elf Saunabesuche vorsah, dabei aber nur ein Jahr gültig war (Az.: 35 C 39/08). Ist der Gutschein „abgelaufen“, muss ihn der Händler nicht mehr einlösen, wobei Kunden dann allerdings einen Anspruch auf (teilweise) Erstattung des Geldwertes haben können.  Händler sind auch nicht verpflichtet, den Wert des Gutscheins auszuzahlen. Wer den Gutschein nicht einlösen möchte, kann diesen jedoch problemlos weiter verschenken, der Name, der auf dem Gutschein steht, spielt dabei keine Rolle. Wenn der Händler in der Zwischenzeit insolvent wurde, ist der Gutschein in aller Regel wertlos. Der Kunde hat keinen Anspruch mehr gegen den Händler und müsste versuchen, seine Rechte im Rahmen eine potentiellen Insolvenzverfahrens anzumelden. In aller Regel ein mehr als hoffnungsloses Unterfangen (20.12.2018 ra).

 

 

RECHT AKTUELL: Weihnachten und Recht – Teil 1

 

Kurz vor den Weihnachtsfeiertagen wollen wir einmal kurz und bündig über das Thema „Weihnachten und Recht“ informieren. Denn auch hier kann es Meinungsverschiedenheiten bis hin zu gerichtlichen Auseinandersetzungen geben.

 

Wie viel Weihnachtsdekoration darf mein Nachbar aufhängen, muss man nervig blinkende Lichterketten eigentlich anstandslos hinnehmen? Lichterketten sind mittlerweile so stark verbreitet, dass sowohl Vermieter als auch Nachbarn sie grundsätzlich dulden müssen. Nicht hinzunehmen wäre indes, wenn die Beleuchtung des Nachbarn das eigene Schlafzimmer so hell erleuchtet, dass man am Schlafen gehindert wird. Im Zweifel sollten die Lichter spätestens ab 22:00 Uhr ausgeschaltet werden. Darüber hinaus muss die Dekoration so gesichert sein, dass sie auch bei starkem Wind nicht herunterfällt oder Personen verletzt oder andere Sachen beschädigt (Landgericht Berlin - Az.: 65 S 390/09). Beim Anbringen von Deko an der Außenfassade muss Übrigens der Vermieter grundsätzlich um Erlaubnis gebeten werden, der aber nicht nach seinem persönlichen Geschmack entscheiden darf. Maßgebend sind die Gegebenheiten vor Ort. Wenn also beispielsweise Nachbarwohnungen oder Häuser großzügig dekoriert sind oder der Schmuck im Hinterhof von außen nicht sichtbar ist, kann der Vermieter ein Verbot kaum wegen einer vermeintlich „schlechten Optik“ begründen.

 

Kann der Arbeitgeber eigentlich verlangen, dass am 24.12. gearbeitet wird? Ja, das ist grundsätzlich möglich, denn der 24. Dezember ist kein gesetzlicher Feiertag. Feiertagsregelungen gelten nur für den 25. und 26. Dezember, wobei aber auch für diese Tage Ausnahmen vertraglich vereinbart werden können, was beispielsweise in der Gastronomie regelmäßig der Fall ist.

 

Wird fortgesetzt. (13.12.2018 ra)

 

 

RECHT AKTUELL: Schneefall, Glatteis und Lawinen…

 

Schneefall, Glatteis, Lawinen… Der Winter hat nicht nur angenehme sondern durchaus auch garstige Seiten. Wer da nicht aufpasst und Gehwege und Hauszugänge räumt und streut, läuft leicht Gefahr, bei einem Unfall in die Haftung genommen zu werden. Grundsätzlich gilt an Werktagen nämlich bereits ab 07:00 Uhr morgens eine Räum- und Streupflicht, die mindestens bis abends um 20:00 Uhr fortdauert. An Sonn- und Feiertagen kann länger geschlafen werden, dort beginnt die Räumpflicht in der Regel erst um 09:00 Uhr, wobei Satzungen der Gemeinden und Städte abweichende Regelungen vorsehen können. Eigentlich ist die Gemeinde für das Räumen und Streuen zuständig, die diese Pflicht jedoch meistens auf die Anlieger delegiert, also die Hauseigentümer, wobei Vermieter wiederum die Räumpflicht häufig auf ihre Mieter umlegen. Es empfiehlt sich daher dringend, neben den Vorgaben der Gemeinde auch die Regelungen im Mietvertrag oder der Hausordnung gründlich nachzulesen. Allerdings müssen Vermieter immer wieder kontrollieren, ob das Räumen und Streuen auch tatsächlich klappt, sonst haftet auch der Vermieter für potentielle Schadensfälle. Wer keine Zeit hat, selbst zu räumen, beispielsweise berufsbedingt, muss andere damit beauftragen. Auf Gehwegen muss ein Streifen mit einer Breite von mindestens 1,20 Meter freigeschaufelt werden, Schnee und Eis dürfen natürlich nicht auf der Fahrbahn abgelegt werden, sondern dürfen allenfalls am Rand der Verkehrsfläche angehäuft werden. Auf wenig genutzten Zugängen zu Privatwohnungen kann eine Breite von einem halben Meter ausreichend sein, auch Zugänge zu Haus, Keller oder Mülltonnen müssen freigehalten werden. Sobald Boden gefriert, muss gestreut werden. Rund ums Haus herum mit Granulat, Sand oder Split. Ob Streusalz verwendet werden darf oder nicht, ist unterschiedlich geregelt. In den meisten Gemeinden ist Streusalz mittlerweile verboten oder nur dann ausnahmsweise erlaubt, wenn eine Gefahr auf andere Weise nicht beseitigt werden kann, wie beispielsweise bei starkem Gefälle oder gefährlichen Treppen. Stürzt eine Dachlawine auf ein geparktes Auto oder auf einen Passanten, haftet der Grundstückseigentümer nicht in jedem Fall. In schneereichen Gegenden können allerdings Schneefanggitter an Hausdächern vorgeschrieben sein, in schneeärmeren Regionen muss der Hauseigentümer vor drohenden Dachlawinen zumindest erkennbar warnen. Verletzt sich ein Fußgänger durch einen Sturz, so muss er grundsätzlich beweisen, dass im Unfallbereich eine Räum- und Streupflicht bestand und dieser nicht rechtzeitig nachgekommen wurde. Außerdem muss der Geschädigte beweisen, dass der Unfall kausal auf die unterlassene Räumung zurückzuführen gewesen ist. Das wird von Gerichten teilweise zugunsten des Verletzten vermutet. Manchmal bekommt der Verletzte aber nicht den gesamten Schaden ersetzt, beispielsweise dann, wenn der Räumpflichtige seinerseits beweisen kann, dass der Verletzte eine Mitschuld trägt. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn der Witterung nicht entsprechende, völlig untaugliche Schuhe ohne Profil benutzt wurden, was zu einer erheblichen Kürzung der Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche führen kann (06.12.2018 ra). 

 

 

STRASSENVERKEHRSRECHT AKTUELL: Winterreifenpflicht

 

Winterliche Straßenverhältnisse, gerade im Schwarzwald-Baar-Kreis keine Seltenheit. Da stellt sich für manchen Autofahrer die Frage, welche Vorschriften hier zu beachten sind. Noch recht neu ist die Regelung, die am 01.01.2018 in Kraft getreten ist: Es ist nun nicht mehr ausreichend, wenn die (neue) Reifen mit einer M+S-Kennzeichnung versehen sind. Als wintertauglich gelten jetzt nur noch Reifen, die mit dem Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke) gekennzeichnet sind. Dies liegt daran, dass die Bezeichnung „M+S“ keinen einheitlichen Prüfkriterien unterlag, beim Alpine-Symbol muss der Reifen hingegen mit einem standardisierten Modell verglichen werden und einheitliche Prüfverfahren und strenge Kriterien überstehen. Allerdings gelten bis zum 30.09.2024 Reifen mit der M+S-Kennzeichnung als wintertauglich, allerdings nur dann, wenn sie bis zum 31.12.2017 hergestellt wurden. Hierdurch sollen finanzielle Härten vermieden und bereits gekaufte Reifen noch aufgefahren werden können. Es gibt übrigens keinen fest definierten Zeitraum, während dessen eine generelle Winterreifenpflicht bestünde. Ein bestimmter Zeitraum, beispielsweise vom 01.10. bis zum 30.04. des darauffolgenden Jahres ist – zumindest in Deutschland, im Ausland können andere Regeln gelten - nicht vorgeschrieben, sodass es also bei einer sogenannten „situativen Winterreifenpflicht“ bleibt, wonach Winterreifen oder Reifen, die der Richtlinie 92/23/EWG entsprechen, genutzt werden müssen, wenn „Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte“ vorherrscht, § 2 Abs. 3a StVO. Diese Verhaltensvorschrift betrifft alle Kraftfahrzeugführer und -halter, also auch solche mit Fahrzeugen, die im Ausland zugelassen sind. Die Regelung zieht also ein Benutzungsverbot für Sommerreifen bei winterlichen Straßenverhältnissen nach sich. Bereits ein einfacher Verstoß wird mit einem Bußgeld in Höhe von EUR 60,00 geahndet. Außerdem wird 1 Punkt im Fahreignungsregister eingetragen. Bei zusätzlicher Behinderung muss mit einem Bußgeld von mindestens EUR 80,00 und 1 Punkt gerechnet werden. Neu ist, dass auch der Halter, der die Inbetriebnahme ohne die erforderliche Bereifung mit dem Alpine-Symbol anordnet oder zulässt, mit einer Geldbuße von EUR 75,00 und der Eintragung eines Punkts im Fahreignungsregister zu rechnen hat. Übrigens: Kommt es wegen der Benutzung von Sommerreifen zu einem Unfall, kann dies zu erheblichen Leistungskürzungen der Kaskoversicherung wegen grober Fahrlässigkeit (§ 81 VVG) führen. Auch dies sollte also rechtzeitig in die Winterplanungen einbezogen werden (29.11.2018 ra).

 

 

ZIVILRECHT: Der will nur spielen… Spaziergänger darf sich gegen nicht angeleinten Hund wehren

 

 

Nähert sich einem Spaziergänger ein nicht angeleinter Hund, den der Hundehalter offensichtlich nicht unter Kontrolle hat, dürfen effektive Abwehrmaßnahmen ergriffen werden. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat durch Beschluss vom 18.10.2018 (Az.: 1 U 599/18) entschieden, dass der Abwehrende angesichts der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens zuvor nicht analysieren und bewerten muss, ob das Verhalten des Tieres nun auf eine konkrete Gefahr schließen lässt oder nicht. Im zugrundeliegenden Sachverhalt joggte der hundeführende Kläger im Wald, wobei er an der Leine eine Hündin mit sich führte. Zur gleichen Zeit gingen nun dort aber auch der Beklagte und seine Ehefrau mit ihrem Hund spazieren, die ihren Hund nicht angeleint hatten. Nach der örtlichen Gefahrenabwehrverordnung bestand aber die Verpflichtung, Hunde außerhalb bebauter Ortslagen umgehend und ohne Aufforderung anzuleinen, wenn sich andere Personen näherten oder sichtbar wurden. Der Hund des Beklagten verschwand aber aus dessen Sichtweite und rannte auf den Kläger zu, der wiederum zunächst den für ihn nicht sichtbaren Hundehalter lauthals aufforderte, den Hund zurückzurufen und anzuleinen. Trotz entsprechender Rufe des Beklagten kam dessen Hund aber nicht zu ihm zurück, sodass der Kläger versuchte, den Hund des Beklagten mit einem Ast von sich fernzuhalten. Hierbei rutschte der Kläger nun aber aus und zog sich eine Ruptur der Quadrizepssehne zu. Der Beklagte hatte sich gegen Schadensersatzansprüche des Klägers mit der Argumentation gewehrt, sein Hund habe lediglich die vom Kläger mitgeführte Hündin umtänzelt, um mit dieser zu spielen. Sein Hund habe sich erkennbar nicht aggressiv verhalten. Die Abwehrhandlung des Klägers sei daher nicht erforderlich gewesen, weshalb er nicht für die dem Kläger entstandenen Schäden hafte. Zumindest aber müsse sich der Kläger ein Mitverschulden anrechnen lassen. Diesem Ansinnen war bereits das erstinstanzlich zuständige Landgericht (LG) in Mainz entgegengetreten und hatte die uneingeschränkte Haftung des Beklagten für die dem Kläger entstandenen Schäden festgestellt. Auch das Oberlandesgericht Koblenz bestätigte nun diese Entscheidung und wies den Beklagten darauf hin, dass er für die Schäden des Klägers aufzukommen habe, weil er gegen die örtliche Gefahrenabwehrverordnung verstoßen habe. Ohne Bedeutung sei, ob der Hund des Beklagten nur mit der vom Kläger mitgeführten Hündin habe spielen wollen, weil einem Spaziergänger, egal ob mit oder ohne eigenen Hund, unter Berücksichtigung der Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens nicht zumutbar gewesen sei, zunächst das Verhalten des Hundes auf seine Gefährlichkeit zu analysieren und zu bewerten. Dabei hätte die Gefahr bestanden, dass das Verhalten des Hundes eventuell falsch interpretiert werde. Gelange ein fremder Hund unangeleint und ohne Kontrolle durch den Halter in die Nähe eines Spaziergängers, dürfe dieser effektive Abwehrmaßnahmen ergreifen. Verletze er sich hierbei, treffe ihn kein Mitverschulden und der Hundehalter hafte in vollem Umfang (22.11.2018 ra).

 

FAMILIENRECHT: Müssen Kinder ihren Eltern im Haushalt eigentlich helfen?

 

In einem Haushalt gibt es immer viel zu tun. Es stellt sich dann manchmal die Frage, ob Kinder im Haushalt helfen sollen oder sogar Aufgaben zuhause übernehmen müssen. Die Antwort ist für viele sicherlich überraschend, andererseits aber sogar gesetzlich geregelt: § 1619 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bestimmt, dass Kinder verpflichtet sind, ihren Eltern zu helfen. Solange ein Kind bei seinen Eltern wohnt und von diesen unterhalten wird, muss das Kind „in einer seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste“ leisten. Diese Regelung schließt übrigens nicht nur die Pflicht des Kindes ein, seinen Eltern im Haushalt zu helfen, sondern auch im Geschäft, in der Gaststätte oder auf dem Bauernhof. Die Pflicht gilt, solange das Kind noch zu Hause wohnt, also selbst dann, wenn es volljährig oder verheiratet ist. Erst wenn das Kind von zu Hause auszieht, endet die Pflicht nach § 1619 BGB. Das Gesetz selbst sagt nichts darüber aus, wie lange Kinder und Jugendliche zeitlich im Haushalt helfen sollen. Der Umfang hängt im Wesentlichen vom Alter des Kindes, seinen körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeiten und seiner Gesundheit ab. Für einen 14-jährigen kann es deshalb durchaus angemessen sein, bis zu sieben Stunden in der Woche im Haushalt zu helfen, wobei sich diese Zahl erhöhen kann, wenn ein Elternteil oder gar beide Eltern krank oder ganztägig berufstätig sind. Allerdings darf die Mithilfe im Haushalt nicht dazu führen, dass einem Kind keine Zeit mehr für Hausaufgaben oder Hobbys bleibt. Von der Pflicht zur Mithilfe befreit sind ohnehin zum größten Teil Jugendliche, die eine Ausbildung absolvieren. Darüber hinaus gibt es natürlich auch noch weitere Grenzen, beispielsweise beim Einkaufen, denn bis zum 18. Lebensjahr sind Kinder nur beschränkt geschäftsfähig. Auch beim Kauf von Alkohol und Tabak ist die Gesetzeslage eindeutig, das Jugendschutzgesetz verbietet es, Tabak an Kinder unter 18 Jahre zu verkaufen. Gleiches gilt auch für Hochprozentiges wie Spirituosen o.ä.. Um Einwendungen Kinder oder Jugendlicher abzuwenden: Die Mithilfe im Haushalt nach § 1619 BGB widerspricht natürlich nicht dem grundsätzlichen Verbot der Kinderarbeit, das sich nur auf arbeitsrechtliche Dienstverhältnisse bezieht. Trotz der gesetzlich normierten Pflicht, im Haushalt mitzuhelfen, können Kinder rechtlich, beispielsweise über gerichtliche Schritte, die natürlich sowieso niemand einleiten würde, nicht dazu gezwungen werden. Umgekehrt können Kinder aber auch nicht auf Geld für ihre Hilfe pochen (15.11.2018 ra).

 

 

SCHADENSERSATZRECHT: Schulschläger muss Schmerzensgeld bezahlen

 

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm musste sich mit einer Schulhofschlägerei zweier Schüler befassen und hat entschieden, dass der Schläger dem Geschädigten ein Schmerzensgeld i.H.v. EUR 1.000,00 für eine billigend in Kauf genommene Augenverletzung bezahlen muss. Was war konkret geschehen? Ein Schüler erlitt während eines Schulbesuchs durch zwei Schläge eines Mitschülers eine schwerwiegende Augenverletzung. Das OLG Hamm musste deshalb den Sachverhalt rechtlich bewerten und kam dabei zu dem Ergebnis (Urt. v. 08.11.2013, Az.: 26 U 31/13), dass der Geschädigte vom Schädiger ein Schmerzensgeld verlangen kann, das wiederum den vom Schläger billigend in Kauf genommen Verletzungen Rechnung trägt. Weitergehende, vom Vorsatz des Schädigers nicht umfasste Verletzungsfolgen sind bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht zu berücksichtigen. Die 14-jährigen Jugendlichen waren Schüler einer Hauptschule. Nachdem sich der Kläger über eine Rangelei des Beklagten lustig gemacht hatte, fühlte sich dieser nach Ende einer Schulstunde durch den Kläger provoziert. Auf dem Weg zum Pausenhof drängte er deshalb den Kläger in eine Ecke des Treppenhauses, wo er ihm zwei Schläge gegen das rechte Auge versetzte, weil ihm „die Sicherungen durchgebrannt" waren. Der Kläger jedenfalls erlitt eine schwere Gehirnerschütterung, eine Prellung, ein Hämatom am rechten Auge und eine Augenhöhlenfraktur, die aufgrund eines eingeklemmten Augenmuskels operativ behandelt werden musste. Er verlangte deshalb unter Hinweis auf bleibende Verletzungsfolgen (Wahrnehmung von Doppelbildern, Einschlafstörungen und wiederkehrenden Kopfschmerzen) vom Beklagten ein Schmerzensgeld von EUR 20.000,00. Das OLG Hamm hat dem Kläger ein Schmerzensgeld von EUR 1.000,00 zugesprochen und hat darauf hingewiesen, dass der Beklagte für seine vorsätzliche und rechtswidrige Körperverletzung haftet. Er habe dem Kläger aus Wut zwei Schläge ins Gesicht versetzt. Wegen einer im Sozialgesetzbuch (SGB) geregelten Haftungsprivilegierung, die auch für Schulen gelte, reiche eine vorsätzliche Verletzungshandlung aber nicht aus, um einen Ersatzanspruch zu begründen. Erforderlich sei auch eine vorsätzlich herbeigeführte Verletzungsfolge. Im entschiedenen Fall, der aber nicht verallgemeinert werden darf, könne das Gericht nicht davon ausgehen, dass der Beklagte die tatsächlich eingetretenen schweren Folgen beabsichtigt oder auch nur für möglich erachtet habe. Wegen seiner Wut sei aber anzunehmen, dass er nicht nur ein blaues Auge sondern auch eine Gehirnerschütterung zumindest billigend in Kauf genommen habe. Diese Folgen seien ihm deshalb bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zuzurechnen (08.11.2018 ra).

 

 

STRASSENVERKEHRSRECHT: Wann darf man Nebelscheinwerfer benutzen?

 

Viele Dinge haben sich, aus welchen Gründen auch immer, in die Köpfe der Autofahrer eingeschlichen. Dumm ist dies natürlich dann, wenn es sich um gefährliches Halbwissen handelt und die entsprechenden Thesen falsch sind und in einer sinnlosen Diskussion mit der Polizei enden, insbesondere dann, wenn aufgrund eines Fehlverhaltens auch noch ein Bußgeld verhängt werden soll. Beliebtes Thema unter Deutschlands Fahrzeuglenkern ist die Debatte um das Einschalten des Nebellichts und insbesondere der Nebelschlussleuchte. Nebelscheinwerfer sind entgegen des Wortlauts nicht nur bei "dicker Suppe" eine Hilfe. Man darf sie deshalb laut Straßenverkehrsordnung (StVO) einschalten, wenn Nebel, Regen oder Schneefall "die Sicht erheblich behindern". Auch und gerade bei Dunkelheit und Schneefall verbessern Nebel(front)scheinwerfer die Sicht ganz erheblich und sollten deshalb durchaus auch benutzt werden. Anders sieht dies indes bei einer Nebelschlussleuchte aus, viele Autofahrer schalten diese im Vergleich zu herkömmlichen Rückleuchten fast 20x stärker rot strahlenden Nebelschussleuchten ganz nach Gefühl und eigenem Gutdünken ein, getreu dem Motto: „Hauptsache mein Hintermann kann mich gut sehen.“ Egal ob Nebel oder Regen, die Nebelschlussleuchte gehört nach (falscher) Meinung vieler unbedingt eingeschaltet. Doch das ist nicht nur falsch sondern auch gefährlich für den nachfolgenden Kraftfahrer, deshalb gibt es klar definierte Regeln für die Benutzung der Nebelschlussleuchte: Diese darf nur dann eingeschaltet werden, wenn die Sicht durch Nebel sehr stark eingeschränkt ist. Genau gesagt heißt es in § 17 StVO, dass die Sichtweite durch Nebel (und nicht etwa durch Regen oder Schnee) unter 50 Meter betragen muss. Übrigens, was viele nicht wissen: Bei schlechter Sicht unter 50 Metern ist es auch verboten, schneller als 50 km/h zu fahren! In § 3 Abs. 1 S. 3 StVO heißt es nämlich: Beträgt die Sichtweite durch Nebel, Schneefall oder Regen weniger als 50 m, darf nicht schneller als 50 km/h gefahren werden, wenn nicht sogar eine geringere Geschwindigkeit geboten ist. Nachdem Sie nun auch über dieses Thema bestens informiert sind, wünschen wir Ihnen weiterhin eine allzeit sichere und unfallfreie Fahrt. (31.10.2018 ra)

 

 

POLIZEIRECHT: Vorläufige Festnahme und Polizeigewahrsam

 

Leider beschäftigen sich nur wenige im Vorfeld mit dem Gedanken, dass die Polizei relativ leicht eine Person vorläufig festnehmen und für längstens 48 Stunden festhalten kann, ohne einen Richter hinzuzuziehen. Wie leicht kann man heutzutage in diese Situation geraten. Deshalb einige Anmerkungen hierzu: Grundsätzlich kann jedem Menschen, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, also strafmündig ist, die Gefahr drohen, einmal vorläufig festgenommen zu werden, wobei die Polizei natürlich entsprechende Voraussetzungen zu beachten hat. Eine vorläufige Festnahme kann beispielsweise zur Vorbeugung von Gefahren oder zur Verfolgung von Straftaten vorgenommen werden. Die im Volksmund als „Ausnüchterungszelle“ bekannte Unterbringung ist z. B. eine Form des präventiven Polizeigewahrsams, da eine stark betrunkene Person, die sich im öffentlichen Raum bewegt, mitunter eine erhebliche Gefahr darstellen kann, weil sie etwa auf die Straße torkeln und einen Verkehrsunfall verursachen könnte. In diesem Fall besteht sogar Gefahr im Verzug, sodass der Betrunkene vorläufig festgenommen und bis zum nächsten Morgen bzw. bis zur Ausnüchterung in Gewahrsam genommen werden kann. Ausreichend kann es u. U. auch sein, Ähnlichkeit mit einem Straftäter aufzuweisen, von einer anderen Person fälschlicherweise bestimmter Straftaten verdächtigt zu werden oder sich selbst, möglicherweise unbewusst, verdächtig zu verhalten. Dann ist es der Polizei möglich, bei einem bestehenden Anfangsverdacht einer Straftat die betreffende Person festzuhalten, um dann überprüfen zu können, ob an der Sache tatsächlich etwas dran ist. Welche Pflichten haben Betroffene bei einer vorläufigen Festnahme? Es müssen lediglich Angaben zur Person gemacht werden, es müssen also Name, Geburtsdatum, eventuell Geburtsort und die Anschrift mitgeteilt werden. Keinesfalls sollte man Polizeibeamte beleidigen oder sich körperlich zur Wehr setzen. Auch dann nicht, wenn man davon überzeugt ist, vollkommen unberechtigt festgenommen worden zu sein. Anderenfalls drohen Strafanzeige und Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beleidigung, des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, der Körperverletzung oder gar der gefährlichen Körperverletzung. Sie sind auch nicht verpflichtet, irgendetwas zu unterschreiben. Hiervon ist sogar dringend abzuraten.  Die Polizei ist aber verpflichtet, umfassend über die bestehenden Rechte aufzuklären, was nicht immer in ausreichendem Maße geschieht. Eine Unsitte wäre es, wenn dem Betroffenen lediglich eine schriftliche Belehrung ausgehändigt wird und dann verlangt wird, diese auch noch zu unterschreiben. Man ist nicht verpflichtet, eine solche Belehrung zu unterschreiben. Ferner sollte man von dem Recht zu schweigen Gebrauch machen. Auch dann, wenn man „unschuldig“ ist, besteht durch eine Einlassung in diesem Augenblick die Gefahr, dass man sich durch Angaben verdächtig macht und es letztlich doch zu weiteren Ermittlungen kommt. Man darf auch einen Rechtsanwalt anrufen und hat das Recht, dass ein Angehöriger über die Festnahme informiert wird, wobei man nicht immer selbst anrufen darf. Sollte dies aber möglich sein, ist dringend davon abzuraten, mit den Angehörigen über die Tatvorwürfe selbst zu sprechen. Ohne richterliche Anordnung darf die Festnahme nicht länger als 24 Stunden, in Notfällen bis zu 48 Stunden, andauern. Entweder wird die verdächtige Person spätestens nach Ablauf dieser Zeit entlassen oder einem Richter vorgeführt, der über die Anordnung der Untersuchungshaft entscheidet (25.10.2018 ra).

 

 

DATENSCHUTZRECHT: Recht aktuell…

 

Sachen gibt`s… In Wien hat sich, Medienberichten zufolge, ein einzelner Mieter einer städtischen Gemeindewohnung über mangelnden Datenschutz beschwert. Stein des Anstoßes war der Name des Mieters auf dem Klingelschild seiner Wohnung. Der betreffende Wohnungsbesitzer war der Auffassung, dass nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen, insbesondere auf der Grundlage der brandaktuellen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), sein Recht auf Privatsphäre verletzt sei, wenn sein Name auf dem Klingelschild der Wohnung stehe. Um dies zu überprüfen holte die Wiener Wohngemeinschaft eine Stellungnahme der zuständigen Magistratsabteilung der Stadt ein. Diese bestätigte nun zur Überraschung Vieler die Ansicht des Bewohners, dass die Verbindung von Familienname und Wohnungsnummer gegen die DSGVO verstoße. Daraufhin sollen nun in Wien bei 220.000 Wohnungen in rund 2.000 Wohnanlagen bis Ende des Jahres alle Namen an den Klingelschildern entfernt werden. Als Ausgleich ist beabsichtigt, dass statt den Namen nun Nummern an den Klingelschildern angebracht werden, damit Besucher wiederum trotz fehlender Beschriftung in der richtigen Wohnung klingeln können. Sollte ein Mieter beabsichtigen, trotz allem seinen Namen auf dem Klingelschild zu „veröffentlichen“, liegt es in seiner Verantwortung, einen entsprechenden Namensaufkleber anzubringen. Offiziell darf das die Hausverwaltung nun nicht mehr erledigen. Laut Medienmitteilungen in Österreich bestand der Anspruch auf Anonymität schon vor der europarechtlichen Regelung zum Datenschutz. Offenbar wurde die Durchsetzung bislang aber weniger streng gehandhabt (18.10.2018 ra).

 

 

VERKEHRS-/VERSICHERUNGSRECHT: Herbstzeit ist Wildunfallzeit

 

Jedes Jahr ereignen sich mehr als 200.000 Wildunfälle. Dabei sind sowohl an der Unfallstelle als auch im Rahmen der Schadensregulierung viele Dinge zu beachten, da sich anderenfalls ein Strafverfahren anschließen kann oder Schadensersatzansprüche gegenüber der Teilkaskoversicherung nicht durchgesetzt werden können. Nach einem Wildunfall sollte zunächst die Unfallstelle durch Warnblinkanlage und Warndreieck abgesichert werden. Totes Wild sollte an den Straßenrand gezogen, aber keinesfalls eigenmächtig in das Fahrzeug geladen werden. Weiter sollten Polizei und/oder Förster verständigt werden, das Verfolgen von verletztem Wild bringt in aller Regel nichts, hilfreich ist stattdessen, die Unfallstelle mit Stöcken o. ä. zu markieren. Das Suchen des verletzten Wildes ist dann Sache des Jägers. Unfallspuren am Auto sollten keinesfalls entfernt sondern von Polizei oder Förster bestätigen werden (Wildschadenbescheinigung). Auf jeden Fall sollte man sich einen Wildunfall auch von Zeugen (Beifahrer, andere Verkehrsteilnehmer etc.) bestätigen lassen. Wer nach einem Wildunfall einfach weiterfährt, macht sich in aller Regel strafbar, in Betracht kommt eine Straftat nach dem Tierschutzgesetz, sollte das angefahrene Tier schwer leiden und der Kraftfahrzeugfahrer einfach weiterfahren. Übrigens: Wer verunglücktes Wild mitnimmt, um es zu behalten oder zu verwerten, erfüllt den Tatbestand der Jagdwilderei, ebenfalls eine Straftat, die unangenehme Rechtsfolgen nach sich zieht. Schließlich kann die Verletzung der Pflicht, unverzüglich die Polizei von dem Wildunfall zu informieren, zu einer Schadensersatzforderung des Jagdausübungsberechtigten führen. Ein Wildschaden ist grundsätzlich über eine bestehende Teilkaskoversicherung abgedeckt. Nicht übernommen werden dabei Nebenpositionen wie bspw. Wertminderung oder Nutzungsausfall. Sollte man eine Selbstbeteiligung vereinbart haben, wird diese teilweise von Automobilclubs erstattet. Bei einer bestehenden Mitgliedschaft sollte dort also nachgefragt werden. Entgegen einer weit verbreiteten Meinung wird nicht jeder Schaden, der durch eine Kollision mit einem Tier entstanden ist, ausgeglichen, versichert ist vielmehr grundsätzlich nur eine Kollision mit sogenanntem „Haarwild", also mit Rot-, Dam-, Reh- und Schwarzwild, Feldhase, Fuchs etc.; nicht versichert sind Unfälle mit Hunden, Katzen, Schafen oder Rindern. Bei einer Regulierung über eine Teilkaskoversicherung erfolgt im Übrigen keine Rückstufung! Muss man einem Tier ausweichen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, sind Schäden aus einem daraus folgenden Unfall grundsätzlich nicht als Wildunfall abgedeckt. Die Rechtsprechung lässt hier allerdings unter gewissen Voraussetzungen Ausnahmen zu, wenn das Ausweichmanöver zur Vermeidung eines Schadens am Auto diente und man einem „großen Tier", also bspw. einem Reh oder Wildschwein, ausgewichen ist. Sicher ist dies allerdings nicht und Sie sollten sich im Bedarfsfall rechtzeitig anwaltlicher Hilfe bedienen.  Im Rahmen der Unfallvermeidung sollten aufgestellte Warnschilder „Wildwechsel" unbedingt beachtet werden. Nach der Rechtsprechung muss auch derjenige, der durch einen Wald fährt, mit Wildwechsel rechnen, auch wenn kein Schild darauf hinweist. Schließlich: Bis zu einem Tempo von etwa 60 km/h können Rehe etc. Fahrzeuge als solches erkennen und die sich hieraus ergebende Gefahr einschätzen. Mit zunehmender Geschwindigkeit steigt allerdings das Unfallrisiko erheblich. In wildgefährdeten Gebieten sollte also im Zweifel die Geschwindigkeit reduziert und der Situation vor Ort angepasst werden (11.10.2018 ra).

 

 

SCHADENSERSATZRECHT: Achtung bei Videoaufnahmen

 

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat es schon vor geraumer Zeit entschieden (Urt. v. 21.01.1987, Az.: 21 U 164/86), Video-Freaks also aufgepasst: Die Videoaufnahme eines stark Betrunkenen und die Weitergabe der Aufnahmen an Dritte stellt eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, die zu einem Schmerzensgeldanspruch des Betroffenen führen kann. Der Geschädigte, ein Bauarbeiter, betrank sich in einem erheblichen Ausmaß auf einer Baustelle und war letzten Endes so stark betrunken, dass er mehrfach in den Dreck fiel, dabei lachte, Lieder sang und Kraftausdrücke benutzte. Ein Arbeitskollege fand dies nun sehr lustig und filmte diesen Zustand mit seiner Videokamera. Später wurden die Aufnahmen weiteren Kollegen vorgeführt. Weiter fertigte er auf Wunsch eines Kollegen auch eine Kopie der Aufnahmen an. Der Betrunkene wiederum erhielt aufgrund des Vorfalls eine förmliche Verwarnung seines Arbeitgebers, sodass er schließlich gegen den Kameramann Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld einreichte. Nachdem das zunächst zuständige Landgericht die Klage noch abgewiesen hatte, hob das OLG Frankfurt a.M. das Urteil auf und entschied zu Gunsten des Klägers: Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu, da die Filmaufnahmen des Beklagten und deren Weitergabe an Dritte jeweils ohne Zustimmung des Klägers erfolgt waren und eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts darstellten. Der Kläger sei durch die Vorführung des Films vor einer unbekannten Anzahl ihm bekannter und unbekannter Personen ohne jeden anerkennenswerten Beweggrund lächerlich gemacht worden, sodass das Gericht angesichts der Schwere der Persönlichkeitsrechtsverletzung ein Schmerzensgeld von seinerzeit DM 3.000,00 für angemessen hielt. Dabei berücksichtigte das Gericht sogar noch zu Lasten des Klägers, dass dieser sich durch sein eigenes Verhalten während der Arbeitszeit auf der Baustelle selbst ins Unrecht gesetzt und damit die Videoaufnahme ausgelöst habe. Gleichwohl habe er einen Anspruch auf Schmerzensgeld, das heute bei vergleichbaren Sachverhalten sicherlich wesentlich höher ausfallen dürfte (04.10.2018 ra).

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